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§ 4.

Die Besizer solcher innerhalb des Schutzgebietes gelegener Grundstücke, welche schon vor dem 1. April 1888 erworben waren, sind verpflichtet, dieselben innerhalb einer Frist von vier Jahren in Benußung zu nehmen.

Ein Grundstück ist als in Benußung genommen anzusehen, wenn und insoweit auf demselben Gebäude oder andere Werke errichtet und benüßt werden, Gärten, Felder, Pflanzungen angelegt und bearbeitet werden, oder dasselbe in landwirthschaftlichen oder industriellen Betrieb genommen, jowie zur Gewinnung von Mineralien ausgebeutet wird, nicht aber, wenn es nur zur Jagd oder zum Einsammeln wildwachsender pflanzlicher Erzeugnisse verwendet wird.

$ 5.

Die im vorstehenden Paragraphen bezeichnete Frist beginnt für die vor dem 1. April 1888 erworbenen Grundstücke mit diesem Tage, für die seit diesem Tage erworbenen mit dem Tage des den Erwerb begründenden Vertragsabschlusses.

§ 6.

Der fruchtlose Ablauf der in SS 4 und 5 bezeichneten Frist hat die in § 3 Absatz 1 bestimmten Wirkungen. Das Gleiche ist der Fall, wenn und insoweit ein Grundstück, welches früher in Benußung genommen war, mindestens vier Jahre hindurch nicht mehr in Benutzung genommen worden ist. *)

$ 7.

Der in den §§ 2, 3 Absatz 1 und § 6 Absatz 1 bestimmte Eigenthumsübergang ist vom Kaiserlichen Gouverneur durch Beschluß auszusprechen und hiervon Abschrift dem im Schutzgebiete anwesenden Eigenthümer oder dessen Vertreter zuzustellen.

Diesen Personen steht das Recht zu, innerhalb einer vom Tage der Zustellung an beginnenden Frist von zwei Monaten die Aufhebung des Beschlusses auf der Kanzlei des Kaiserlichen Gouverneurs durch schriftlich eingereichte oder zu Protokoll erklärte Beschwerde zu beantragen.

Die Beschwerde kann nur darauf gegründet werden, daß die Voraus. sehungen für die Erlassung des angefochtenen Beschlusses nicht vorhanden waren, und muß zugleich die Beweismittel hierfür bezeichnen.

Nach Erhebung der Beweise und Prüfung des Ergebnisses hat der Kaiserliche Gouverneur durch abermaligen Beschlußz über die Beschwerde zu entscheiden.

Gegen diesen Beschlußz findet innerhalb zweimonatlicher Frist, deren Lauf von Zustellung desselben an den im Schußgebiete anwesenden Eigen thümer oder dessen Vertreter, außerdem vom Tage der Erlassung desselben beginnt, weitere Beschwerde an den Reichskanzler statt.

$ 8.

Das Grundeigenthum kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohles für ein Unternehmen, dessen Ausführung die Ausübung des Enteignungsrechtes erfordert, gegen vollständige Entschädigung entzogen oder beschränkt werden.

*) Vergleiche jedoch §§ 20, 21 der Verordnung vom 2. Juli 1888 (Nr. 34).

Cb solche Gründe vorliegen, entscheidet der Kaiserliche Gouverneur, und findet gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel nicht statt.

Falls über die Höhe der zu leistenden Entschädigung eine Vereinbarung nicht zu Stande kommt, hat hierüber der Richter nach Anhörung der Betheiligten zu entscheiden.

Kamerun, den 27. März 1888.

Der Kaiserliche Gouverneur.

Freiherr v. Soden.

67. Verordnung wegen Abänderung der Verordnung, betreffend Einführung eines Eingeborenen-Schiedsgerichts für den Duallastamm.

Auf Grund des § 1 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, verordnet der Kaiserliche Gouverneur in Abänderung der Verordnung vom 7. Oktober 1890, wie folgt:

§ 1.

Streitigkeiten zwischen Eingeborenen des Duallastammes sind durch den eingeborenen Häuptling des Beklagten zu erledigen, wenn in bürgerlichen Streitfachen der Werth des Streitgegenstandes 100 Mart (5 Kru) nicht überschreitet und in Strafsachen der Gegenstand der Urtheilsfindung eine That bildet, deren Ahndung keine höhere Strafe als 300 Mark oder 6 Monate Gefängniß erfordert.

$ 2.

