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Misbräuche einzusehen 19), tastete sie aber öffentlich noch nicht an 20). Als indeß ein großer Theil der Eidgenossen sich für

Pfleger zu den Einsïdlen, wol noch yngedenk ist: dann ich dozemal ihm gerathen hab, er sölle mit allem Flyß Hieronymum lesen ; und hab aber daby geredt: es kömme, ob Gott will, bald darzu, daß weder Hieronymus noch dheiner vil by den Christen, sunder die heilig Gschrift allein gelten werde."

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19) z. B. 3wingli uslegung des XX Art. 1523. (Werke I, 298): "Ich hab vor 8 oder 9 Jahren (1514 od. 1515) ein trostlich Gedicht gelesen des hochgelehrten Erasmi von Rotterdam an den Herren Jesum geschrieben, darin sich Jesus klagt, daß man nit alles Guts by ihm sucht, so er doch ein Brunn syg alles Guten. Hie hab ich gedacht: Nun, ist es je also: warum suchend wir denn Hilf by der Creatur? ich hab anghebt uf die biblischen und der Vätern Gschrift sehen, ob ich von denen gwüß möchte bericht werden von dem Fürbitt der Seligen. Kurz ich hab es in der Bibli gar nit funden, by den Alten hab ichs by etlichen funden, by etlichen nit. Doch hat mich dasselb wenig bewegt, ob sie schon der Seligen Fürbitt gelehrt habend. Denn sie stundend allweg bloß an Kundschaft. Und wenn ich die Gschrift, die sie dahin drucktend, in ihs rem Ursprung bsach, so hatt sie den Sinn nit, den sie ihro wolls tend angwinnen; und je mee ich uf diß Dogma oder Meinung sach, je minder ich Kundschaft der Gschrift fand, aber wol darwider je mee und mee."

20) Myconius §. 13: Interea gratiam evangelicam ita promulgabat, ut de Ecclesiae Romanae abusu nihil, vel admodum parce commemoraret. Volebat, veritatem cognitam in cordibus auditorum agere suum officium : nam veris perceptis et intellectis haud difficulter falsa cognoscimus. Quamvis nec per tempus tum licuerit aliter: prius enim veritas in tanta hominum protervitate et malitia penitus fuisset amissa, quam abusus religionis sublatus. Als daher Zwingli 1522 einmal wieder in Glarus predigte, so bekannte er, früher viele Menschensaßungen empfohlen zu haben, und ermahnte, sich allein an Gottes Wort zu halten (nach Werner Steiners, welcher

Frankreich gewinnen ließ, und Schweizer gegen Schweizer im Auslande zu kämpfen begannen 21), da erhob er seine Stimme gegen Pensionen und Reiselaufen. Deshalb von der französischen Parthey gehaßt, folgte er dem Rufe des den Wissenschaften geneigten Administrators Diebold von Geroldseck nach Einsiedeln (1516) 22), wo er in enger Verbindung mit mehreren Gleichgesinnten 23) in Erasmischer Weise fortstudirte 24), und in theologischer Aufklärung gewann. Seine Predigten unterschieden sich fortwährend nur durch ihren einfach biblischen Charakter. Obgleich er einzelne Misbräuche geräuschlos beseitigen half 25), so griff er doch die Lehre der

zugegen gewesen war, handschr. Ref. Gesch. in I. I. Hottingers helvet. KG. III, 92.)

21) Anshelm V, 219. 225.

Gluz-Blozheim S. 436.

22) Zwinglius ad Jo. Vadianum dd. 13 Jun. 1517 (Opp. VII, 24) : Locum mutavimus, non cupidinis aut cupiditatis moti stimulis, verum Gallorum technis, et nunc Eremi sumus. Doch im besten Verhältnisse zur Regierung Id. ad Stapferum 1522 (1. c. p. 237): Apud meos Dominos Claronae tanta cum pace et facilitate versatus sum, ut nunquam aliquid litis intercesserit, atque adeo tanta cum gratia discessi, ut mihi Praebendam duos annos prorogaverint, spe ducti, me reversurum

esse.

