Page images
PDF
EPUB

auch den übrigen Bedenklichkeiten derselben zu genügen 48); fo daß die Reformation auf diesem Reichstage offenbar einen bes deutenden Fortschritt zur förmlichen Anerkennung gewann 49).

dern lassen. (vgl. des Legaten Contareni Ermahnungsschrift zur Reformation an die Prälaten b. Raynald 1541 no. 29) „und seynd der Zuversicht, solche Ordnung u. Reformation sollte zu endlicher christlicher Vergleichung der streitigen Religion eine Vorbereitung, u. derselben sonder Zweifel hoch dienstlich seyn.“ Der Nürnberger Friedestand soll bis zu Ende eines Generalconcils, oder einer Nationalversammlung, "oder so der keines seinen Fortgang erreicht, auf nächstkünftigen Reichstag, aufrecht erhalten werden. Und was betrifft die Acten und Processe, so bisher in Religion und andern geschehen, an unserm Cammergericht anhängig gemacht und ergangen seynd, derwegen bisher Streit gewesen, ob dieselben in dem Nürnbergischen Friedstand begriffen seyn sollen oder nicht: dieselben Acten u. Proceß wollen wir zu Erhaltung Friedens, Ruhe u. Einigkeit im heil. Reich deutscher Notion, u. aus unser Kaiserlichen Macht u. Vollkommenheit, so lang bis das gemeine oder Nationalconcilium, oder in dieser Sachen eine gemeine Reichsversammlung, wie obsteht, gehalten wird, suspendirt u. eingestellt haben." 48) b. Walch XVII, 999. In derselben wird namentlich bestimmt, daß die Geistlichen augsburgischer Confession so wenig als die ka= tholischen ihrer Einkünfte entsegt werden; daß die Augsb. Confes= sionsverwandten zwar keinem katholischen Stande seine Unterthanen abpracticiren sollen, daß aber, "ob sich jemand sonst zu ihrer Religion begeben wolle, demselbigen dieß unbenommen seyn solle; daß die Beysizer des Cammergerichts auf den jezigen Abschied u. Declaration vereidet werden, u. der Augspurgische Abschied, so viel die Religion belanget, nicht Statt haben solle; daß zu denselben präsentirte Personen deshalb weil sie der Augsburgischen Confession anhingen, nicht geweigert werden, auch aus diesem Grunde kein Beysiger entsegt werden dürfe.

49) Das Uebergewicht der Protestanten in Deutschland war so entschieden, daß der Churf. v. Maynz auf dem Reichstage durch den Legaten dem Papste dringend abrieth, in diesem Lande das Concilium zu halten, s. Raynald 1541 no. 27: nequaquam convenire,

§. 8.

Fortsegung bis zum Ende des Schmal=
caldischen Krieges 1547.

Während Kaiser Carl durch einen unglücklichen zweyten Zug gegen Algier (Oct. u. Nov. 1541) geschwächt, und gleich darauf in einen neuen Krieg mit Frankreich verwickelt wurde 1), mußte König Ferdinand, der in seinem unglücklichen Türkenkriege der Hülfe der Protestanten bedurfte 2), ihnen auf einem

-

tum

ut Concilium generale celebretur in Germania ob diminutio-
nem auctoritatis sedis Apostolicae, et totius ecclesiastici
status. Ne etiam pro arbitrio Protestantium omnia fiant, et
quia virus haereticum in ipsa Germania viget. Item in
Germania animosiores et obstinati magis in eorum perversi-
tate erunt Protestantes. Cogere etiam poterunt Catholi-
cos astutiaque et artibus malis domare eosdem, vel etiam
ipsum Caesarem pro eorum more. Etiam in ipso Conci-
lio, si in Germania fieret, tum per malas practicas,
etiam per publicas conciones, si licebit, alioquin in aliis
privatis, a quo non cessabunt sub praetextu, verbum Do-
mini non esse celandum, studebunt virus suum spargere,
et sectas ampliare.
si Concilium fieret in Germania, et Caesar pro quorundam
arbitrio ad hoc induceretur, cogeretur Sanctitas Pontificia
forsan annuere quaedam, quae non essent concedenda, quin-
imo pro Caesaris jussu urgeri posset inique, ut haec sua
Sanctitas melius perpendere poterit. Nequaquam etiam
conveniet, ut dimisso seu suspenso generali Concilio cele-
bretur Nationale Germanicum, aut alia imperialis Dieta,
quia tunc vere dubitandum est de schismate, et Catholici
quidam prolaberentur ad Protestantes, caeterique cogeren-
tur deficere, aut supprimerentur.

