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für Zeugen und Sachverständige, sowie für Rechtsanwälte keine Anwendung. Die Vorschriften, welche an Stelle der bezeichneten Geseße zu treten haben, werden von dem Reichskanzler erlassen.

§ 17.

Der Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke regelt sich, soweit nicht in dieser Verordnung abweichende Bestimmungen getroffen sind, nach den Vorschriften des preußischen Rechts, insbesondere des Gesezes über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872 (GesetzSamml. S. 433).

§ 18.

Die Auflassungserklärungen des eingetragenen Eigenthümers und des neuen Erwerbers (§ 2 des Gesezes über den Eigenthumserwerb vom 5. Mai 1872) körnen auch schriftlich erfolgen. Eine gleichzeitige Abgabe beider Erklärungen ist nicht erforderlich.

$ 19.

Die auf die Grundschuld und auf das Bergwerkseigenthum bezüglichen Vorschriften des Gesezes über den Eigenthumserwerb, sowie die Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 bleiben außer Anwendung.

Die an Stelle der Lezteren zur Ausführung dieser Verordnung erforderlichen Vorschriften werden vom Reichskanzler erlassen.

§ 20.

Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die Grundstücke der Eingeborenen keine Anwendung. Jedoch bleiben Grundstücke, welche in das Grundbuch eingetragen sind, den Bestimmungen der §§ 17 bis 19 unterworfen, auch wenn sie in das Eigenthum eines Eingeborenen übergehen.

§ 21.

Die Voraussetzungen für den Erwerb von Grundstücken durch Verträge mit den Eingeborenen oder durch Besißergreifung von herrenlosem Land werden mit Genehmigung des Reichskanzlers von dem Gouverneur von Kamerun festgestellt.

Die Eintragung der in dieser Weise erworbenen Grundstücke erfolgt auf Grund einer über den Eigenthumserwerb ertheilten Bescheinigung des obersten Beamten des Schußgebietes oder eines von diesem hierzu ermächtigten anderen Beamten.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Marmorpalais, den 2. Juli 1888.

(L. S.)

Wilhelm.
Fürst v. Bismard.

35. Dienstanweisung, betreffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten von Kamerun und Togo. Vom 7. Juli 1888.

Zur Ausführung der Vorschriften über die Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Schutzgebieten von Kamerun und Togo wird Folgendes bestimmt:

§ 1.

Personen, welche der Gerichtsbarkeit unterliegen.

(Zu den §§ 2, 3 der Kaiserlichen Verordnung vom 2. Juli 1888.) Die Gerichtsbarkeit in den Schußgebieten von Kamerun und Togo erstreckt sich nach zwei Richtungen auf einen weiteren Kreis von Personen, als die Konsulargerichtsbarkeit. Der Ersteren sind unterworfen:

1. nicht nur Reichsangehörige und Schußgenossen, sondern auch Ausländer; ausgenommen sind nur Eingeborene (vgl. Verordnung vom 2. Juli 1888 § 3), soweit sie nicht durch die von dem Gouverneur mit Genehmigung des Reichskanzlers zu treffenden Bestimmungen der Gerichtsbarkeit unterstellt werden;

2. nicht nur alle Personen, welche im Schußgebiete wohnen oder sich dort aufhalten, sondern auch solche Personen, hinsichtlich deren, ohne daß sie dort Wohnsiz oder Aufenthalt haben, ein Gerichtsstand nach den zur Geltung kommenden Gesezen begründet ist (z. B. in den Fällen der §§ 24, 29, 31, 32 der Civilprozeßordnung).

§ 2. Gerichtsbehörden.

(3u § 5 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit; §§ 2, 3 Nr. 9 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete; §§ 4, 5 der Verordnung vom 2. Juli 1888.)

1. Die Gerichtsbehörden erster Instanz haben in den von ihnen ausgehenden Schriftstücken

anzuwenden.

a) sofern es sich um Geschäfte handelt, welche unter Zuziehung der Beisißer erledigt werden, die Bezeichnung als

„Kaiserliches Gericht des Schußgebietes von Kamerun“ bezw. „von Togo“,

b) sofern es sich um Geschäfte handelt, welche von dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten ohne Zuziehung von Beisißern erledigt werden, die Bezeichnung als

"

Kaiserlicher Richter des Schußgebietes von Kamerun" bezw. „von Togo"

2. Die Gerichtsbehörde zweiter Instanz hat in den von ihr ausgehenden Schriftstücken

a) in den unter 1a bezeichneten Fällen (Verordnung vom 2. Juli 1888 § 8 Absatz 1, § 14 Absatz 1) die Bezeichnung als

anzuwenden.

