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IV. Verfahren in den Angelegenheiten, welche zu der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören.

§ 43.

In den durch § 12 Absatz 2 der Zuständigkeit des Konsuls zugewiesenen Angelegenheiten bestimmt sich das Verfahren nach den für die im § 3 Absatz 1 bezeichneten preußischen Landestheile geltenden Vorschriften, insoweit diese Vorschriften nicht Einrichtungen und Verhältnisse vorausseßen, welche in den Konsulargerichtsbezirken fehlen.

Für die Verhandlung und Entscheidung über die nach Maßgabe der bezeichneten Vorschriften gegen die Entscheidungen des Konsuls zulässigen Rechtsmittel ist das Reichsgericht zuständig.

V. Schlußbestimmungen.
§ 44.

In den Rechtssachen, auf welche die Civilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung Anwendung findet, gelten das Gerichtskostengesetz und die Gebührenordnungen für Gerichtsvollzieher, für Zeugen und Sachverständige, sowie für Rechtsanwälte. In den Angelegen= heiten, welche zu der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören, sind in Betreff des Gebührenwesens, soweit reichsgeseßliche Vorschriften nicht bestehen, die Bestimmungen der in den im § 3 Absatz 1 bezeichneten preußischen Landestheilen geltenden Landesgeseße maßgebend.

Soweit die Gebühren der Rechtsanwälte durch Ortsgebrauch geregelt sind, kommt dieser zunächst zur Anwendung.

Die Einrückung einer öffentlichen Bekanntmachung in den Reichs-Anzeiger ist nicht erforderlich.

§ 45.

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Neue Geseze erlangen, soweit nicht reichsgeseßlich etwas Anderes bestimmt wird, in den Konsulargerichtsbezirken nach Ablauf von vier Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem das betreffende Stück des Reichs-Gesetzblatts oder der preußischen Geseßsammlung in Berlin ausgegeben worden ist, verbindliche Kraft.

§ 48.

Dieses Gesetz tritt für alle Konsulargerichtsbezirke gleichzeitig mit dem Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft. Mit demselben Zeitpunkte werden die Bestimmungen der §§ 22 bis 24 des Konsulargesetzes vom 8. November 1867 (Bundes-Gesezbl. S. 137) und die Zusazbestimmung des § 3 des Gesezes vom 22. April 1871 (Bundes-Gesezbl. S. 87) aufgehoben.

§ 49.

Die Militärgerichtsbarkeit wird durch dieses Geseß nicht berührt.*)

*) Vergl. § 3 Nr. 1 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schuhgebiete.

Begriff und

Arten der

$ 50.

Soweit die am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes anhängigen Rechtssachen nach den bisherigen Geseßen zu erledigen sind, tritt an die Stelle des Appellationsgerichts in Stettin das Reichsgericht. Die an dem bezeichneten Tage bei dem Appellationsgericht in Stettin anhängigen Sachen gehen in der prozessualischen Lage, in welcher sie sich befinden, auf das Reichsgericht über. Auf die Entscheidungen des Reichsgerichts findet die Bestimmung des § 18 Absatz 3 und des § 36 Absatz 2 Anwendung.

§ 51.

Der Reichskanzler hat die zur Ausführung des Geseßes erforderlichen Anordnungen zu erlassen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Bad Ems, den 10. Juli 1879.

(L. S.)

Wilhelm.

Fürst v. Bismard.

17. Allgemeine Verfügung des Königlich preußischen Justizministers vom 20. Mai 1887, betreffend die im Auslande zu erledigenden Ersuchungsschreiben der Justizbehörden.

(J. M. BL. S. 139. Auszug.)

Bei dem Erlaß und der geschäftlichen Behandlung von solchen Ersuchungsschreiben und Anträgen, welche im Auslande zu erledigen sind, wird seitens der Justizbehörden nach vielfachen Wahrnehmungen nicht immer sachgemäß verfahren. Zur Vermeidung der hieraus entstehenden Weiterungen sieht sich der Justizminister veranlaßt, die Gesichtspunkte, welche in derartigen Angelegenheiten zu berücksichtigen sind, soweit diese Anträge nicht die Fest= nahme oder Auslieferung verfolgter Personen betreffen, zusammenzustellen und die nachstehenden Anordnungen den Justizbehörden zur sorgfältigen Beachtung zu empfehlen.

