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nisse der deutschen Schußgebiete (Reichs-Gesezbl. 1888, S. 75),*) für das Schußgebiet der Neu-Guinea-Kompagnie in Ergänzung der Verordnung vom 5. Juni 1886 (Reichs-Gesezbl. S. 187), was folgt:

§ 1.

Der § 6 Absatz 1 der Verordnung vom 5. Juni 1886 wird durch folgende Bestimmung erseßt:

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In Strafsachen findet die Hauptverhandlung ohne die Zuziehung von Beisigern statt, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens eine Handlung zum Gegenstande hat, welche zur Zuständigkeit der Schöffengerichte oder zu den in den §§ 74, 75 des Gerichtsverfassungsgeseßes bezeichneten Vergehen gehört.

§ 4.

Der Angeklagte kann auf seinen Antrag oder von Amtswegen wegen. großer Entfernung seines Aufenthaltsortes oder wegen sonstiger Hindernisse von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden, wenn nach dem Ermessen der Gerichtsbehörde voraussichtlich keine andere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe oder Einziehung, allein oder in Verbindung miteinander, zu erwarten steht.

§ 5.

Die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehörenden Sachen wird für jeden der im Schußgebiete gebildeten Gerichtsbezirke der Gerichtsbehörde erster Instanz übertragen.

Für diese Sachen finden die Vorschriften Anwendung, welche für die im § 28 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten.

§ 6.

Als Berufungs- und Beschwerdegericht wird für das Schußgebiet an Stelle des Reichsgerichts und des deutschen Konsulargerichts in Apia (Gesez über die Konsulargerichtsbarkeit §§ 18, 36, 43, Verordnung vom 5. Juni 1886 § 4) eine Gerichtsbehörde zweiter Instanz am Size des Landeshauptmanns errichtet, welche aus dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten als Vorsizendem und vier Beisizern besteht.

Auf die Beisißer und den Gerichtsschreiber finden die Vorschriften im § 6 Absatz 2, §§ 7, 8, 10 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.

Der § 4 der Verordnung vom 5. Juni 1886 tritt außer Kraft.

§ 7.

In dem Verfahren vor der Gerichtsbehörde zweiter Instanz nehmen. in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den zur streitigen

*) Vergl. §§ 2 und 3 daselbst (Nr. 15).

Gerichtsbarkeit nicht gehörenden Angelegenheiten die Beisißer nur an der mündlichen Verhandlung, sowie an den im Laufe oder auf Grund derselben ergehenden Entscheidungen Theil. Jedoch erfolgt die Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde unter Mitwirkung der Beisißer, wenn die angefochtene Entscheidung unter Mitwirkung von Beisißern ergangen ist.

In dem Verfahren zweiter Instanz ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten, und findet der § 269 der Civilprozeßordnung feine Anwendung.

Die Vorschriften in §§ 464 und 468 der Civilprozeßordnung gelten auch für das Verfahren in zweiter Instanz.

§ 8.

In Strafsachen findet vor der Gerichtsbehörde zweiter Instanz in Bezug auf die Zuziehung der Beisißer die Vorschrift des § 30 des Gerichtsverfassungsgesetzes mit der oben im § 7 Absatz 1 bezeichneten Maßgabe Anwendung.

Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hierbe durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.

Die Mitwirkung einer Staatsanwaltschaft findet nicht statt.

Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat Anspruch auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung, wenn er sich am Orte des Berufungs gerichts befindet.

In den zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehörenden Sachen ist die Vertheidigung auch in der zweiten Instanz nothwendig. In der Hauptverhandlung ist die Anwesenheit des Vertheidigers erforderlich; der § 145 der Strafprozeßordnung findet Anwendung.

Im Uebrigen verbleibt es bei den Vorschriften im § 40 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit.

§ 9.

Die Todesstrafe ist durch Erschießen oder Erhängen zu vollstrecken. Der Landeshauptmann bestimmt, welche der beiden Vollstreckungsarten in dem einzelnen Falle stattzufinden hat.

§ 10.

In dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden im Schußgebiete finden das Gerichtskostengesetz und die Gebührenordnungen für Gerichtsvollzieher, für Zeugen und Sachverständige, sowie für Rechtsanwälte keine Anwendung. Die Vorschriften, welche an Stelle der bezeichneten Geseße zu treten haben, werden von dem Reichskanzler erlassen.

Der § 9 der Verordnung vom 5. Juni 1886 tritt außer Kraft.

§ 11.

Der § 46 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bleibt außer Anwendung; Geldstrafen fließen ebenso, wie die Gerichtskosten, zur Kasse der Neu-Guinea-Kompagnie.

§ 12.

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1889 in Kraft.

Die in diesem Zeitpunkte bei dem Reichsgericht oder dem deutschen Konsulargericht in Apia anhängigen Berufungs- und Beschwerdesachen werden nach den bisherigen Vorschriften erledigt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei= gedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben S. M. Yacht „Alexandria", den 13. Juli 1888.

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177. Verordnung, betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse auf den zum Schutzgebiete der Neu-GuineaKompagnie gehörigen Salomonsinseln.

Vom 11. Januar 1887.
(Reichs Gesetzblatt S. 4.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c., verordnen auf Grund des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete, vom 17. April 1886 (Reichs-Gesezbl. S. 75) im Namen des Reichs, was folgt:

Einziger Paragraph.