23) Außer dem Administrator Geroldseck insb. mit dem päpstl. Capellan Franz Sink, Joh. Oechslin, s. Schuler S. 176 f. 24) Ein Denkmal dieser Studien ist Zwingli's auf der Bürgerbibliothek in Zürich aufbewahrte Abschrift der griech. Paulin. Briefe, aus der Erasmischen Ausgabe von 1516 angefertigt, und im May 1517 in Einsiedeln beendigt, mit Randglossen aus den Kirchenvätern und Erasmus, s. Bullinger I, 8. Myconius de vita Zwinglii §. 10. (Archiv I, II, 7) Schuler S. 303.

25) Die über der Eingangspforte des Klosters angebrachte Inschrift: Hic est plena remissio omnium peccatorum a culpa et a poe

Kirche noch nicht an 26). Zwingli und seine Freunde erkann ten zwar immer deutlicher die Nothwendigkeit einer Zirchlichen Reformation 27): aber gleich ihrem Meister Erasmus hofften

na wurde weggenommen; Zwingli und Oechslin wurden von dem Administrator in das Kloster Fahr gesandt, um bey den Nonnen statt des Mettesingens bas Lesen des deutschen N. T. einzuführen, auch diejenigen, welche wollten, zu entlassen, Heß Lebensbeschrei= bung Zwingli's übers. v. Usteri S. 59 f. Schuler S. 180. Dagegen fällt die Predigt Zwingli's am Tage der Engelweihe, von der Bullinger I, 81 berichtet, und in welcher derselbe gegen Heiligenverehrung, Wallfahrten und Gelübde eiferte, nicht wie Heß- Usteri S. 61 ff. Wirz I, 142 u. A. wollen, in diese Zeit, sondern in d. J. 1522, wo Zwingli y. Leo Judae zur Engelweihe in Einsiedeln predigten, s. Anshelm VI, 97 f. SchuIer S. 357. Da das Fest der Engelweihe nur jedes 7te Jahr ge feyert wurde, so hat es während Zwingli's Aufenthalt in Einsiedeln gar nicht stattgefunden.

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26) Salat in s. handschriftl. Beschreibung (b. Schuler S. 357) sagt: "Er fing an zu rütteln, doch so listiglich, daß er nicht zu begreifen war, dazu man sich keines andern, dann dem Christenglauben gemäß und gleich versehen hätte. vgl. not. 18. 27) Capito ad Bullingerum 1536 (ex Ms. in J. H. Hottingeri hist. eccl. saec. XVI. P. II. p. 207): Antequam Lutherus in lucem emerserat, Zuinglius et ego inter nos communicavimus de Pontifice dejiciendo, etiam dum ille vitam degeret in Eremitorio. Nam utrique ex Erasmi consuetudine, lectione bonorum auctorum qualecunque judicium tum subolescebat. vgl. Beatus Rhenanus ad Zwinglium d. 6. Dec. 1518 (Opp. VII, 1, 57) Klagen über den Zustand der Kirche : Sacerdotes ethnicam aut judaicam doctrinam docent. De vulgo sacerdotum loquor. Neque enim me latet, te tuique similes purissimam Christi philosophiam ex ipsis fontibus populo proponere, non Scoticis aut Gabrielicis interpretationibus depravatam, sed ab Augustino, Ambrosio, Cypriano, Hieronymo germane et sincere expositam. Utinam tui similes

sie noch, daß dieselbe durch die kirchlichen Obern bewirkt werden werde 28) Zwingli selbst that zu diesem Zwecke einige,

aber natürlich völlig erfolglose Schritte 29).

Als im J. 1518 auch in der Schweiz ein Ablaßkråmer, der Franciscaner Bernhardin Samson, erschien, und an Unverschämtheit alles überbot 30); so erhob auch Zwingli gleich

multos haberet Helvetia! Sic tandem facile fieri posset, ut meliores mores nostrates induerent.

28) cf. Capitonis epist. ad Christoph. Utenhemium, Episc. Basileensem, vor Jo. Clichtovaei Elucidatorium Ecclesiasticum. Basil. 1517, wieder abgedruckt in Gerdesii hist. Evang. renov. I. Monum. p. 123, in welcher Zueignungsschrift die Nothwendigkeit, der Unsittlichkeit u. Unwissenheit des Clerus entgegenzuwirken, den Bischöfen eingeschärft wird.

