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8.

bensverbesserung und Kirchenreform. Zürich 1819. 4. J. v. Müllers u. Rob. Glug Blogheims Geschichten Schweizerischer Eidgenossenschaft, fortgesegt von J. J. Hottinger. 6ter Bd. v. S. 237 ff. u. 7ter Bd. (Zürich 1825 u. 1829) reicht bis 1531. Lebensbeschreibung M. Ulrich Zwingli's von J. C. Heß, aus dem Französ. nebst einem literarisch hist. Anhang v. Leonh. usteri Professor. Zürich 1811. 8. (Nachträge v. Usteri in Stäudlin's u. Tzschirners Archiv für Kirchengesch. Bd. 1. St. 2. u. Bd. 2. St. 3.). Huldreich Zwingli, Geschichte seiner Bildung zum Reformator des Vaterlandes, von J. M. Schuler, Pfarrer zu Bözberg im Canton Aargau. 2te Ausg. Zürich u. Leipzig 1819. Jac. Tichler diss. de indole sacrorum emendationis a Zwinglio institutae rite dijudicanda. Traj. ad Rhenum 1827. 8. Biographien berühmter schweizer. Reformatoren. Bd. 1. Lebensgesch. D. Joh. Dekolampads (v. Sal. Heß). Zürich 1793. 8. Lebensgeschichte M. Heinr. Bullingers, Antistes der Kirche Zürich, von Sal. Heß. Zürich 1828. bis jezt 2 Bde. 8. Bertold Haller, oder die Reformation von Bern, von M. Kirchhofer. Zürich 1828. 8. Das Leben Wilh. Farels aus den Quellen bearbeitet v. M. Kirchhofer. 2 Bde. Zürich 1831. 33. 8. des großen Reformators, mit Benugung der handschriftl. Ur= · kunden, vornehmlich der Genfer und Züricher Bibliothek, ent= worfen, nebst einem Anhang bisher ungedruckter Briefe u. an= derer Belege von Paul Henry, Pred. zu Berlin, bis jezt 2 Bde. Hamburg 1835 u. 38. 8.

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§. 1.

Das Leben Joh. Calvins

Geschichte der deutschen Reformation bis 1524.

W. E. Tengels hist. Bericht vom Anfang u. ersten Fortgang der Reform. Lutheri, mitgetheilt v. D. E. S. Cyprian. 3ter Druck. Leipz. 1718. 8.

Das Verderben der Kirche und die Nothwendigkeit einer Reformation wurde schon lange und stark genug gefühlt und ausgesprochen, zugleich aber doch sehr verschieden aufgefaßt und bestimmt. Das Volk nahm Uergerniß an der Unsittlichkeit der Geistlichen, klagte über kirchliche Bedrückungen, ahndete man

chen geistlichen Trug, und fühlte die Leerheit dessen, was ihm die Kirche als Religion bot. Fürsten und Bischöfe erkannten die Schmålerung ihrer Rechte durch das Papstthum, und die mannichfachen in die Kirche eingeschlichenen Unordnungen, und verlangten nach einer Abstellung derselben durch eine Reforma=> tion an Haupt und Gliedern. Einzelne tiefer Blickende sahen den lehten Grund des Verderbnisses in der Entstellung der Lehre durch menschliche Sahungen, und wollten eine Zurückführung derselben auf ihre biblische Grundlage.

Das Papstthum wies alle diese mannichfaltigen Anforderungen zurück, da es durch jede Nachgiebigkeit früheren Irrthum zu gestehen, und seine Macht zu untergraben fürchtete. Nachdem es den heftigen Andrang der weltlichen_und_geistlichen Aristocratie im funfzehnten Jahrhunderte um eine Reform an Haupt und Gliedern überwunden hatte; wußte es die verschiedenen ihm feindseligen Kräfte so gegen einander zu richten, daß sie sich gegenseitig im Zaume hiclten. Seinen festesten Halt hatte es aber immer noch im Volke. Denn obgleich die Begeisterung für die Kirche unter demselben långst verschwunden war, und es auch an mancherley Unzufriedenheit nicht fehlte; so beschwichtigte die Masse immer doch noch durch den kirchlichen Mechanismus ihr religiöses Bedürfniß. Der Papst war ihr nicht nur der Mittelpunct der Kirche, außer welcher kein Heil seyn sollte, sondern auch der höchste Inhaber aller kirchlichen Gnaden und Strafen, die noch in jenes Leben hinüber wirken sollten: ein bis zum Aeußersten fortgeführter Kampf gegen das Papsithum drohete also immer noch eine Aufregung der Menge, welche selbst dem Mächtigsten furchtbar seyn mußte.

