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sich dieselben dadurch zurückgestoßen 3): indessen ånderten sie doch manches nach diesen Weisungen, und Luther erkannte diese Gelehrigkeit dadurch an, daß er ihr dem Markgrafen Georg v. Brandenburg 1532 übergebenes Glaubensbekenntniß 1533 herausgab 4), und in der Vorrede ihnen eben so viel Achtung,

sondern weil ihr wisset, daß man euch für die ärgesten Kezer hält, ich Zeugniß gebe, wie gar viel näher ihr seyd dem Evangelio, denn alle andere, die mir bekannt sind. Weil ich höre, daß von Gottes Gnaden bey euch so ein feiner, züchtiger äußerlicher Wandel ist, daß man nicht so schwelget, frißt u. säuft, flucht u. schwöret, pranget u. öffentlich übel thut, wie bey uns; sondern ein jeglicher sich seiner Arbeit nähren muß, u. auch niemand darben laffet: habe ich mich nicht mögen enthalten, u. aus christlicher Pflicht euch anzeigen, was mich dünkt, das noch an eurem innerlichen Wandel des Glaubens u. der Lehre Mangel habe, welchen ich gerne aufs allerlauterste sehen u. hören wollte. Denn wir, die wir mitten in Sodoma u. Gomorra u. Babylonia wohnen, nicht sehen, wie wir möchten einen solchen feinen, züchtigen Wandel auswendig anrichten, Gott helfe uns denn baß; so haben wir doch die rechte, lautere Lehre des Evangelii, als einen hellen Lichtstar, mitten unter diesem verkehrten u. unschlachtigen Geschlecht der Finsterniß, den wir jedermann mittheilen, u. wiederum von jedermann auch gebessert werden wollten: welches wir auch von euch gewarten. Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi sey mit euch. Amen."

3) Im J. 1524 war wieder Joh. Horn als Gesandter bey Luther, um die Ordnungen der neuen Kirche kennen zu lernen: beyde trennten sich aber unzufrieden (Comenius ed. Buddeus p. 22). Unter den Brüdern erschien eine böhmische Antwort auf Luthers Ausstellungen (im Auszuge in Jo, Hederici examinatio capitum doctrinae fratrum. Francof. ad Od. 1580. 8. Deutsch in Carpzov's Religionsuntersuchung der böhm. u. mähr. Brüder S. 715 ff.).

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4) Die ursprünglich böhmisch geschriebene Confession hatte Mich). Weiß mit manchen Aenderungen zu Gunsten der Zwinglischen Abendmalslehre ins Deutsche überseht, und so war dieselbe zucrst Zürich 1532 gedruckt. Die Aeltesten damit unzufrieden veranstalteten eine neue Uebersegung, welche Wittenberg 1533 erschien: "Rechenschaft

als gegen ihren eigenthümlichen dogmatischen Ausdruck Nachsicht bewies 5). Dadurch gewann er sich wiederum das Ver

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des Glaubens, der Dienst u. Ceremonien der Brüder in Böhmen u. Mähren, welche von etlichen Pickarden, u. von etlichen Waldenser genannt werden, sammt einer nüglichen Vorrede D. Martin Luthers (die Vorrede auch in Luthers Werken von Watch XIV, 306). Eine neuere ueberarbeitung ist: Apologia verae doctrinae eorum qui vulgo appellantur Waldenses vel Picardi, oblata D. Georgio March. Brand. nunc demum multis in locis aucta et recognita anno 1538. Viteberg. 4. wiederabgedr. in Lydii Waldensia I, II, 92. In die Zeit zwischen der ersten und dieser überarbeiteten Ausgabe fielen die Verhandlungen der Brüder über die bisher gewöhnliche iteratio baptismi bey Uebertretenden, und die Abschaffung derselben. In der Apologia praef. f. 2. u. Pars IV. de baptismo aquae f. 77 wird sehr ausführlich über die Gründe, aus denen früher diese Wiedertaufe angenommen, und jezt abgeschafft sey, geredet. Die fides Christi ist nach f. 25 illius misericordiae, nostri gratuito miserentis, habenda fiducia. Fol. 69: Sacramenta quemadmodum sunt res externae sensiles et terrenae, ita etiam ad externos corporeosque sensus percellendos, a quibus mens et intellectus omnia recipiunt,— instituta quorum quidem quaedam ab ipso Christo, quaedam vero ab Ecclesia tradita sunt. Quae vero institutionis Christi sunt, haec apud nos modis omnibus praestare, ac incomparabiliter magis ad rationem salutis requiri. Daß Brot u. Wein im Abendmale wahrhaft Leib und Blut Christi sey, wird oft geltend gemacht, aber f. 101 verso: Quod si quis adhuc mentem nostram in iis requirat audireque velit, dicimus, credimus et asserimus, corpus Christi hic esse vere, spiritualiter, efficaciter, sacramentaliter, sed non corporaliter, sive sensibiliter corporibus, sed bene spiritibus ac mentibus nostris.