„Kaiserliches Obergericht der Schußgebiete von Kamerun und Togo",

b) in den unter 1b bezeichneten Fällen die Bezeichnung als Kaiserlicher Oberrichter der Schußgebiete von Kamerun und Togo"

"

3. Zur Ausübung der Gerichtsbarkeit sind ermächtigt:

a) für die Gerichtsbehörde erster Instanz in Kamerun der Kanzler in Kamerun,

b) für die Gerichtsbehörde erster Instanz in Togo der Kaiserliche Kommissar in Togo,

c) für die Gerichtsbarkeit zweiter Instanz der Gouverneur von Kamerun.

Für den Fall der Behinderung des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten gilt der zur allgemeinen Vertretung desselben durch Anordnung des Reichskanzlers berufene Beamte auch als zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigt. Es ist jedoch zu beachten, daß in der höheren Instanz kein Richter mitwirken darf, welcher in der unteren Instanz bei Erlassung der angefochtenen Entscheidung betheiligt war (Civilprozeßordnung § 41 Nr. 6, Strafprozeßordnung § 23 Absatz 1). Für den Fall, daß aus diesem Grunde oder aus sonstigen Ursachen der allgemeine Vertreter des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten an der Vertretung behindert ist, ist ein außerordentlicher Vertreter zu bestellen. Die Bestellung erfolgt durch den Gouverneur von Kamerun.

4. Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Beamten führen die Dienstaufsicht über die bei der betreffenden Gerichtsbehörde angestellten Beamten und regeln die Vertretung derselben im Falle der Behinderung.

Die Dienstaufsicht über die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz ermächtigten Beamten wird durch den Gouverneur von Kamerun geübt. Die von den Ersteren erlassenen allgemeinen Anordnungen, insbesondere über Zustellungen und Zwangsvollstreckungen, sind dem Gouverneur mitzutheilen. Derselbe kann die getroffenen Bestimmungen aufheben oder abändern, sowie selbst allgemeine Anordnungen des bezeichneten Inhalts auch für die Gerichtsbehörden erster Instanz erlassen.

5. Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten sind befugt, geeigneten Personen die Erledigung einzelner zu ihrer Zuständigkeit gehöriger Geschäfte dauernd oder in bestimmten Fällen zu übertragen. Diese Befugniß erstreckt sich nicht auf die Urtheilsfällung, die Entscheidung über Durchsuchungen und Beschlagnahmen und Verhaftungen, sowie auf die Ernennung und Beeidigung der Beisißer und die Zulassung der Rechtsanwaltschaft. - Im Falle einer dauernden Uebertragung ist die beauftragte Person mittelst Handschlags an Eidesstatt zur getreulichen Erfüllung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten. Die dauernde Uebertragung hindert den Beamten nicht, jederzeit Geschäfte der betreffenden Art selbst wahrzunehmen. Der Beauftragte handelt im Namen der Gerichtsbehörde, derselbe ist in den betreffenden Schriftstücken als an Stelle des Beamten handelnd zu bezeichnen.

6. Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten sind befugt, die Abhaltung von Gerichtstagen außerhalb des Amtssißes der Gerichtsbehörde anzuordnen.

§ 3. Beisizer.

(Zu den §§ 7 bis 9 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit.)

1. Die Worte, welche der Vorsißende bei der Beeidigung der Beisiger an die zu Beeidigenden zu richten hat, lauten:

"

Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Beisizers des Kaiserlichen Gerichts des Schußgebietes von . (des Kaiserlichen Obergerichts der Schußgebiete von Kamerun und Togo) getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben."

2. Die auf Ernennung und Beeidigung der Beisißer und deren Stellvertreter sich beziehenden Verhandlungen und Protokolle sind zu besonderen Akten zu nehmen.

3. Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten haben Namen, Stand und Staatsangehörigkeit der von ihnen ernannten Beisißer und Stellvertreter dem Reichskanzler anzuzeigen.

$ 4. Gerichtsschreiber.

(3u § 10 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit.)

1. Als Gerichtsschreiber ist eine hierzu geeignete Person, welche am Amtssitze des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten wohnen muß, von dem Leßteren zu bestellen.