Gegen die Entscheidungen der Häuptlinge ist Berufung an ein neu zu bildendes Eingeborenen-Schiedsgericht zulässig.

Dasselbe ist zugleich als erstinstanzliches Gericht zuständig für diejenigen Civil- und Strafprozesse, welche nicht zur Zuständigkeit der Häuptlinge gehören. Das Verbrechen des Mordes und des Todtschlages bleibt jedoch der Jurisdiktion des Schiedsgerichts entzogen. Auch ist dasselbe nicht befugt, auf Todesstrafe sowie auf eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu erfennen.

$ 3.

Für die Rechtsprechung des Schiedsgerichts sind die an Ort und Stelle in Uebung stehenden Gebräuche und Gewohnheiten maßgebend.

$ 4.

Die Mitglieder des Eingeborenen Schiedsgerichts sowie deren Stellvertreter werden durch den Kaiserlichen Gouverneur ernannt. Die Ernennung ist jederzeit widerruflich.

§ 5.

Das Schiedsgericht ernennt einen Vorsitzenden, welcher die Verhandlungen zu leiten, sowie einen Sekretär, welcher über jeden Streitfall ein Protokoll zu führen hat. Das Protokoll, welches das Datum des Sißungstages, die Namen der Richter und der Parteien, den Gegenstand und Grund

des Rechtsstreites, sowie die erlassene Entscheidung enthalten muß, ist von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer zu unterschreiben. Die Protokolle eines Jahres sind chronologisch zu einem Aktenstücke zu vereinigen und können von dem Gouverneur und dessen Stellvertreter jederzeit eingesehen werden. Auch steht dem Gouverneur sowie dem von ihm beauftragten Beamten jederzeit frei, den Sizungen des Eingeborenen-Schiedsgerichts beizuwohnen.

$ 6.

Gegen die Entscheidungen des Schiedsgerichts ist Berufung an den Kaiserlichen Gouverneur oder dessen Stellvertreter zulässig. Dieselbe muß binnen einer Woche nach Verkündung der Entscheidung schriftlich oder mündlich beim Gouvernementssekretär eingelegt werden.

$ 7.

Die der Kompetenz des Eingeborenen Schiedsgerichts nicht unterworfenen Strafsachen sind der Jurisdiktion des Kaiserlichen Gouverneurs bezw. dessen Stellvertreters vorbehalten.

$ 8.

Vorstehende Verordnung tritt sofort an die Stelle der Verordnung vom 7. Oktober 1890.

Kamerun, den 16. Mai 1892.

Der Kaiserliche Gouverneur.

Zimmerer.

€8. Verordnung, betreffend die Erhöhung der Gebühren für das summarische Gerichtsverfahren.*)

Einziger Paragraph.

Die vom Kläger bei Anbringung der Klage zu zahlende Vorladungsgebühr beträgt vom 1. Oktober d. J. ab in

1. bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

a) für das Prozeßverfahren ausschließlich der Zwangsvollstreckung: 1 Mark für jedes Kru der Klageforderung, jedoch wenigstens 4 Mark,

b) für die Ausführung der Zwangsvollstreckung die Hälfte des Sayes

unter a,

2. Strafsachen: 20 Mark,

3. gemischten Prozessen (Civil- und Strafsachen) den um die Gebühr zu 2 erhöhten Satz zu 1.

Kamerun, den 7. September 1891.

Der Kaiserliche Gouverneur.

In Vertretung:

v. Schuckmann.

Ein derartiges Verfahren findet Anwendung bei Streitigkeiten der Eingeborenen untereinander und bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten derselben mit Europäern.

69. Verordnung, betreffend die Anwerbung und Ausfuhr von Eingeborenen aus dem Schutzgebiete.

Auf Grund der Kaiserlichen Verordnung vom 19. Juli 1886 verordnet der Kaiserliche Gouverneur hiermit, wie folgt:

Artikel 1.

Das Anwerben von Eingeborenen des deutschen Schutzgebietes für Arbeitszwecke außerhalb der Grenzen dieses Gebietes ist verboten.

Artikel 2.*)

Zuwiderhandlungen gegen das in Art. 1 erlassene Verbot werden mit Gefängnißstraße bis zu drei Monaten für jeden angeworbenen oder ausgeführten Eingeborenen bestraft. In besonders leichten Fällen kann auf Geldstrafe bis zu 50 Mark für jeden angeworbenen oder ausgeführten Eingeborenen erkannt werden.