I. Rechtshülfe.

A. Allgemeine Bemerkungen.

1. Die nachfolgenden Bestimmungen beziehen sich auf die Ersuchen um Rechtshülfe. Vornahme gerichtlicher Amtshandlungen im Auslande (Rechtshülfe), gleichviel ob dieselben Angelegenheiten der freiwilligen oder der streitigen Gerichtsbarkeit betreffen.

Form der Ersuchungs.

2. Das Ersuchen um Rechtshülfe erfolgt mittels eines in deutscher schreiben. Sprache an die ersuchte Behörde gerichteten Schreibens, welches von der ersuchenden Behörde zu unterzeichnen ist. Unstatthaft ist die Form eines Randschreibens.

Namens des Gerichts hat der Vorsißende oder der Untersuchungsrichter mit Angabe seines Amtscharakters zu unterzeichnen.

Der Unterschrift ist das Amtssiegel beizudrücken.

3. Das Ersuchungsschreiben muß den Gegenstand des Ersuchens voll- Inhalt der ständig und deutlich bezeichnen.

Bei Ersuchen um Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen oder um Abnahme von Eiden ist in dem Schreiben hervor zuheben, welche Personen nach den inländischen Vorschriften das Recht haben, der Vernehmung bezw. der Eidesabnahme beizuwohnen. Damit ist, falls solche Personen bezeichnet sind und nicht mit Rücksicht auf den Aufenthaltsort dieser Personen die Benachrichtigung derselben von dem Termine in anderer Weise zweckmäßig erscheint, die Bitte zu verbinden, die ersuchende Behörde von dem anberaumten Termine rechtzeitig zu benachrichtigen. Die Lettere hat dann die Betheiligten von dem Termine in Kenntniß zu jezen (vergl. jedoch für Norwegen Ziffer 36).

Die Uebersendung von Akten zur Erläuterung des Ersuchens ist unstatthaft. Ist zur Erledigung des Ersuchens die Kenntniß des Akteninhalts erforderlich, so ist eine gedrängte Darstellung des Sachverhältnisses in das Ersuchungsschreiben aufzunehmen oder demselben als Anlage beizufügen. Bedarf es der Mittheilung von Urkunden, so ist eine beglaubigte Abschrift derselben beizufügen, das Original aber nur dann, wenn dessen Einsicht unentbehrlich erscheint.

Ersuchungs. schreiben.

den

präsidenten.

4. Alle im Auslande zu erledigenden Ersuchungsschreiben, einschließlich Vorgängige Prüfung der der auf Zustellungen gerichteten, sind, wenn sie von einem Amtsgerichte oder Ersuchungs. von dem Untersuchungsrichter bei einem Landgerichte ausgehen, vor dem schreiben durch Abgange dem Präsidenten des Landgerichts vorzulegen. Derselbe hat zu Landgerichtsprüfen, ob das Schreiben den gegebenen Bestimmungen entspricht und zur Weiterbeförderung geeignet ist; eventuell ist von ihm auf die schleunige Beseitigung etwaiger Mängel hinzuwirken. Auf den Bericht, mit welchem das Ersuchungsschreiben dem Justizminister oder dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten eingereicht wird, bezw. auf das Er suchungsschreiben selbst, falls dasselbe unmittelbar an seine Adresse befördert wird, hat der Präsident zum Zeichen, daß das Gesuch ihm vorgelegen hat, und daß es von ihm zur Beförderung für geeignet befunden worden ist, den Vermerk zu sehen: Gesehen (Datum), der Landgerichtspräsident. Der Unterschrift ist in diesem Falle das Amtssiegel nicht beizufügen.

5. Ob das Ersuchen unmittelbar oder durch Vermittelung des Justiz ministers bezw. in eiligen Fällen des Herrn Ministers der auswärtigen Angelegenheiten an seine Adresse zu befördern ist, entscheidet sich nach den unten folgenden Bestimmungen (vergl. Ziffer 6, 7, 11, 12, 14, 20).