29) Bullinger I, 10. Zwingli's Antwurt an Valentin Compar. 1525 (Werke II, I, 7): „Mit Herren Cardinal von Sitten hab ich vor acht Jahren (also 1517) zu den Einsidlen und demnach zu Zürich oft mit hellen Worten verzügt [bezeugt], daß das ganze Papst= thum einen schlechten Grund habe, und das allweg mit gwaltiger heiliger Gschrift. Das hat der wolgeborn Herr Diebold von Geroldsegg, M. Franz Zingg, Doctor Michael Sander, die alle dry noch in Leben sind, oft gehört. Und hat sich genannter Cardinal oft mit Worten gegen mir ufgethan sölcher Gstalt: Ghulf mir Gott wieder zum Brett (denn er dozemal in Ungnad Papstes und Päpstinnen was, das ist Cardinälen, die gebärend je einen Papst), ich wollte daran syn, daß der Uebermuth und Falsch, so der römisch Bischof brucht, an den Tag käm und gebeffret wurd. Hat ouch demnach oft Red mit mir von der Lehr und heiliger Gschrift wegen ghalten, doch alle uf den Schrot [auf die Weise), daß er den Falsch erkannte, und ihm nit gefiele 2c. Wie er aber demnach sich gehalten hab, ist nit Noth hie ze erzählen.“

30) Müllers Schweizergesch. fortges. v. Hottinger VI, 287. Mit Bern war er so wohl zufrieden, daß er zum Abschiede allen Gegenwärtigen, welche knieend das Paternoster u. Ave Maria beteten, vollen Ablaß verlieh, denen die 3 mal um die Kirche betend

vielen Andern seine Stimme gegen diesen Unfug 31): indeß war dieß um so weniger auffallend, da auch der Bischof von Costnik diesen Ablaßkråmer als einen Eindringling betrachtete 32). Zwingli blieb bey dem påpstlichen Legaten noch so in Gnaden, daß ihn derselbe zum påpstlichen Capellan ernannte 33).

Mit dem Iten Jan. 1519 trat Zwingli das Amt eines Leutpriesters am großen Münster in Zürich an, und begann sogleich damit, um Kenntniß der reinen Schriftlehre zu ver breiten, die gewöhnlichen Pericopen zu verlassen, und ganze Bücher, zuerst das Evang. Matthåi, im Zusammenhange in feinen Predigten zu erklären. Obgleich er selbstständig damit begann 34), so wurde doch, als grade jezt Luthers mächtige

gingen, verhieß, daß sie eine begehrte Seele aus dem Fegefeuer erlöseten. Endlich nachdem Alle 5 Paternoster u. Ave Maria für die Seelen im Fegefeuer gebetet hatten, "schrey er lut: jezan diß Augenblicks sind aller Berneren Seelen, wo und wie joch abgeschei= den, alle mit enandere us der höllischen Pyn des Fägfürs in die himmelsche Fröud des Himmelrychs ufgefahren." So der Augenzeuge Anshelm V, 335 f. zum J. 1518.

31) Hottinger hist. eccl. saec. XVI. P. III. p. 162 u. J. J. Hottingers helvet. KG. III, 29 geben nur ganz allgemein an, ohne Gewährsmänner zu nennen, daß, als Samson in Schwyk Ablaß verkauft habe, Zwingli in Einsiedeln gegen ihn gepredigt habe. 32) f. Fabri epist. unten not. 38.

33) 3um Accolitus Capellanus. Das Document v. 1. Sept. 1518 b. Hottinger saec. XVI. P. II. p. 275.

34) Bullinger I, 12. 3wingli uslegung des XVIII Art. 1523. (Werke I, 254): „Als ich nun im Jahr 19 ze Zürich anhüb ze pre= digen, zeigt ich vor den ehrsamen Herren Propst und Capitel an, wie ich das Evangelion, von Matthäo beschrieben, wöllte, об Gott will, predgen ohn allen menschlichen Tand, und mich den weder lassen irren noch bestryten. Zu Anfang desselben Jahres hatte nieman by uns von dem Luter üzid gewüsset, usgenommen, daß von dem Ablaß etwas usgegangen was von ihm, das mich we

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