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Bitte um Abstellung des Unfugs an die benachbarten Bischöfe 14). Mit der weltlichen Seite der Kirche wenig bekannt, glaubte er den Betrug nur aufdecken und bekämpfen zu dürfen, um dessen Abstellung zu bewirken 15). Obgleich er indeß in seinen Thesen nur die neuerdings allgemein gewordene thomistische Lehre vom Ablasse bekämpfte, und über manche andere

Kirche noch heut beschliesse und auserkläret, daß der Ablaß mehr denn die Werke der Genugthuung hinnehme; so wäre es dennoch tausendmal besser, daß kein Christenmensch den Ablaß lösete oder begehrte, sondern daß sie lieber die Werke thäten, und die Pein litten. Ablaß wird zugelassen um der unvollkommenen und faulen Christen willen, die sich nicht wollen kecklich üben in guten Werken, oder unleidlich sind. Denn Ablaß fodert niemand zum bessern, sondern duldet oder zulässet ihre Unvollkommenheit. Darum foll man nicht wider das Ablaß reden; man soll aber auch niemand dazu reden.“

14) Luther wider Hans Wurst a. a. D. "Da schrieb ich einen Brief mit den Propositionibus an den Bischof von Magdeburg, vermahnete und bat, er wollte dem Tezel Einhalt thun, und solch ungeschickt Ding zu predigen wehren, es mögte eine unluft daraus entstehen: solches gebührte ihm als einem Erzbischofe. Denselben Brief kann ich noch auflegen, aber mir ward keine Antwort. Desgleichen schrieb ich auch dem Bischof zu Brandenburg, als Ordinario, an dem ich sehr einen gnädigen Bischof hatte. Darauf er mir antwortete, ich griffe der Kirchen Gewalt an, und würde mir selbst Mühe machen: er riethe mir, ich ließe davon. Ich kann wol denken, daß sie alle beyde gedacht haben, der Papst würde mir, solchem elenden Bettler, viel zu mächtig seyn. Das Schreiben an Albrecht Erzb. v. Mainz u. Magdeburg v. 31ten Oct. 1517 s. bey de Wette. I, 67.

15) Lutheri praef. ad T. I. Opp. in iis certus mihi videbar, me habiturum patronum Papam, cujus fiducia tum fortiter nitebar, qui in suis decretis clarissime damnat quaestorum (ita vocat indulgentiarios praedicatores) immodestiam. Vgl. oben Bd. 2. Ubth. 2. §. 82. not. o.

Scholastiker nicht hinausging; so machten doch dieselben alsbald höchst bedeutendes Aufsehen 16), und regten insbesondere die Dominicaner gegen sich auf, deren Ordensgeist durch kurz vorhergegangene Demüthigungen besonders empfindlich geworden war 17), und welche sich jest in dem h. Thomas und in

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16) Luther wider Hans Wurst: Also gingen meine Propositiones aus wider des Tegels Artikel. Dieselbigen liefen schier in vierzehn Tagen durch ganz Deutschland: denn alle Welt klagte über das Ablaß, sonderlich über Tegels Artikel. Und weil alle Bischöfe und Doctores still schwiegen, und niemand der Kagen die Schellen anbinden wollte (denn die Kegermeister Predigerordens hatten alle Welt mit dem Feuer in die Furcht gejagt, und Tegel selbst auch etliche Priester, so wider seine freche Predigt gemuckt hatten, eingetrieben): da ward der Luther ein Doctor gerühmet, daß doch einmal einer kommen wäre, der drein griffe. Der Ruhm war mir nicht lieb, denn (wie gesagt) ich wußte selbst nicht, was das Ablaß wäre, und das Lied wollte meiner Stimme zu hoch werden". 17) Namentlich durch das Schicksal des Savonarola (Bd. 2. Abth. 4. §. 153. not. e), die Berner Geschichte (Ebend. §. 145. not. u), durch den noch fortdauernden Streit mit Reuchlin. (§. 154. not. z ff.) Bey der steten Eifersucht der Bettelorden gegen einander lag dem Uebelwollenden oder Fernstehenden die Vermuthung sehr nahe, daß Ordenseifersucht die Quelle der Lutherischen Thesen sey. So sagt Hieron. Emser in der Schrift A venatione Aegocerotis assertio. Nov. 1519. 4. in Löschers Reformationsacten. III, 707: Quid si ipse quoque vates fiam, incipiamque divinare, puerum hunc (die Thesen) alium habuisse patrem: quod nihil scilicet quaesti ex indulgentiis tibi aut tuis etiam accesserit, quod Tecellio ac suis potius, quam tuae farinae hominibus negotium datum sit ? Haec enim non vane imaginor, sed suspicionis istius tu mihi ansam praestitisti, qui mihi ubi in Cancellaria Principis Ecchium, Carolostadium ac te, semotis arbitris, obsecrassem, ut propter honorem Dei abstineretis a conviciis et parvulorum offensione, respondisti satis theologice, causam hanc neque propter Deum esse coeptam, neque propter Deum finiri oportere. Offenbar bezieht sich diese