Propterea considerandum est, quod,

1) Schmidts Gesch. der Deutschen Buch VIII. Cap. 29. 31. Rau mers Gesch. Europas f. d. 15ten Jahrh. 1, 497.

2) Schmidt a. a. D.

Reichstage zu Speyer (Febr. 1542) den Religionsfrieden verlängern 3). Der Protestantismus gewann fortwährend neuen Anhang, und seine Uebermacht in Deutschland trat immer sichtbarer hervor. Als der Bischofsstuhl von Naumburg d. 6ten Jan. 1541 erledigt, und von dem Domcapitel eiligst, ohne die gewöhnliche Rücksicht auf den Churfürsten von Sachsen, mit Julius von Pflug wieder besetzt worden war; vernichtete der Churfürst diese Wahl, erhob im Jan. 1542 Nicolaus von Amsdorf zum Bischofe, zog aber die weltliche Regierung des Stiftes an sich 4). Als der Herzog Heinrich von Braunschweig die Acht des Reichskammergerichts gegen Goslar vollstrecken wollte, ohne die kaiserliche Suspension zu achten 5), und auch die Stadt Braunschweig bekriegte, so kamen plöhlich der Churfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen den beyden verbündeten Städten zu Hülfe, nahmen das Herzogthum in Besit (Jul. 1542) 6), erklärten, es nur den Söhnen

3) Ueber die Verhandlungen dieses Reichstags f. Seckendorf III, 382. Schmidt Buch VIII. Cap. 30, den Reichsabschied s. b. Walch XVII, 1004 (insb. 1057).

4) Urkunden b. Hortleder Th. 1. Buch V. Cap. 11, unter denselben zuerst Nachweisungen, daß die sächsischen Fürsten Landesfürsten u. Erbschußfürsten der drey sächsischen Bisthümer seyen. Spa lating Annalen S. 655. Seckendorf I, 387. Einen gleichzeit. Bericht über die Wahl u. Einführung des Nic. v. Amsdorf aus dem städtischen Archive zu Naumburg s. in Förstemanns Neuen Mittheilungen des thüringisch. sächsischen Vereins Bd. 2. Heft 2. (Halle 1835) S. 155.

5) Die Goßlarische Ucht war in der kaiserlichen Declaration des Regensburger Reichsabschieds (§. 7. not. 48) in einem besondern Artikel namentlich suspendirt.

6) Die früheren Urkunden u. zwischen beyden Theilen gewechselten Schriften, welche bald einen sehr rohen leidenschaftl. Ton annahmen, f. b. Hortleder Th. 1. Buch IV. Cap. 1–34. Zu den= selben gehört auch Luthers Schrift wider Hans Worst 1541 b.

des Herzogs zurückgeben zu wollen, führten die Reformation in demselben ein 7), und kündigten dem Kammergerichte, als sich dasselbe des Vertriebenen annahm, allen Gehorsam auf 8). Gleichzeitig erklärten sich die Städte Regensburg 9) und Hildesheim 10), und der Pfalzgraf Otto Heinrich von Neuburg 11) offen für die Reformation; im Clevis schen wurde dieselbe von dem Herzoge Wilhelm begünstigt, und verbreitete sich raschen Schrittes 12); selbst die heftigsten

Balch XVII, 1645 (der Titel daher, weil Heinrich in einer Schrift gegen den Churfürsten gesagt hatte, Luther habe den Churfürsten Hanswurst genannt). Ueber den Feldzug, Urkunden s. b. Hortleder a. a. . Cap. 35 ff. Vgl. Spalatins Annalen S. 631-654. 672-680. Rommels Philipp d. Großm. I, 461. 11, 447.