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5) Luther sagt hier, daß er lange die Erörterungen der Brüder über ihre Lehre nicht habe verstehen können, weil sie ganz andere Ausdrücke gebrauchten. Nach vielem Unterreden über ihre Abendmalslehre habe er indeß erkannt, daß sie mit ihm einig seyen, daß im Sa

trauen der Brüder, und wurde häufig von ihnen besucht und befragt 6). Dem Beyspiele der deutschen Protestanten in Augsburg folgend übergaben auch die Brüder dem Könige Ferdinand 1535 eine Confession 7): indeß behielten sie nur die

crament der wahrhaftige Leib u. Blut Christi empfangen werde. "Da ich das Stücke befand, ward ich gelinder gegen ihrem Thun, weil sie doch sonst von der heil. Dreyfaltigkeit, von Chrifto, von dem ewigen Leben, u. von allen Artikuln des Glaubens nicht unrecht lehreten noch hielten, u. beschloß, weil sie nahe bey der Schrift geblieben, daß man sie gar unbillig Kezer gescholten hätte, sonderlich bey den Papisten.. Um die Eintracht mit den Brüdern zu befördern, habe er dieß Büchlein herausgegeben. Denn wiewohl ich obgenannter Brüder Weise zu reden nicht weiß anzunehmen; so will ich sie doch auch wiederum nicht übereiten, noch so eben zwingen, nach meiner Weise zu reden, sofern wir sonst der Sachen eins werden u. bleiben, bis daß Gott weiter schicke nach seinem Willen. Denn weil sie ihre Lehre in einen solchen Methodon oder Ordnung gefasset haben, desgleichen weder der Papst noch alle die seinen nicht haben; so haben doch wir auf unserm Theil eine heller u. gewisser Weise, von der Gnaden u. Vergebung der Sünden zu reden, weil wir die Werke u. Glauben so rein u. richtig von einander scheiden, u. einem jeglichen sein eigen Art u. Amt zuschreiben. Derhalben befehle ich dies Büchlein zu lesen u. zu urtheilen allen frommen Christen, u. bitte, daß sie mit uns allesammt beten wollen Gott unsern Vater um Einträchtigkeit der Lehre u. des Glaubens: u. ob jemand wäre, dem nicht gnug in diesem Büchlein geschehen wäre, der wollte das ansehen, wie sie sich demüthiglich erbieten, u. wenn sie schon nichts anders damit verdienen, so ists doch billig, daß man sie das zubrochen Rohr u. glummend Tocht seyn lasse. Denn wir alle selbst auch noch nicht so ganz u. vollkommen sind.. 6) So waren 1535 Brüder bey ihm, s. s. Schreiben an den Senior der Brüder Benedict Gübe v. 18ten Apr. 1535 (de Wette IV, 599), dann 1536 u. 1542, f. Comenius ed. Buddeus p. 23. 25.

7) Prooemium Confessionis ann. 1573 in Camerarii hist. narratio de fratrum orthod. ecclesiis in Bohemia p. 270: confessio

stillschweigende Duldung, welche ihnen der Zeitumstånde wegen schon länger gewährt war.