Indeß konnte die Zeit nicht mehr fern seyn, wo auch die Völker sich von den bestrickenden Einflüssen Roms losmachten: denn die mit Riesenschritten begonnene Aufklärung mußte allmählig auch unter das Volk eindringen. Aber hier drohete

eine neue Gefahr. Unter dem Volke konnte sich nicht die wissenschaftliche Bildung selbst verbreiten, sondern nur ihre allgemeinsten und faßlichsten Ergebnisse: diese ohne Erkenntniß ihrer Gründe konnten aber nur einen alles verneinenden Geist erzeugen, der nicht blos die kirchlichen Misbräuche, sondern die religiöse Wahrheit selbst angetastet haben würde, und welchem gegenüber naturgemäß fanatische Schwärmerey sich hätte ausbilden müssen 1). Nur eine rechtzeitige wahrhafte Reformation, welche durch Belebung der Wahrheit in den Herzen der Völker den Frrthum stürzte, konnte zugleich das bisherige Geistesjoch zertrümmern, und vor den in der Ferne drohenden Gefahren schüßen.

Die jedem Herzen nahe sittlich religiöse

1) Luthers Bedenken an den Churfürsten Johann während des Reichstages zu Speyer Apr. 1529 (Luthers Briefe von de Wette III, 439): „Da solche Mißbräuche so unleidlich viel und groß, und nicht geändert wurden durch die, so es billig thun sollten, begunnten sie von sich selbst allenthalben in deutschen Landen zu fallen, und die Geistlichen daruber veracht werden. Als aber die ungeschickten Schreiber solche Mißbräuche noch dazu wollen vertheidigen und erhalten, und konnten doch nichts Rechtschaffenes aufbringen, machten sie aus ubel ärger, daß man die Geistlichen allenthalben für ungelehrte, untuchtige, ja schädliche Leute hielte, und ihres Dinges und Vertheidigung spottete. Solchs Abfallen und Untergehen der Mißbräuche war bereit des mehrer Theil im Schwang, ehe des Luthers Lehre kam; denn alle Welt war der Geistlichen Mißbräuche müde und feind, daß zu besorgen war, wo des Luthers Lehre nicht drein kemen wäre, damit die Leute unterricht von dem Glauben Christi uhd vom Gehorsam der Oberkeit, es wäre ein jamerlich Verderben im deutschen Lande entstanden; denn man wollte die Mißbräuche nicht länger leiden,· und stracks eine Aenderunge haben, so wollten die Geistlichen nicht weichen oder nachlassen, daß da keines Wehrens gewest wäre. Es wäre eine unordige, sturmische, fährliche Mutation oder Wenderung worden (wie sie der Munzer auch anfing), wo nicht ein beständige Lehre dazwischen komen wäre, und ohn Zweifel die ganze Religion gefallen, und lauter Epicurer worden aus den Christen..