Tezel zugleich verlegt fühlten.

Tezel fiel alsbald in Gegenthesen, durch deren Vertheidigung er sich in Frankfurt a. d.

oft von Catholiken gemißbrauchte Aeußerung Luthers auf die Leipziger Disputation, wie ja Luther dieselbe immer als durch Ecks Ruhmsucht herbeygeführt darstellt. Ordenseifersucht vermuthet auch Alphonsus Valdesius in f. Briefe an Petrus Martyr dd. Brüssel d. 31ten Aug. 1520 (Petri Martyris epistolae. Amstelod. 1670. p. 380): prosiliit monachus Augustinensis, cui nomen Martinus Lutherus Saxo, et hujus tragoediae auctor, et Dominicani fortassis invidia motus, nonnullos articulos typis excusos emisit caet. Die Vermuthung wurde von Luthers Feinden bald als Gewisheit wiederholt, s. Joh. Fabri christl. Unterrichtung über etliche Puncten der Visitation. Dresden 1528. 4. Kap. 2, der Luthern anredend sagt, er habe seine Thesen ausgehen lassen, als du nit zu Commissari in der Indulgenz angenohmen warest." Cochläus endlich segt 1549 daraus folgende Erzählung zusammen (vita Lutheri ann. 1517): Churf. Albrecht hätte erst die Augustiner als Ablaßprediger gebrauchen wollen, nisi Jo. Tetzelius frater Ordinis Praedicatorum magis idoneus quibusdam visus fuisset. Id vero quam aegerrime tulerunt fratres Augustiniani, in primis Joannes Staupitius, et Martinus Lutherus, velut praecipui duo gregis sui arietes. Principi (Friedrich d. Weisen) familiarius insinuavit se Staupitius, instillans ejus pectori frequentes indulgentiarum abusus, et quaestorum atque commissariorum scandala, quod illi per avaritiam veniarum et gratiarum praetextu expilarent Germaniam, et quaererent quae sua sunt, non quae Jesu Christi. Lutherus vero ardentioris naturae, magisque injuriarum impatiens, arrepto calamo scripsit caet. Dies ist dann von vielen cathol. Schriftstellern nacherzählt worden. Dage= gen bezeugt Pallavicini hist. Conc. Trid. lib. 1. c. 3, daß nicht den Augustinern, sondern den Minoriten zuerst die Vertreibung dieses Ablasses anvertrauet war, und damit übereinstimmend` erzählt Friedr. Myconius in f. Reformationsgeschichte S. 16 ff., der Papst habe zuerst den Erzb. v. Maynz und den Guardian des Barfüßerklosters in Mainz zu Obercommissarien des Ablasses ernannt. "Aber der Gardian und Barfüßerorden hatten nicht Lust zur Sa

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Oder die Doctorwürde erwarb, über Luther her 18); mit glei