7) bes. durch Bugenhagen, s. Lenz Gesch. d. Einführung des evángel. Bekenntnisses im Herzogth. Braunschweig - Wolfenbüttel 1830. S. 109 ff.

8) Die Recusationsschrift v. 4ten Dec. 1542 b. Hortleder Ch. 1. B. VII, Cap. 21 b. Walch XVII, 67. vgl. Barthol. Sastrowen (der damals Schreiber bey einem Procurator des Cammerge richts war) Leben, herausgeg. v. Mohnike 1, 227.

9) Spalatins Annalen S. 683.

Seckendorf III, 396. Gesch. d. Kirchenreform. in Regensburg. Regensb. 1792.

war.

10) als das benachbarte Braunschweigische in protest. Hände gefallen Bugenhagen stand auch hier an der Spike der die Reformation einführenden Geistlichen. Kirchenordnung 1544 von Anton. Corvinus, indeß hat auch Bugenhagen Antheil. Spalatins An= nalen S. 681. Hamelmanni opp. geneal. historica de Westphalia p. 937. Seckendorf III, 397. Schlegels Kirchen- u. Reformationsgesch. v. Norddeutschland u. den Hannov. Staaten II, 197.

11) Durch Edict v. 22ten Jun. 1542. Neuburgische Kirchenordnung v. 1543. Seckendorf III, 396. Struvens pfälzische Kirchenhistorie S. 29.

12) Wilhelm regierte seit 1539. Berg's Reformationsgeschichte der

Gegner und Verfolger derselben, König Ferdinand 13), und die Herzoge von Bayern 44), hatten den Verdruß, von ihren Landstånden um Gewissensfreiheit angegangen zu werden, und mußten dadurch erkennen, welche tiefe Wurzeln die Reformation. troh aller Verfolgungen auch unter ihren Unterthanen geschlagen hatte. Von entscheidender Wirkung schien aber der Uebertritt geistlicher Fürsten zur Reformation zu werden. Der Churfürst von Cöln, Hermann 15), Graf von Wied, war früher Feind des Protestantismus gewesen, hatte dann, demselben theilweise nachgebend, durch ein Provincialconcil in Cöln 1536 16) kirchliche Mißbräuche zu beseitigen gesucht, war aber seit den Religionsgesprächen von Worms und Regensburg ganz für die Reformation gewonnen, und berief 1542 Bucer, 1543 Melanchthon 17) und andere protestantische Theologen zu

Länder Jülich, Cleve, Berg, Mark, Ravensberg u. Lippe, herausgeg. von Troß, Hamm 1826 S. 55 ff.

13) Bittschreiben der Niederöstreichischen Stände auf dem Landtage zu Prag d. 13ten Dec. 1541, Ferdinands Antwort, u. der Stände Erwiderung, in Spalatins Annalen S. 689. Raupachs Evangel. Oesterreich L, 35 Beilagen S. 75. Vgl. Raupach von den Schicksalen der evangel. luth. Religion in Steyermark, Kärnthen u. Crain, in Wincklers Anecdota hist. ecclesiastica novantiqua 8tes u. 9tes Stück S. 341.

14) Spalatins Annalen S. 683.

15) Ueber ihn u. seine Reformation f. Seckendorf III, 435. Bergs Reformationsgesch. der Länder Jülich, Cleve, Berg S. 64 ff. Reck Gesch. der gräfl. u. fürstl. Häuser Isenburg, Runkel, Wied. Weimar 1825. 4. S. 154 ff.

16) Canones provincialis concilii Coloniensis sub Rev. in Christo patre Hermanno celebratum anno 1536. Colon. 1538. fol. von Gropper abgefaßt.

17) Zur Geschichte der cöln. Reformation aus Melanchthons Briefen, in Strobels Neuen Beyträgen V, 273.

Gieseler's Kirchengesch. 3r Bd. Ite Abth.

21

« PreviousContinue »