Wahrheit, und der Widerspruch des bestehenden Kirchenthums mit derselben mußte unter dem Volke zum deutlichen Bewußtseyn gebracht werden, und mit dem Unwillen über die lange erduldete Täuschung mußte sich Begeisterung für die neu erkannte Wahrheit entzünden. Der Natur der Sache nach konnte diese Verständigung und neue Belebung nur allmählig Eingang in die Gemüther finden: die ganze Wahrheit, plözlich hervorgetreten, würde geblendet, aber nicht erleuchtet haben: und so konnte nur eine Reformation auf Erfolg hoffen, welche, mit der Bekämpfung von Irrlehren und Misbräuchen, die jedem sittlich religiösen Gefühle unmittelbar als solche nachgewiesen werden konnten, beginnend, schrittweise, so daß das Volk mit Ueberzeugung und Begeisterung folgen konnte, von Wahrheit zu Wahrheit fortging. Eben deshalb mußte es nur förderlich sein, wenn der Reformator selbst nur schrittweise in seiner eigenen Erkenntniß vorrückte, und so im Stande war, stets die ganze von ihm erkannte Wahrheit zu verkündigen, ohne daß ein berechnendes Zumessen derselben seine begeisterte Einwirkung auf das Volk störte. Denn nur Begeisterung vermogte Begeisterung zu wecken: ohne dieselbe aber konnte es Niemandem einfallen, dem furchtbaren Colosse des Papstthums entgegenzutreten. Eine begeisterte weltverachtende Frömmigkeit vermogte allein dem Manne, der solche Bewegung entzündete, Muth und Kraft zu seinem Unternehmen zu geben: aber klare Einsicht und gründliche Erkenntniß mußten seine Begeisterung vor Schwärmerey schüßen, und seinem Werke innere Haltbarkeit und Dauer verleihen.

Martin Luther 2), geboren zu Eisleben den 10ten

2) Des set. Zeugen Gottes D. M. Luthers merkwürdige Lebens - Umstände von F. S. Keil. 4 Th. Leipzig 1764. 4. Luthers Leben mit einer kurzen Reformationsgeschichte Deutschlands u. der Literatur v. G. H. A. Ukert. 2 Th. Gotha 1817. 8. Martin Luthers Leben von Gustav Pfizer. Stuttgart 1836. 8.

Nov. 1483, in Folge besonderer Fügungen Mönch in dem Klofter der Augustinereremiten in Erfurt geworden (1505), war schon früh durch ein tieferes religiöses Bedürfniß, welches sich durch den kirchlichen Mechanismus nicht befriedigen ließ, zu dem Augustinismus und zum Studium der Bibel geleitet 3).

Hoc

3) Melanchthon in vita Lutheri ed. Heumann p.7: Occasio autem ingrediendi illud vitae genus, quod pietati et studiis doctrinae de Deo existimavit esse convenientius, haec fuit, ut ipse narrabat, et ut multi norunt: saepe eum cogitantem attentius de ira Dei, aut de mirandis poenarum exemplis, subito tanti terrores concutiebant, ut paene exanimaretur. Etsi doctrinam in scholis usitatam quotidie discebat, et Sententiarios legebat, et in disputationibus publicis labyrinthos aliis inextricabiles diserte multis admirantibus explicabat, tamen quia in eo vitae genere non famam ingenii, sed alimenta pietatis quaerebat, haec studia tanquam parerga tractabat, et facile arripiebat illas scholasticas methodos. Interea fontes doctrinae coelestis avide legebat ipse, scilicet scripta Prophetica et Apostolica, ut mentem suam de Dei voluntate erudiret, et firmis testimoniis aleret timorem et fidem. studium ut magis expeteret, illis suis doloribus et pavoribus movebatur. Et senis cujusdam sermonibus in Augustiniano collegio Erfordiae saepe se confirmatum esse narrabat, cui cum consternationes suas exponeret, audivit eum de fide multa disserentem, seque deductum ajebat ad symbolum, in quo dicitur: credo remissionem peccatorum. Hunc articulum sic ille interpretatus erat, non solum in genere credendum esse, aliquibus remitti, ut et daemones credunt, Davidi aut Petro remitti, sed mandatum Dei esse, ut singuli homines nobis remitti peccata credamus. Et hanc interpretationem confirmatam dicebat Bernardi dicto, monstratumque locum in concione de Annuntiatione, ubi haec sunt verba: sed adde credas et hoc, quod per ipsum peccata tibi donantur. Hoc est testimonium, quod perhibet Spiritus sanctus in corde tuo, dicens: dimissa sunt tibi peccata tua. Sic enim arbitratur Apostolus, gratis justificari hominem per fidem. Hac se voce non solum confirmatum esse Lutherus dicebat,

ut

sed commonefa

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