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Diese wird in einem solchen Fall entweder von sich aus, oder nach Anleitung des §. 4 die Vormundschaft anordnen und davon die Behörde des Wohnorts in Kenntniß seßen. In Fällen, wo diese Lestere, durch das Benehmen oder die Verhältnisse des Niedergelassenen veranlaßt, eine solche Verfügung erforderlich erachtet, wird sie die Heimathsbehörden, unter Anführung der Beweggründe, davon benachrichtigen und die daherigen Anordnungen erwarten.

Note. Basel wird gemäß den SS. 1, 2, 3 und 5 verfahren, kann. hingegen den mit seiner Gesetzgebung im Widerspruch stehenden §. 4 nicht annehmen.

Genève suspend sa décision.

Freiburg wäre bereit, der heimathlichen Behörde so viel einzuräumen, als nur immer mit den Rechten eines souveränen Staates in Rücksicht auf die in seinem Gebiete befindlichen Personen und Güter vereinbar sein möchte. In derjenigen Ausdehnung aber, wie der Grundsaß des Heimathsorts in dem Konkordat aufgestellt ist, kann es ihm nicht huldigen. Seiner Ansicht zufolge follte zwar auf der einen Seite die vormundschaftliche Polizei und Verwaltung in Beziehung auf die Niedergelassenen ganz nach den Gesezen des Wohnorts oder Niederlassungskantons ausgeübt werden. Auf der andern Seite aber könnte dann zu Gunsten des Heimathkantons bestimmt werden, daß demselben von der verhängten Vormundschaft und der Ernennung des Vormunds Kenntniß gegeben, die vormundschaftlichen Rechnungen mitgetheilt werden, und ihm freistehen solle, über diese Rechnungen sowohl, als über die Verwaltung der Güter die nöthig erachtenden Bemerkungen zu machen. Auch dürfte dem Heimathkanton die Befugniß zugestanden werden, gegen seinen in einem andern Kanton angesessenen Angehörigen ein Interdiktionsurtheil auszufällen, welches der Niederlassungskanton nach erhaltene Mittheilung zu vollziehen und mithin den Vormund zu bestellen hätte.

St. Gallen lehnt das Konkordat ab, wird aber immer bereit sein, heimathlichen Waisenbehörden seiner Niedergelassenen Kenntniß von dem Vermögenszustande ihrer unter Vormundschaft stehenden Mitbürger zugehen zu lassen, und überhaupt jedes mit den Geseßen des Kantons St. Gallen verträgliche und billige Begehren in vormundschaftlichen und Bevogtigungsangelegenheiten zu berücksichtigen.

Graubünden findet besonders den §. 4 mit den Einrichtungen und Grundsägen seines Kantons nicht vereinbar, wird jedoch sehr gerne allfälligen Wünschen rücksichtlich auf Mittheilung der vormundschaftlichen Rechnungen und auf Anzeige der Vogtsbestellungen entsprechen.

Waadt und Wallis behalten sich lediglich ihre Gesetzgebung und Souveränetätsrechte vor.

Neuchâtel déclare que le gouvernement prendra à l'égard des pupilles et mineurs d'autres cantons, les mêmes mesures qui sont prises à l'égard des ressortissans du pays.

Nach diesen allseitigen Erklärungen haben die konkordirenden Löbl. Stände sich vorbehalten: entweder nach ihren eigenen Gefeßen, oder nach dem Grundsaß der Rezįprozität, gegen Niedergelassene aus den nicht beigetretenen Kantonen zu verfahren.

B. Testirungsfähigkeit und Erbrechtsverhältnisse.
Vom 15. Juli 1822.

Die eidsgenössischen Stände Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Solothurn, Schaffhausen, Appenzell, Aargau, Thurgau und Tessin haben, in Hinsicht auf Teftirungsfähigkeit und Erbrechtsverhältnisse der Niedergelassenen, die nachstehende gegenseitige Uebereinkunft getroffen:

1. Als Niedergelaffener wird betrachtet: derjenige Schweizer, welcher sich, mit legalem Heimathschein seines Kantons, in einem andern Kanton, mit Bewilligung der Regierung dieses Leztern, haushäblich ansäßig macht.

2. Wenn ein solcher Niedergelassener stirbt, so hat die Behörde des Niederlaffungsorts lediglich deffen Verlafssenschaft unter Siegel zu nehmen, und erforderlichen Falls zu inventarisiren, den Sterb- und Erbfall aber der heimathlichen Behörde des Niedergelassenen anzuzeigen.