Das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (ReichsGesebbl. S. 197) tritt für die zum Schußgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie gehörigen Salomonsinseln in Gemäßheit des § 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete, mit den in der Verordnung vom 5. Juni 1886 (Reichs-Gesezbl. S. 187) vorgesehenen Abänderungen am 1. April 1887 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei= gedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 11. Januar 1887.

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178. Erlaß, betreffend die Ausdehnung von Verfügungen des Reichskanzlers auf die zu dem Schutzgebiete der NeuGuinea-Kompagnie gehörigen Inseln der Salomonsgruppe.

Auf Grund der Kaiserlichen Verordnung vom 11. Januar 1887, betreffend die Regelung der Rechtsverhältnisse auf den zum Schutzgebiet der Neu-Guinea-Kompagnie gehörigen Salomonsinseln (Reichs-Gesezbl. Nr. 2 S. 4), wird Folgendes bestimmt:

1. Der Erlaß des Reichskanzlers vom 24. Juni 1886, betreffend die Ermächtigung des Landeshauptmanns, Freiherrn v. Schleiniß, zur Ausübung der Gerichtsbarkeit, *)

2. die Verfügung des Reichskanzlers vom 1. November 1886 zur Ausführung der Kaiserlichen Verordnung vom 5. Juni 1886, betreffend die Rechtsverhältnisse in dem Schußgebiete der Neu-GuineaKompagnie, **)

3. die Dienstanweisung, betreffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Schutzgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie vom 1. November 1886, ***) finden vom 1. April 1887 ab auch auf die Inseln der Salomonsgruppe, für welche der Neu-Guinea-Kompagnie der Kaiserliche Schußbrief vom 13. Dezember 1886 ertheilt worden ist, Anwendung.

Berlin, den 24. Januar 1887.

Der Reichskanzler.

In Vertretung:
Graf v. Bismard.

179. Verordnung, betreffend die Ausdehnung von Verordnungen der Direktion der Neu-Guinea-Kompagnie auf die dem Schutzgebiete derselben zugelegten Inseln der Salomonsgruppe.

Mit Genehmigung des Herrn Reichskanzlers wird Folgendes bestimmt: Die Verordnung, betreffend die Veröffentlichung von Verordnungen der Direktion der Neu-Guinea-Kompagnie und des Landes hauptmanns, sowie die Ermächtigung des Landeshauptmanns zum Erlaß von Verordnungen in dringlichen Fällen vom 24. Juni 1886, †) und

die Verordnung, betreffend die Erhebung von Gebühren für die auf Grund des Gesezes vom 4. Mai 1870 über die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes in dem Schußgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie vorzunehmenden Geschäfte vom 12. November 1886,††)

finden vom 1. April 1887 ab auch auf die Inseln der Salomonsgruppe, über welche des Kaisers Majestät die Oberhoheit übernommen hat, und für welche der Neu-Guinea-Kompagnie der Kaiserliche Schußbrief vom 13. Dezember 1886 ertheilt worden ist, Anwendung.

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180. Dienstanweisung, betreffend die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Schutzgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie, vom 1. November 1886,*) unter Berücksichtigung der durch die Dienstanweisung vom 3. August 1888 eingeführten Aenderungen.**)

Zur Ausführung der Vorschriften über die Ausübung der Gerichtsbar keit im Schußgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie wird, im Einvernehmen. mit der Direktion der Kompagnie, Folgendes bestimmt:

I. Personen, welche der Gerichtsbarkeit unterliegen.

(3u § 2 der Verordnung vom 5. Juni 1886.)

Die Gerichtsbarkeit in dem Schutzgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie erstreckt sich nach zwei Richtungen auf einen weiteren Kreis von Personen. als die Konsulargerichtsbarkeit. Der Ersteren sind unterworfen:

1. nicht nur Reichsangehörige und Schußgenossen, sondern auch Ausländer; ausgenommen sind nur Eingeborene, ***) insoweit dieselben nicht nach § 2 Absatz 2 der Verordnung der Gerichtsbarkeit unterstellt werden;

2. nicht nur alle Personen, welche im Schußgebiete wohnen oder sich dort aufhalten, sondern auch solche Personen, hinsichtlich deren, ohne daß sie dort Wohnsitz oder Aufenthalt haben, ein Gerichtsstand nach den zur Geltung kommenden Gesezen begründet ist (z. B. in den Fällen der §§ 24, 29, 31, 32 der Civilprozeßordnung).

II. Erla polizeilicher Vorschriften.

(3u § 4 des Geseges über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 und § 3 der Verordnung vom 5. Juni 1886.)

Für die Verkündung polizeilicher Vorschriften ist § 3 der Verordnung vom 24. Juni 1886 (Verordnungsblatt für das Schußgebiet der Neu-GuineaKompagnie S. 38) maßgebend.†)

III. Gerichtsbehörden.

(3u § 5 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit; § 2 des Gesetzes vom 17. April 1886 und § 6 der Verordnung vom 13. Juli 1888).

1. Zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ist der Landeshauptmann ermächtigt, soweit nicht bei Genehmigung der Ernennung desselben durch den Reichskanzler etwas Anderes bestimmt wird. Die Gerichtsbarkeit erster Instanz wird von den übrigen durch den Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten wahrgenommen.

Der Landeshauptmann ist befugt:

a) bei Erlass polizeilicher Vorschriften für das gesammte Schutzgebiet oder für einen Theil desselben gegen die Nichtbefolgung

*) Vergl. Nr. 178.

**) Dieselben sind durch lateinischen Druck kenntlich gemacht.

***) Vergl. Nr. 203.

†) Vergl. Nr. 190.

Riebow, Die Kolonial-Gefeßgebung.

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