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Die im § 127, § 128 Absatz 2, § 131 des Gesetzes vom 31. März 1873 der obersten Reichsbehörde übertragenen Befugnisse werden von dem obersten Beamten in dem Schutzgebiet ausgeübt. Gegen die Entscheidung findet Beschwerde an den Reichskanzler statt. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Potsdam, den 3. August 1888.

(L. S.)

Wilhelm.

Graf v. Bismard.

33. Verfügung behufs Uebertragung konsularischer Befugnisse, sowie des Rechtes zum Erlasse polizeilicher und sonstiger, die Verwaltung betreffender Strafvorschriften auf Beamte der Schutzgebiete von Kamerun und Cogo.

Auf Grund des § 5 und des § 11 Absatz 2 und 3 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gesezbl. 1888 S. 75), wird für die Schußgebiete von Kamerun und Togo Folgendes bestimmt:

§ 1.

In jedem der beiden Schußgebiete hat der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigte Beamte zugleich die Befugnisse wahrzunehmen, welche den deutschen Konsuln nach § 16 des Gesetzes vom 25. Oktober 1867 (Bundes-Gefeßbl. S. 35) und nach § 35 des Gesezes vom 8. November 1867 (Bundes-Gesezbl. S. 137) zustehen. Dasselbe gilt von den Befugnissen, welche den deutschen Konsulaten als Seemannsämtern nach der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 (Reichs-Gesezbl. S. 432) und nach sonstigen Reichsgeseßen obliegen. *)

*) Vergleiche:

1. Das Gesez, betreffend die Verpflichtung deutscher Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hülfsbedürftiger Seeleute vom 27. Dezember 1872 (ReichsGesezbl. S. 432).

2. § 62 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes 2c. vom 6. Februar 1875 (Reichs-Geseßbl. S. 23).

3. §§ 14, 15, 20, 28 des Geseßes, betreffend die Untersuchung von Seeunfällen, vom 27. Juli 1877 (Reichs-Gesezbl. S. 549).

4. §§ 12, 57, 62, 66, 91 bis 93 des Gesezes, betreffend die Unfallversicherung der Seeleute, vom 13. Juli 1887 (Reichs-Geseßbl. S. 329).

5. § 21, Nr. 4 des Gesezes, betreffend die Aenderung der Wehrpflicht vom 11. Februar 1888 (Reichs-Geseybl. S. 11).

6. § 136 des Gesezes, betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889 (Reichs-Gesezbl. S. 97).

Die für die Konsuln geltenden Ausführungsbestimmungen zu den im vorhergehenden Absatz genannten Gesezesvorschriften finden entsprechende Anwendung.

In den bezeichneten Angelegenheiten werden Gebühren und Auslagen nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesezes über Gebühren und Kosten bei den Konsulaten des Deutschen Reichs vom 1. Juli 1882 (Reichs-Gesezzbl. S. 245) erhoben.

§ 2.

Der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigte Beamte ist für beide Schußgebiete, der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Togo ermächtigte Beamte ist für das Schußgebiet von Togo befugt, polizeiliche und sonstige die Verwaltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Gefängniß bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen.

Der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Togo er= mächtigte Beamte hat seine Verordnungen (Absatz 1) sofort in Abschrift dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten mitzutheilen. Der Lehtere ist befugt, diese Verordnungen aufzuheben oder abzuändern.

§ 3.

Diese Verfügung tritt am 1. Juli 1889 in Kraft.

Berlin, den 29. März 1889.

Der Reichskanzler.

Fürst v. Bismarck.

34. Derordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in den Schutzgebieten von Kamerun und Togo.

Vom 2. Juli 1888.
(Reichs-Gesetzblatt S. 211.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c., verordnen auf Grund des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete (Reichs-Gesezbl. 1888 S. 75), im Namen des Reichs, was folgt:

§ 1.

Das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (ReichsGesezbl. S. 197) tritt für die Schußgebiete von Kamerun und Togo in Gemäßheit des § 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen. Schußgebiete, mit den in dieser Verordnung vorgesehenen Abänderungen am 1. Oktober 1888 in Kraft.*)

Vergl. § 3 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen

Schußgebiete (Nr. 15).

§ 2.

Der Gerichtsbarkeit (§ 1) unterliegen alle Personen, welche in dent Schußgebiete wohnen oder sich aufhalten, oder bezüglich deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb des Schußgebiets nach den zur Geltung kommenden Gesezen begründet ist, die Eingeborenen jedoch nur, soweit sie dieser Gerichtsbarkeit besonders unterstellt werden.

§ 3.

Der Gouverneur von Kamerun bestimmt mit Genehmigung des Reichskanzlers, wer als Eingeborener im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist und inwieweit auch Eingeborene der Gerichtsbarkeit (§ 1) zu unterstellen sind.

§ 4.

Für das Schußgebiet von Kamerun wird in Kamerun und für das Schußgebiet von Togo wird in Togo eine Gerichtsbehörde erster Instanz errichtet. *)

§ 5.

Als Berufungs- und Beschwerdegericht wird an Stelle des Reichsgerichts (Gesez über die Konsulargerichtsbarkeit §§ 18, 36, 43) für die Schutzgebiete eine Gerichtsbehörde in Kamerun errichtet, welche aus dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten als Vorsitzendem und vier Beisigern besteht.

Auf die Beisißer und den Gerichtsschreiber finden die Vorschriften in § 6 Absaß 2, §§ 7, 8 und 10 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.

§ 6.

Die Zustellungen werden ausschließlich durch den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten veranlaßt.