3. Die Erbsverlassenschaft ab intestato eines Niedergelaffenen ist nach den Geseßen seines Heimathsort zu behandeln. Bei testamentarischen Anordnungen find in Hinsicht auf die Fähigkeit zu testiren, sowie in Hinsicht auf den Inhalt (materia) des Testaments ebenfalls die Gefeße des Heimathkantons als Richtschnur aufgestellt, was auch in Bezug auf Erbtheilungen gelten soll; betreffend aber die zu Errichtung eines Testaments nothwendigen äußerlichen Förmlichkeiten, fo unterliegen solche den geseßlichen Bestimmungen des Orts, wo dasselbe errichtet wird.

Eheverkommnisse und Eheverträge, insoferne der niedergelaffene Ehemann nach den Gesehen seines Heimathkantons dazu berechtigt ist, unterliegen, in Hinsicht auf ihren Inhalt, ebenmäßig den geseßlichen Vorschriften und Bestimmungen des Heimathorts des Ehemanns.

In Folge obigen Grundsaßes hat, bei sich ergebenden Erbstreitigfeiten, der Richter des Heimathorts zu entscheiden.

Es sollen aber weder durch Testamente, noch durch Eheverkommniffe oder Eheverträge, auf Immobilien in einem Kanton Beschwerden gelegt werden dürfen, die nicht nach den Gefeßen des Kantons, in welchem diese Immobilien liegen, als zulässig anerkannt sind.

4. In Fällen, wo ein Schweizerbürger das Bürgerrecht in mehrern Kantonen befißt, und in einem derselben anfäßig ist, wird er als unter dem Geseze dieses seines Wohnorts stehend, angesehen. In den Fällen aber, wo er in keinem derjenigen Kantone niedergelassen wäre, deren Bürgerrecht er befißt, wird er als unter den Gefeßen desjenigen Kantons stehend angesehen, aus welchem er oder seine Vorfahren sich an ihren Wohnort begeben haben, und unter deffen Tutelaraufsicht er oder die Seinigen, oder seine Vorfahren zuleßt geftanden sind.

5. Die unter Siegel gelegte Verlaffenschaft eines Niedergelassenen, wenn solche nicht in einen Konkurs verfällt, ist von der Regierung, welche dieselbe hat unter Siegel legen laffen, bloß an diejenigen herauszugeben, welche ihr von der Regierung desjenigen Kantons, in dem der Erblaffer verbürgert gewesen ist, als die Erben des Niedergelassenen verzeigt werden.

6. Wenn ein Niedergelassener in mehrern Kantonen das Bürgerrecht besaß, so ist es an der Regierung desjenigen dieser Kantone, feine Erben zu verzeigen, aus deffen Gebiet er in seinen Niederlaffungsort gezogen ist, oder unter deffen vormundschaftlicher Pflege er zuleht gestanden hatte.

Note. 3ug findet Materie und Form in Testamenten, Eheverträgen u. f. f. sehr enge mit einander verbunden, die Ausscheidung schwierig, und die dießfällige Bestimmung im Konkordat unzulänglich; huldigt inzwischen unbedingt dem Grundsah, daß die Niedergelassenen in allen Erbrechtsverhältnissen nach den Gefeßen der Heimath behandelt werden.

Basels Geseze find in vollkommener Uebereinstimmung mit den SS. 1 und 2; auch in Ansehung der Erbschaften ab intestato anerkennt die Regierung unbedingt die Geseze und den Richter der Heimath; für testamentliche Verfügungen und Eheverträge hingegen müssen die Gefeße und das Forum des Wohnorts unbedingt behauptet werden.

Freiburg kann von den zwei Grundsäßen nicht abweichen, daß einerseits eine Erbsverlassenschaft nach den Gesezen des Orts, wo sie eröffnet wird, zu behandeln sei, und daß anderseits Eheverträge den Gefeßen des Orts, wo sie abgeschlossen worden, unterliegen.

St. Gallen lehnt das Konkordat ab, wird aber keine Einsprache dagegen machen, daß der Heimathkanton, so oft sich das Vermögen des Niedergelassenen

auf seinem Gebiete befindet, seine Geseze und sein Forum auf dasselbe anwenden will.

Graubünden, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf lehnen das Konkordat ebenfalls ab.

Auf diese Erklärungen haben die Konkordirenden gegen die Nichtkonkordirenden die Anwendung ihrer Geseße oder des Reziprozitätsgrundfißes vorbehalten.