Alle im unmittelbaren Geschäftsverkehr beförderten Ersuchungsschreiben, insbesondere auch die an die diplomatischen Vertreter des Reichs und an die Konsuln (vergl. Ziffer 11 und 12) abgehenden Sendungen sind von der absendenden Behörde zu frankiren. Zur Erleichterung der postalischen Behandlung dieser Schreiben empfiehlt sich für die äußere Adresse derselben die Anwendung lateinischer Schriftzeichen, soweit in dem betreffenden fremden Lande die deutsche Sprache nicht als Landessprache gilt.

Die an diplomatische Beamte oder an Konsuln gerichteten Ersuchen sind zur Vermeidung von Verzögerungen in der Erledigung der gestellten Anträge auf dem Briefumschlage nicht als für die Person des zuständigen Beamten,

der

Beförderung
Ersuchungs-

schreiben.

sondern als für die betreffende Amtsstelle bestimmt zu bezeichnen und deshalb z. B. An das Kaiserlich deutsche Konsulat zu N. zu adressiren. Ersuchen um 6. Das Ersuchen um eine im Auslande zu bewirkende Zustellung ist Zustellungen. zu richten:

a) an die zuständige Behörde des fremden Staates in denjenigen Fällen, in welchen nach den bestehenden Vereinbarungen ein unmittelbarer Schriftwechsel mit den Behörden des betreffenden Staates zulässig ist (vergl. Ziffer 33: Desterreich-Ungarn, jedoch Ausnahme Abs. 3 daselbst; 35: Rußland; 37: Schweiz. Ausnahme s. Ziffer 27 Abs. 2: Dänemark);

in anderen Fällen:

sonst

b) an denjenigen deutschen Konsul, in dessen Amtsbezirk die Person, an welche die Zustellung erfolgen soll, sich befindet, falls anzunehmen ist, daß die Zustellung ohne diplomatische Verwendung bei der fremden Regierung bewirkt werden kann;

c) an den bei dem fremden Staat beglaubigten diplomatischen Vertreter des Reichs.

Die in Rede stehenden Ersuchen sind unmittelbar an ihre Adresse zu übersenden.

Die unter b angegebene Vorausseßung trifft ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Person, welcher zugestellt werden soll, allgemein zu, sobald es sich um eine Zustellung in den Bezirken der mit Gerichtsbarkeit ausgestatteten Konsuln (vergl. Ziffer 13), in Großbritannien und Irland oder in den britischen Kolonien und auswärtigen Besizungen (vergl. Ziffer 29) oder in den Vereinigten Staaten von Amerika (vergl. Ziffer 42) handelt, in den übrigen Ländern aber nur dann, wenn diejenige Person, an welche die Zustellung erfolgen soll, erweislich oder muthmaßlich die deutsche Reichsangehörigkeit besißt.

Handelt es sich um die Zustellung einer Ladung, so können in der Ladung zwar die prozessualischen Nachtheile hervorgehoben werden, welche für den Geladenen durch sein Ausbleiben in dem Termin entstehen würden, dagegen ist von der Androhung von Strafen und Nachtheilen anderer Art für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung, z. B. von Geldstrafen bei der Ladung von Zeugen, von der Androhung der Vorführung und Verhaftung bei der Ladung von Angeschuldigten oder Angeklagten abzusehen, da die Verwirklichung solcher Androhungen, solange der Geladene sich im Auslande befindet, in der Regel nicht ausführbar ist und die ausländischen Behörden aus solchen Androhungen Anlaß nehmen können, die Zustellung abzulehnen. Es ist deshalb für die hier in Rede stehenden Ladungen das für Ladungen im Inlande übliche Formular nicht zu benußen. Die vorstehende Bestimmung findet jedoch nicht Anwendung, wenn die Ladung im Bezirk eines mit Gerichtsbarkeit ausgestatteten Konsuls einer dieser Gerichtsbarkeit unterworfenen Person zugestellt werden soll.