Derselbe hat dafür zu sorgen, daß die innerhalb des Schußgebietes, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Siz hat, zu bewirkenden Zustellungen mit der nach den vorhandenen Mitteln möglichen Sicherheit erfolgen. Er erläßt die hierfür erforderlichen Anordnungen und überwacht deren Befolgung. Zustellungen außerhalb des Schußgebietes erfolgen im Wege des Er

suchens.

$7.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind in dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden in den Schutzgebieten alle Entscheidungen, einschließlich der auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden, von Amtswegen zu= zustellen. Diese Vorschrift findet auch auf die Zustellung der Zahlungsund Vollstreckungsbefehle an den Schuldner, sowie der Pfändungs- und Ueberweisungsbeschlüsse an den Schuldner und den Drittschuldner An=

wendung.

Für Beschlüsse, welche lediglich die Prozeß oder Sachleitung, einschließlich der Bestimmung oder Aenderung von Terminen betreffen, genügt die Verkündung.

*) Vergl. Nr. 15 § 2.

Die Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke kann in allen Fällen durch den Gerichtsschreiber erfolgen.

Soll durch eine Zustellung eine Frist gewahrt oder der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen werden, so treten die Wirkungen der Zustellung bereits mit der Einreichung des zuzustellenden Schriftstücks bei der Gerichtsbehörde ein, sofern die Zustellung demnächst bewirkt wird.

Bei Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Ladung kann die Gerichtsbehörde anordnen, daß eine Einrückung in öffentliche Blätter nicht erforderlich sei.

Wohnt eine Partei außerhalb des Schußgebietes, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Siz hat, so kann, falls sie nicht einen daselbst wohnhaften Prozeßbevollmächtigten bestellt hat, angeordnet werden, daß sie eine daselbst wohnhafte Person zum Empfange der für sie bestimmten Schriftstücke bevollmächtige. Diese Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Der Zustellungsbevollmächtigte ist bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung oder, wenn die Partei vorher dem Gegner einen Schriftsaß zustellen läßt, in diesem zu benennen. Geschieht dies nicht, so können alle späteren Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung durch Anheftung an die Gerichtstafel bewirkt werden.

Der Nachweis über die erfolgte Zustellung ist zu den Gerichtsakten zu bringen.

$ 8.

In dem Verfahren vor der Gerichtsbehörde zweiter Instanz findet in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den zur streitigen. Gerichtsbarkeit nicht gehörenden Angelegenheiten der § 16 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit mit der Maßgabe Anwendung, daß die Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde unter Mitwirkung der Beisiger erfolgt, wenn die angefochtene Entscheidung unter Mitwirkung von Beisitzern ergangen ist.

In dem Verfahren zweiter Instanz ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten und findet der § 269 der Civilprozeßordnung keine Anwendung.

Die Vorschriften in §§ 464 und 468 der Civilprozeßordnung gelten auch für das Verfahren zweiter Instanz.

$ 9.

Die Zwangsvollstreckung im Schußgebiete erfolgt ausschließlich durch den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Beamten. Der Beibringung einer vollstreckbaren Ausfertigung bedarf es nicht, soweit dieselbe von dem Gerichtsschreiber der Gerichtsbehörde erster Instanz im Schußgebiete zu ertheilen sein würde.

Der Beamte fann nach Anordnung der Zwangsvollstreckung mit der Ausführung andere Personen beauftragen, welche nach seinen Anweisungen zu verfahren haben.

§ 10.

Vollstreckbare Ausfertigungen dürfen von dem Gerichtsschreiber nur auf Anordnung des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten ertheilt werden.

§ 11.

In Strafsachen findet die Hauptverhandlung ohne die Zuziehung von Beisißern statt, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens eine Handlung zum Gegenstande hat, welche zur Zuständigkeit der Schöffengerichte oder zu den in den §§ 74, 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Vergehen gehört.

$ 12.

Der Angeklagte kann auf seinen Antrag oder von Amtswegen wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsortes oder wegen sonstiger Hindernisse von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden. werden, wenn nach dem Ermessen der Gerichtsbehörde voraussichtlich keine andere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe oder Einziehung allein oder in Verbindung miteinander zu erwarten steht.

§ 13.

Die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehörenden Sachen wird für die Schußgebiete von Kamerun und Togo der Gerichtsbehörde erster Instanz in Kamerun übertragen.

Für diese Sachen finden die Vorschriften Anwendung, welche für die im § 28 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten.

§ 14.

In dem Verfahren vor der Gerichtsbehörde zweiter Instanz finden in Strafsachen die §§ 23 und 29 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit Anwendung, der § 23 mit der im § 8 Absa 1*) bezeichneten Maßgabe.

Die Mitwirkung einer Staatsanwaltschaft findet nicht statt.

Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat Anspruch auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung, wenn er sich am Orte des Berufungsgerichts befindet.

In den im § 13 Absatz 1 bezeichneten Sachen ist die Vertheidigung auch in der Berufungsinstanz nothwendig. In der Hauptverhandlung ist die Anwesenheit des Vertheidigers erforderlich; der § 145 der Strafprozeßordnung findet Anwendung.

In Uebrigen verbleibt es bei den Vorschriften im § 40 des Geseßes über die Konsulargerichtsbarkeit.

§ 15.

Die Todesstrafe ist durch Erschießen oder Erhängen zu vollstrecken. Der Gouverneur von Kamerun bestimmt, welche der beiden Vollstreckungsarten in dem einzelnen Falle stattzufinden hat.

§ 16.

In dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden im Schußgebiete finden das Gerichtskostengesez und die Gebührenordnungen für Gerichtsvollzieher,

*) Es ist § 8 obiger Verordnung gemeint.

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