chen“, theils weil durch Tezels rohes Treiben der Ablaß schon beym Volke verdächtig geworden war, theils weil die Mönche ge= nug zu thun zu haben meynten, ihren eigenen Unterhalt zu erbets teln. Deshalb sey in Weimar, wo Myconius grade damals Pfarrer war, ein Convent der Franciscaner gehalten, um die Mittel zu berathen, der Commission los zu werden, und der Gardian habe es so einzuleiten gewußt, daß der Erzb. v. Mainz allein dieselbe übernommen habe. Hieraus erhellt zugleich, daß der Ablaßvertrieb damals nicht wohl Gegenstand des Neides zwischen zwey Mönchsorden seyn konnte. Gleichzeitig mit dieser Lüge entstand die andcre, deren Luther in s. Briefe an Spalatin v. 15ten Frbr. 1518 (de Wette. 1, 92) gedenkt, Principis nostri illustrissimi esse totum, quod ego ago, tanquam inductus ab eo ad invidiam Archiepiscopi Magdeburgensis; welche Herz. Heinrich in s. Duplik gegen den Churf. v. Sachsen 1540 (Walchs Ausg. v. Luthers Werken. XVII, 1623) wiederholt, s. dagegen Luther wider Hans Wurst (Ebend. 1701 ff.). Man sieht, daß eine gemeine feindselige Gesinnung schon früh nach gemeinen Triebfedern suchte, welche Luthern geleitet haben könnten, daß Einer dieß, der Andere jenes vermuthete, und daß erst später die Vermuthung es wagte als Ge= wisheit aufzutreten. Dagegen bezeugt einer der heftigsten Feinde Luthers Laurentius Surius, Carthäuser in Cöln † 1578, in s. Comm. rerum suo tempore in orbe gestarum ad ann. 1517: In ipsis bujus tragoediae initiis visus est Lutherus etiam plerisque viris gravibus et eruditis non pessimo zelo moveri, planeque nihil spectare aliud, quam Ecclesiae reformationem, cujus quidam deformes abusus non parum male habebant bonos omnes.

18) Es sind zwey Disputationes, die eine zur Erlangung der Licen= tiatur, die andere zur Erlangung der Doctorwürde, beyde schon 1517 gedruckt, und eigentlich von Conr. Wimpina verfaßt (f. Löscher II, 8), bei Löscher 1, 503 ff. Die Disp. I. aufgestellte Ablaßtheorie geht davon aus, daß die Satisfactio ein nothwendiger Theil der Buße sey.. thes. 5: Haec satisfactio (cum Deus delictum absque ultione non patiatur) per poenam fit, vel aequivalens in acceptione divina, 6. quae vel a Presbyteris

cher Heftigkeit schrieb Sylvester Prierias, magistér san

imponitur, arbitrio vel canone, vel nonnumquam a justitia divina exigitur hic vel in purgatorio dissolvenda. 11. Hanc poenam ob peccata contrita et confessa impositam potest Papa per indulgentias penitus relaxare, 12. sive haec sit ab eo, vel sacerdotis arbitrio, vel canone imposita, vel etiam justitia divina exigenda: cui contradicere est errare. 13. Sed licet per indulgentias omnis poena in dispositis remittatur, quae est pro peccatis debita, ut eorum est vindicativa; 14. errat tamen, qui ob id tolli putet poenam, quae est medicativa et praeservativa, cum contra hanc Jubileus non ordinetur. Die tiefe Unsittlichkeit des damaligen Beichtwesens enthüllt sich thes. 30: minima contritio, quae potest in fine vitae contingere, 31. sufficit ad peccatorum remissionem, ac poenae aeternae in temporalem mutationem. Auch vertheidigt hier Tegel mehrere seiner anstößigen Behauptungen, so 64: Non esse christianum dogma, quod redempturi pro amicis confessionalia vel purgandis Jubileum, possint haec facere absque contritione, error: und 99-101 sogar die Unverschämtheit, si quis per impossibile Dei genitricem semper virginem violasset. Disp. II. über die Macht des Papstes, thes. 3: Docendi sunt Christiani, quod Papa jurisdictionis auctoritate supérior tota universali Ecclesia et Concilio, quodque statutis suis humiliter sit obediendum. 4. Docendi sunt Christiani, quod Papa ea, quae fidei sunt, solus habet determinare, quodque sacrae scripturae sensus ipse auctoritative, et nullus alius, pro suo sensu, interpretatur, et quod aliorum omnia dicta vel opera habet vel approbare, aut reprobare. 5. Docendi sunt Christiani, quod judicium Papae in his, quae sunt fidei, et ad humanam salutem necessaria, errare potest minime. 12. Docendi sunt Christiani, quod claves Ecclesiae non universali Ecclesiae, sed Petro et Papae, et in eis omnibus eorum successoribus et universis Praelatis futuris per derivationem eorum in ipsos, sunt collatae. 13. Docendi sunt Christiani, quod plenissimam indulgentiam non Concilium generale, nec Praelati alii Ecclesiae simul vel disjunctim dare possunt, sed solus Papa, qui est sponsus universalis

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