Für alle Ladungen, welche im Auslande zugestellt werden müssen, ist bei der Anberaumung des Termins nach Maßgabe der örtlichen und Verkehrsverhältnisse und unter Berücksichtigung des durch die Inanspruchnahme ausländischer Behörden entstehenden Zeitverlustes eine geräumige Frist offen zu lassen (vergl. für Rußland Ziffer 35).

Den diplomatischen Vertretern und den Konsuln des Reichs mit Ausnahme der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit befugten Konjuln ist nicht gestattet, die Zustellung eines zum Zweck der Pfändung erlassenen gerichtlichen Zahlungs- oder Leistungsverbots an den im Auslande befindlichen Drittschuldner auszuführen. Ersuchen an die diplomatischen Vertreter oder an die nicht mit Gerichtsbarkeit ausgestatteten Konsuln um solche Zustellungen sind deshalb zu unterlassen; vielmehr ist zur Bewirkung von Zustellungen der in Rede stehenden Art die Rechtshülfe der zuständigen auswärtigen Behörde auf dem Ziffer 20 angegebenen Wege in Anspruch zu nehmen.

Hinsichtlich der Ersuchen um Zustellungen in den deutschen Schußgebieten ist Ziffer 9 zu vergleichen.

B. Ersuchen an die Gerichtsbehörden in den deutschen Schuß

gebieten.

7. Ersuchungsschreiben, welche in den Schußgebieten zur Erledigung Beförderung der gebracht werden sollen, sind bis auf Weiteres dem Justizminister bezw. in schreiben nach eiligen Fällen unmittelbar dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegen den Schuß. heiten zur Weiterbeförderung einzureichen.

8. (Abgeändert durch die allgemeine Verfügung vom 1. Mai 1891. Es werden daselbst das Gesetz, die Kaiserlichen Verordnungen und die Dienstanweisungen aufgeführt, welche die amtliche Zuständigkeit der Gerichtsbehörden in den Schußgebieten regeln.)

gebieten.

Ersuchen um Zustellungen in

den Schuß

Grsuchen um fredungen in

Zwangsvoll.

9. Zustellungen an Personen, welche sich in einem Schußgebiet befinden, sind mittels Ersuchens der Gerichtsbehörde zu bewirken; bei Ladungen ist der Termin unter Offenlassung einer besonders geräumigen Frist zu bemessen. gebieten. 10. Die Ersuchungsschreiben an die Gerichtsbehörden der Schußgebiete um Zwangsvollstreckungen in bürgerlichen Sachen sind in entsprechender Anwendung des § 700 der Civilprozeßordnung von dem Prozeßgericht zu erlassen. Der Beifügung einer vollstreckbaren Ausfertigung bedarf es nicht. II. Gesuche außerhalb des Gebiets der Rechtshülfe.

43. Außerhalb des Gebiets der im Auslande zu erwirkenden Rechtshülfe hat eine Korrespondenz inländischer Justizbehörden mit Behörden des Auslandes regelmäßig nicht stattzufinden, auch nicht in der Form, daß ein an eine ausländische Behörde gerichtetes Ersuchungsschreiben dem Justizminister oder dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zur Beförderung auf diplomatischem Wege überreicht wird. Vielmehr ist in allen Fällen, in welchen für eine inländische Justizbehörde die Anregung einer außerhalb des Gebiets der Rechtshülfe liegenden Thätigkeit der Behörden eines außerdeutschen Staats in Frage kommt, deshalb unter Beobachtung der in Ziffer 4 gegebenen Vorschriften an den Justizminister und in besonders schleunigen Fällen unmittelbar an den Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu berichten.

Dies gilt auch für den Fall, daß eine inländische Justizbehörde eine amtliche Auskunft über fremdes Recht zu erhalten wünscht, und zwar selbst dann, wenn nach Ansicht der inländischen Behörde die Auskunft von einem. Gerichte des anderen Staats zu ertheilen ist. Zu diesem Zweck hat die inländische Justizbehörde ihrem Antrage eine in deutscher Sprache abgefaßte

den Schußgebieten.

Jm

Algemeinen.

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