Auch unter den Calixtinern fand Luthers Lehre bald Eingang s). Eine Ståndeversammlung im Januar 1524 willigte in Artikel, um die von Huß begonnene Reformation auf dem von Luther gezeigten Wege fortzuführen 9). Die besonders in Prag mächtige Gegenparthey bewirkte zwar, daß jene Artikel wieder aufgehoben, und die Compactaten geltend gemacht wurden (Jul. 1524) 10): dennoch nahm die Zahl der lutherischen Calixtiner bedeutend zu, und diese unterschieden sich von den

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nem hanc Ecclesiarum nostrarum, reliquis pleniorem, Bohemica lingua a nostris conscriptam anno 1535 exhibuerunt Regi Ferdinando ii Domini, qui Ecclesiis nostris conjuncti sunt et in sua ditione locum nobis concedunt. Qui Rex et accepit et respondit Dominorum nostrorum legatis benignissime, eaque confessio mox typis expressa bohemice, et paulo post in linguam latinam conversa, ut Vitebergae typis exprimeretur. Confessio fidei ac Religionis Baronum ac Nobilium regni Bohemiae Seren. ac Invict. Romanorum Bohemiae etc. Regi Viennae Austriae sub anno Dom. 1535 oblata. Witeberg. s. a. 4. mit einer Vorrede von Luther, wiedergedruckt als Anhang zu Lydii Waldensia Tom. II (auch in Niemeyer collectio confessionum in Ecclesiis Reformatis publicatarum p. 771).

8) Schreiben zweyer utraquistischer Geistlichen an ihn 1519 s. oben §. 1. not. 50. Luthers Ermahnungsschreiben an die böhmischen Landstände v. 10ten Jul. 1522 b. de Wette II, 225.

9) f. Libri de casibus et seditionibus in Communitate Pragensi, regnante D. Ludovico Rege Hungariae, welche als Lib. VII in G. B. Pontani a Braitenberg Bohemia pia. Francof. 1608. fol. p. 94 aufgenommen sind. Jene Artikel s. das. p. 98.

10) Die von dem Prager Magistrat festgestellten Gegenartikel s. Bohemia pia p. 103. Ueber diese Streitigkeiten zwischen den strengen utraquisten und den Anhängern der deutschen Reformation f. v. Bucholz Gesch. der Regierung Ferdinands I. IV, 439.

Brüdern nur dadurch, daß sie die strenge Kirchenzucht derselben nicht annahmen 11).

So war zur Zeit des schmalcaldischen Krieges der größte Theil von Böhmen der Reformation zugethan. In dem An: griffe auf den Churfürsten von Sachsen sahen alle diese Utraquisten auch eine Gefahr für ihren Glauben. Daher versagten ihre Stände dem Könige Ferdinand die Heeresfolge, versam melten sich eigenmächtig, rüsteten ein Heer aus, und traten mit dem Churfürsten in Verbindung 12). Als sie sich aber nach der Besiegung des Lehteren ebenfalls unterwerfen mußten 13), so befahl Ferdinand (1547), in den königlichen Befihungen künftig nur Katholiken und Utraquisten, nach Maasgabe der Compactaten, nicht aber Picarden oder Brüder zu dulden. Viele der lehteren wanderten jest nach Polen und Preußen aus: die Meisten wußten sich aber doch in Böhmen und Mähren zu erhalten 14).

11) Die Gesandten der Brüder, welche 1542 zu Luthern kamen, erzählten (Comenius ed. Buddeus p. 25), quomodo Hussiticae per Bohemiam et Moraviam Ecclesiae paulatim in Lutheranismum transeundo, doctrinam quidem Evangelii recipiant, in vitae tamen christianae studio nihil emendent. Remque illam detrimento cedere Ecclesiis nostris: dum licentiosi alibi quoque purum Evangelium sine disciplinae jugo haberi posse jactantes, ut se nobis nemo amplius adjungat, nonnulli etiam recedant, efficiant.

12) Menzels neuere Gesch. der Deutschen III, 74 ff.`v. Bucholz Gesch. der Regierung Ferdinands I. VI, 341.

13) Menzel III, 211. v. Bucholz VI, 404.

14) Adr. Regenvolscii systema historico - chronolog. Ecclesiarum Slavonicarum Traj. ad Rhen. 1652. 4. p. 194. Das Edict lau tete, ut omnes Picardi, qui nec Romanae, nec Bohemicae i. e. Calixtinae Ecclesiae subjici vellent, divenditis suis bonis intra dies 42 omnibus regiis possessionibus excederent. Illi enim, qui in fundis degebant Baronum et equestris Or

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