2. Der Gerichtsschreiber hat vor seinem Amtsantritt einen Eid dahin zu leisten:

Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Gerichtsschreibers getreulich zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe."

3. In dem Falle, daß die Erledigung einzelner zur Zuständigkeit des zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten gehörenden Geschäfte einer anderen Person übertragen wird (§ 2 Nr. 5), kann dieser auch die Bestellung des bei Erledigung des Geschäftes zuzuziehenden Gerichtsschreibers aufgetragen werden. Im Falle der dauernden Bestellung eines solchen Gerichtsschreibers ist derselbe mittelst Handschlags an Eidesstatt zur getreulichen Erfüllung seiner Obliegenheiten zu verpflichten.

§ 5. Rechtsanwälte.

(3u § 11 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit.)

1. Die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten haben ein Verzeichniß der von ihnen zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zu= gelassenen Personen zu führen.

2. Die Bedingungen der Zulassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft find dem Ermessen des Beamten überlassen. Der Besitz der Reichsangehörigkeit ist nicht erforderlich. Wenn geeignete Personen mit juristischer Vorbildung nicht vorhanden sind, kann der Beamte unter Umständen auch aus anderen Berufsklassen zuverlässige Personen, welche die nöthige Geschäftskenntniß besißen, zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zulassen. Eine Beeidigung der Rechtsanwälte findet nicht statt.

§ 6. Zustellungen.

(Zu den §§ 6, 7 der Verordnung vom 2. Juli 1888.)

1. In dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden der Schußgebiete erfolgen die Zustellungen sämmtlich auf Veranlassung der Gerichtsbehörde. Dies gilt sowohl von Zustellungen von Amtswegen (f. Nr. 2) als von solchen auf Betreiben der Parteien (s. Nr. 3). Der Unterschied zwischen beiden Arten von Zustellungen beruht lediglich darin, daß die Leßteren nur dann von der Gerichtsbehörde veranlaßt werden, wenn die Partei einen auf die Bewirkung der Zustellung gerichteten Antrag gestellt hat, während es bei Zustellungen von Amtswegen eines solchen Parteiantrags nicht bedarf. Zu dem Antrag einer Partei auf Bewirkung der Zustellung genügt, abgesehen von dem Gesuche um Bewilligung einer öffentlichen Zustellung (§ 187 der Civilprozeßordnung), eine mündliche Erklärung. Ist das zuzustellende Schriftstück ein Schriftsaß oder eine sonstige von der Partei ausgehende Erklärung, so hat die Gerichtsbehörde nach Einreichung des Schriftstücks auch ohne ausdrücklichen Parteiantrag für die Zustellung Sorge zu tragen, wenn aus dem Inhalte des Schriftstückes hervorgeht, daß und wem es zugestellt werden soll.

2. Von Amtswegen erfolgen:

A. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten: die Zustellung der Abschrift der Berufungsschrift an die Gegenpartei, sowie die Zustellung aller gerichtlichen Entscheidungen, nicht bloß (wie nach § 294 Absatz 3 der Civilprozeßordnung) der nicht verkündeten, sondern auch der verkündeten (§ 7 Absatz 1 der Verordnung), insbesondere auch der Urtheile. Ebenso werden Zahlungs- und Vollstreckungsbefehle dem Gläubiger und dem Schuldner und Beschlüsse, durch welche eine Forderung gepfändet oder überwiesen wird, dem Gläubiger, dem Schuldner und dem Drittschuldner von Amtswegen zugestellt (Verordnung vom 2. Juli 1888 § 7 Absah 1).

Ausgenommen sind nur:

a) Beschlüsse, welche lediglich die Prozeß- und Sachleitung einschließlich der Bestimmung und Aenderung von Terminen betreffen, insbesondere auch Beweisbeschlüsse (§ 7 Absatz 2 der Verordnung); bei diesen genügt die Verkündung und zwar ohne Rücksicht auf die Anwesenheit der Parteien bei derselben; b) Arrestbefehle: die Zustellung derselben an den Gläubiger erfolgt zwar ebenfalls von Amtswegen (§ 294 Absaß 3, § 809 Abjazz 2 der Civilprozeßordnung), die Zustellung an den Schuldner dagegen findet nur auf Antrag des Gläubigers statt (§ 802 Absay 2

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