Eine uneinbringliche Geldstrafe ist in Gefängnißstrafe umzuwandeln, wobei ein Betrag von 3 bis 15 Mark gleich einem Tage Gefängniß zu erachten ist.

Bei Eingeborenen kann an Stelle der Gefängnißstrafe auf Zwangsarbeit in gleicher Dauer erkannt werden.

Artikel 3.

Der Versuch des in der Verordnung bezeichneten Vergehens ist strafbar.
Artikel 4.

Dampfer und Segelschiffe, welche überseeische Fahrten machen, bedürfen zur Anwerbung von Eingeborenen für diese Fahrten der Genehmigung des Gouverneurs.

Dampfer, Segelschiffe, Kutter und dergleichen, welche zur Vermittelung des Küstenverkehrs bestimmt und regelmäßig in einem der Hafenplätze des Schutzgebietes stationirt sind, haben die Erlaubniß, Eingeborene für den Schiffsdienst ohne vorherige Genehmigung des Gouverneurs anzuwerben.

Küstenfahrzeuge, welche regelmäßig in einem außerhalb des Schußzgebietes gelegenen Hafenplage stationirt sind, bedürfen zur Anwerbung von Eingeborenen ebenfalls der Genehmigung des Gouverneurs.

Artikel 5.*)

Zuwiderhandlungen gegen das in Art. 4 erlassene Verbot werden mit Geldstrafe im Betrage von 50 Mark für jeden angeworbenen oder ausgeführten Eingeborenen bestraft.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen kommen die Bestimmungen des Art. 2 zur Anwendung.

Artikel 6.

Der Gouverneur ist befugt, in besonderen Fällen unter den von ihm für erforderlich erachteten Bedingungen von dem Verbote zu dispensiren.

Kamerun, den

6. Juni
7. Oktober

1887.

Der Kaiserliche Gouverneur.

*) Art. 2 und 5 enthalten den durch die Verordnung vom 7. Oktober abgeänderten Tert.

III. Das Schukgebiet von Togo.

a. Allgemeine Verwaltung.

70. Derordnung, betreffend die Veröffentlichung von
Gesetzen und Verordnungen.

Auf Grund der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juli 1886 verordnet der Kaiserliche Kommissar, was folgt:

Einziger Paragraph.

Geseze, Allerhöchste Verordnungen, sowie Verordnungen des Kaiserlichen Kommissars werden dadurch veröffentlicht, daß eine Anzeige mit Inhaltsangabe in dem am Size des Kaiserlichen Kommissars an öffentlicher Stelle befindlichen Aushängekasten angeheftet, und daß zugleich eine Ausfertigung der betreffenden Urkunde selbst in dem Geschäftszimmer des Sekretärs während der Dienststunden zu Jedermanns Einsicht ausgelegt wird. Bagida, den 6. September 1886.

Der Kaiserliche Kommissar
Falkenthal

71. Verordnung, betreffend den Impfzwang.

Auf Grund der Kaiserlichen Verordnung vom 19. Juli und 15. Ot tober 1886 verordnet der Kaiserliche Kommissar, was folgt:

$ 1.

Alle Kinder unter dem Alter von 12 Jahren müssen innerhalb 4 Wochen von heute an geimpft sein; sie können im Weigerungsfalle zwangs weise dem Impfarzt vorgeführt werden; deren Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Lehrer, Erzieher, sowie jene Personen, welchen die Sorge für die selben obliegt, sind dafür verantwortlich, daß sie dem Impfarzte zur Impfung vorgeführt werden.

$2.

Die Leiter sämmtlicher hiesiger Fattoreien sind verpflichtet, die von ihnen beschäftigten Personen, ohne Unterschied des Alters, dem Impfarzte zu stellen; es macht hierbei keinen Unterschied, ob die Beschäftigung eine länger dauernde oder eine nur vorübergehende ist. Weigert sich die also beschäftigte Person, sich dem Impfarzte zu stellen, und ist der Fall der zwangsweisen Vorführung (§ 1) nicht gegeben, so ist der Leiter der Faktorei verpflichtet, die betreffende Person aus seinem Dienste zu entlassen.

Keiner der hiesigen Faktoreien bezw. deren Leitern ist es von heute ab gestattet, Personen, welche nicht nachweislich innerhalb des lezten Jahres, von heute an zurückgerechnet, geimpft worden sind, Beschäftigung zu geben.

§ 3.

Schuldhafte Nichterfüllung der in den vorstehenden Paragraphen aufgestellten Verpflichtungen oder Zuwiderhandlung gegen die dort enthaltenen Verbote

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