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Erster Theil.

Allgemeine Bestimmungen.

Riebow, Die Kolonial-Gesezgebung.

1

A.

Die Centralverwaltung der deutschen Schußgebiete.

1. Bekanntmachung, betreffend die Zuständigkeit der
Kolonial-Abtheilung des Auswärtigen Amts.*)

Die seit dem 1. April d. J. im Auswärtigen Amt gebildete IV. Abtheilung wird nach einer Verfügung des Reichskanzlers vom 29. Juni fortan den Namen „Kolonial-Abtheilung“ führen.

Soweit es sich um die Beziehungen zu auswärtigen Staaten und um die allgemeine Politik handelt, bleibt die Kolonial-Abtheilung dem Staatsjekretär des Auswärtigen Amts unterstellt. In allen eigentlichen Kolonialangelegenheiten dagegen, insbesondere auch in allen organisatorischen Fragen, wird in Zukunft die Kolonial-Abtheilung derartig selbstständig unter der Verantwortung des Reichskanzlers fungiren, daß der Abtheilungsdirigent dem obersten Chef der Reichsverwaltung unmittelbar die erforderlichen Vorträge erstattet und unter der Bezeichnung Auswärtiges Amt, Kolonial-Abtheilung" die von der Letteren ausgehenden Schriftstücke selbst zeichnet.

Es wird sich empfehlen, Schreiben und sonstige Sendungen, welche für die Kolonial-Abtheilung des Auswärtigen Amts bestimmt sind, mit einem bezüglichen Vermerke zu versehen.

2. Allerhöchster Erlaß, betreffend die Errichtung eines

Kolonialraths.

Vom 10. Oktober 1890.

(Reichs-Gesezblatt S. 179.)

Ich genehmige, daß bei der Kolonial-Abtheilung des Auswärtigen Amtz als sachverständiger Beirath für koloniale Angelegenheiten ein Kolonialrath errichtet wird, und beauftrage Sie, die hierzu erforderlichen Anordnungen zu treffen.

Potsdam, den 10. Oktober 1890.

An den Reichskanzler.

*) Deutsches Kolonialblatt 1890 S. 119.

Wilhelm. v. Caprivi.

3. Verfügung des Reichskanzlers zur Ausführung des Allerhöchsten Erlasses, betreffend die Errichtung eines Kolonialraths.

Auf Grund des Allerhöchsten Erlasses, betreffend die Errichtung eines Kolonialrathes, vom 10. Oktober 1890 (Reichs-Geseßblatt S. 179) wird Folgendes bestimmt:

§ 1.

Die Mitglieder des Kolonialraths werden vom Reichskanzler ernannt. Die mit Kaiserlichem Schußbrief ausgestatteten oder in den Schußgebieten durch die Anlage wirthschaftlicher Unternehmungen von bedeutendem Umfang in Thätigkeit befindlichen Kolonial-Gesellschaften werden aufgefordert werden, aus ihrer Mitte Mitglieder zum Kolonialrath in Vorschlag zu bringen. Im Uebrigen erfolgt die Berufung aus den Kreisen der Sachverständigen nach dem Ermessen des Reichskanzlers.

§ 2.

Die Mitglieder des Kolonialraths versehen ihr Amt als Ehrenamt. Die auswärtigen erhalten für die Theilnahme an den Sizungen eine ihren baaren Auslagen entsprechende Entschädigung nach Maßgabe einer besonderen Verfügung.

§ 3.

Die Ernennung der Mitglieder erfolgt für je eine Sißungsperiode des Kolonialraths. Die Zeitdauer dieser Perioden beträgt ein Jahr.

§ 4.

Der Kolonialrath tritt auf Berufung des Reichskanzlers unter dem Vorsiz des Leiters der Kolonial-Abtheilung des Auswärtigen Amts oder des mit seiner Stellvertretung beauftragten Beamten der Kolonial-Abtheilung zusammen.

Er hat sein Gutachten über alle Angelegenheiten abzugeben, welche ihm von der Kolonial-Abtheilung überwiesen werden, und ist befugt, über selbstständige Anträge seiner Mitglieder Beschluß zu fassen.

Der Geschäftsgang wird durch eine vom Reichskanzler genehmigte Geschäftsordnung geregelt.

§ 5.

Mitglieder der Kolonial-Abtheilung sowie Vertreter anderer Behörden können mit Genehmigung des Reichskanzlers den Sizungen mit berathender Stimme beiwohnen.

§ 6.

Der Kolonialrath wählt aus seiner Mitte einen ständigen Ausschuß von drei Personen, welcher außerhalb der Sizungen der Hauptversammlung von der Kolonial-Abtheilung um sein Gutachten in einzelnen Fragen mündlich oder schriftlich befragt werden kann.

Berlin, den 10. Oktober 1890.

Der Reichskanzler.

v. Caprivi.

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