C. Behandlung der Ehescheidungsfälle.
Vom 6. Juli 1821.

In Fällen von gänzlicher Ehescheidung oder zeitlicher Trennung (sogenannter temporärer Scheidung) zwischen schweizerischen Niedergelaffenen, und auch über die daraus hervorgehenden Fragen wegen Sönderung der Güter oder andern ökonomischen Vehältnissen oder Pflichten hat die kompetente richterliche Behörde des Heimathkantons des betreffenden Ehemanns zu entscheiden. Jedoch bleibt diesem kompetenten Richter gutfindenden Falls und unter besondern Umständen die Delegation oder Ueberweisung an den Richter des Wohnorts unbenommen.

Note. Diesem Konkordate sind beigetreten: Zürich, Bern, Glarus, Basel, Schaffhausen, Graubünden, Aargau, Thurgau und Appenzell A. Nh.; dann mit Verwahrung der katholischen Kirchensagungen, welche die geistliche Kompetenz in Hinsicht der Auflösung oder zeitlichen Trennung der Che begründen: Luzern, Zug, Freiburg und Solothurn.

Uri, Schwyz, Unterwalden, Tessin und (zufolge nachträglicher Erklärung vom 15. Juli 1822) Wallis lehnen jede Theilnahme an dem Konkordat ab, weil die Ehe ein Sakrament der katholischen Religion sei, und daher ihre Auflösung kein Gegenstand des bloßen bürgerlichen Vertrags sein könne. Appenzell I. Rh. erklärt das Nämliche, wird aber (laut gesandtschaftlicher Erklärung vom 15. Juli 1822) immer trachten, sich in Hinsicht auf die Güter mit der Regierung des Heimathsorts in's Einverständniß zu seßen.

St. Gallen glaubt, die Aufstellung des Richters vom Wohnort würde dem Ansehen einer jeden Landesobrigkeit besser zusagen, und bleibt daher dem Konkordat fremd. Ebenso Waadt, welches sich jedoch dahin vereinigen könnte, den Richter des Wohnorts erst nach einer gewissen, zu bestimmenden Zahl von Jahren der Anfäßigkeit eintreten zu lassen.

Neuchâtel et Genève seraient disposés à s'entendre sur le principe, quant à la dissolution du lieu du mariage uniquement, mais non quant aux dispositions concernant les biens, lesquelles ne peuvent être faites que sous l'autorité du juge

du domicile.

Neuchâtel ajoute qu'il renvoie toujours, en cas de divorce,

parties devant le juge du lieu d'origine.

le

Auf diese Erklärungen hin ist von den Konkordirenden gegen die Angehörigen der nicht beigetretenen Stände volle Anwendung der Geseße oder der Reziprozitāt bestimmt vorbehalten worden.

Dem Konkordat A ist laut Erklärung vom 11. Juli 1823 auch der Stand Freiburg beigetreten. Genf hat (11. Juli 1823) sein endliches Votum ablehnend ausgesprochen; hingegen (laut Erklärung vom 27. Juli 1824) aus Veranlassung dieses Konkordats ein Gesez errichtet, dessen Zweck auf möglichste Sicherstellung des Vermögens von Minderjährigen auch aus der Klasse der Niedergelassenen geht.

LXXXVI.

Tagsagungsbeschluß in Hinsicht auf den Mißbrauch der Druckerpreffe und auf die Fremdenpolizei. Vom 14. Juli 1823, bestätigt den 6. Juli 1824.

(Off. Samml. II., S. 71.)

Die eidsgenössische Tagfazung, — nach angehörtem Bericht des Vororts und nach den Aeußerungen der Standesgesandtschaften, tief überzeugt von der Nothwendigkeit, in Würdigung und Behauptung der Stellung des schweizerischen Freistaats im europäischen Staatenvereine, und in sorgfältiger Beachtung seiner traktatmäßigen Verhältnisse zu demselben, in dem gegenwärtigen schwierigen und wichtigen Zeitpunkte gegen mögliche nachtheilige Folgen der in der Schweiz von jeher allgemein üblichen Duldung der Fremden und gegen den Mißbrauch der Presse schüßende Maßregeln eintreten zu laffen; und in pflichtmäßiger Vorsorge für die Sicherheit der Eidsgenoffenschaft, hat mit Einmüthigkeit beschlossen:

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Es sollen alle Stände auf das Nachdrücklichste eingeladen werden, die erforderlichen ernsten und genügenden Maßregeln auf geeignetem Wege zu ergreifen, und zwar:

A. In Beziehung auf den Mißbrauch der Druckerpresse:

1. Daß in den Zeitungen, Lagblättern, Flug- und Zeitschriften, bei Berührung auswärtiger Angelegenheiten, alles dasjenige sorgfältig ausgewichen werde, was die schuldige Achtung gegen befreundete Mächte

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