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Art. 2.

Die Angehörigen der Unionsländer oder ihre Rechtsnachfolger genießen in den andern Ländern für ihre Werke, seien dieselben nun in einem dieser Länder veröffentlicht, oder seien sie nicht veröffentlicht, die Rechte, welche die bezüglichen Geseze den Einheimischen gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden.

Der Genuß dieser Rechte wird davon abhängig gemacht, daß die Bedingungen und Formalitäten, welche durch die Gesezgebung des Ursprungslandes des Werkes gefordert werden, erfüllt worden seien; er kann in den andern Ländern die Dauer des in dem Ursprungslande gewährten Schußes nicht übersteigen.

Als Ursprungsland des Werkes wird dasjenige der ersten Veröffentlichung betrachtet, oder, wenn diese Veröffentlichung gleichzeitig in mehreren Unionsländern stattfand, dasjenige derselben, in welchem die Geseßgebung die geringste Schußdauer gewährt.

Für die nicht veröffentlichten Werke wird das Heimatsland des Urhebers als Ursprungsland des Werkes betrachtet.

Art. 3.

Die Bestimmungen der gegenwärtigen Konvention gelten gleicherweise für die Verleger von literarischen oder künstlerischen Werken, die in einem der Unionsländer veröffentlicht werden und deren Urheber einem Lande angehört, das der Union nicht beigetreten ist.

Art. 4.

Der Ausdruck literarische und künstlerische Werke" umfaßt Bücher, Broschüren oder alle andern Schriftwerke; die dramatischen oder dramatisch-musikalischen Werke, die musikalischen Kompositionen mit oder ohne Worte; die Zeichnungswerke, die Werke der Malerei, der Bildhauerei, die Stiche; die Lithographien, die Illustrationen, die geographischen Karten; die auf die Geographie, die Topographie, die Architektur oder die Wissenschaften im allgemeinen bezüglichen Pläne, Skizzen und plastischen Arbeiten;

endlich jedes Erzeugniß irgend welcher Art auf dem literarischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Gebiet, das mittelst eines Druck oder Vervielfältigungsverfahrens veröffentlicht werden könnte.

Art. 5.

Die einem Lande der Union angehörenden Urheber oder ihre Rechtsnachfolger genießen bis nach Ablauf von zehn Jahren, von der Veröffentlichung des Öriginalwerkes in einem der Unionsländer an gerechnet, in den andern Ländern das ausschließliche Recht, ihre Werke zu übersezen oder übersezen zu lassen.

Für die in Lieferungen erscheinenden Werke ist für die Bestimmung des Zeitpunktes der Veröffentlichung, von welchem an die Frist von zehn Jahren zu berechnen ist, erst das Erscheinen der leßten Lieferung des Originalwerkes maßgebend.

Von Werken, die aus verschiedenen in Intervallen erscheinenden Bänden bestehen, sowie von Berichten und Heften, die von literarischen oder wissenschaftlichen Gesellschaften oder von Privaten veröffentlicht werden, wird jeder Band, jeder Bericht oder jedes Heft, was die Frist von zehn Jahren anbetrifft, als eigenes Werk betrachtet.

In den in diesem Artikel vorgesehenen Fällen wird für die Berechnung der Schußfrist als Datum der Veröffentlichung der 31. Dezember des Jahres, in welchem das Werk erschienen ist, angenommen.

Art. 6.

Die regelmäßigen Uebersezungen werden wie Originalwerke geschüßt. Sie genießen demnach, was ihre nicht autorisirte Vervielfältigung in den Ländern der Union anbetrifft, den in den Artikeln 2 und 3 bezeichneten Schuß.

Man ist damit einverstanden, daß, wenn es sich um ein Werk handelt, dessen Ueberseßungsrecht bereits Gemeingut ist, der Uebersezer sich der Uebersehung des nämlichen Werkes durch andere Schriftsteller nicht widerseßen kann.

Art. 7.

Artikel aus Zeitungen oder aus Zeitschriften, die in einem der Unionsländer veröffentlicht werden, können in den andern Ländern der Union im Original oder in der Ueberseßung wiedergegeben werden, wenn die Urheber oder die Verleger dies nicht ausdrücklich untersagt haben. Bei Zeitschriften genügt es, wenn das Verbot, allgemein gefaßt, an der Spize jeder Nummer der betreffenden Zeitschrift wiederholt wird.

In keinem Falle aber kann dieses Verbot sich auf Artikel politischer Natur oder auf die Wiedergabe der Tagesneuigkeiten und der „Vermischten Nachrichten“ erstrecken.

Art. 8.

Was das Recht anbetrifft, aus literarischen und künstlerischen Werken in Publikationen, die für den Unterricht bestimmt sind oder die einen wissenschaftlichen Charakter besigen, oder in Chrestomathien, Stellen wiederzugeben, so sind hier die Gesezgebungen der einzelnen Unionsländer und die zwischen denselben bestehenden oder noch abzuschließenden Sonderabkommen maßgebend.

Art. 9.

Die Bestimmungen des Artikel 2 gelten auch für die öffentliche Aufführung von dramatischen oder dramatischmusikalischen Werken, ob diese Werke veröffentlicht seien oder nicht.

Die Urheber dramatischer oder dramatisch-musikalischer Werke oder ihre Rechtsnachfolger sind während der Dauer ihres ausschließlichen Uebersehungsrechtes gegenseitig gegen die nicht autorisirte öffentliche Aufführung der Ueberseßung ihrer Werke geschüßt.

Die Bestimmungen des Artikel 2 gelten gleichermaßen für die öffentliche Aufführung von nicht veröffentlichten musikalischen Werken, oder von solchen, die veröffentlicht worden sind, bei denen aber der Urheber auf dem Titel oder an der Spize des Werkes ausdrücklich erklärt hat, daß er die öffentliche Aufführung derselben untersage.

Art. 10.

Unter die unerlaubten Reproduktionen, auf welche die gegenwärtige Konvention Anwendung findet, werden besonders die mit verschiedeneu Namen, wie: Adaptationen, musikalische Bearbeitungen (Arrangements) 2c. bezeichneten indirekten nicht autorisirten Aneignungen eines literarischen oder artistischen Werkes gezählt, sobald sie nur die Wiedergabe eines solchen Werkes sind, sei es in der nämlichen Gestalt oder unter einer durch unwesentliche Aenderungen, Zusäße oder Weglassungen entstandenen Form, die aber nicht den Charakter eines neuen Originalwerkes an sich trägt.

Man ist damit einverständen, daß bei der Anwendung dieses Artikels die Gerichte der verschiedenen Unionsländer, den Vorbehalten ihrer bezüglichen Geseze, eintretenden Falls, Rechnung zu tragen haben.

Art. 11.

Damit die Urheber der durch die gegenwärtige Konvention geschüßten Werke bis zum Gegenbeweis als solche betrachtet werden und demnach das gerichtliche Verfahren gegen unrechtmäßige Nachahmungen vor den Gerichten der verschiedenen Ünionsländer eröffnen können, genügt es, wenn ihr Name in der gewöhnlichen Form auf dem Werke angegeben ist.

Für die anonymen und pfendonymen Werke ist der Verleger, dessen Name auf dem Werke bezeichnet ist, be= rechtigt, die dem Urheber zustehenden Rechte zu wahren. Er wird ohne weitere Beweise als Bevollmächtigter des anonymen oder pseudonymen Urhebers betrachtet.

Man ist immerhin einverstanden, daß die Gerichte eintretenden Falls die Vorweisung eines durch die kompetente Behörde ausgestellten Zeugnisses verlangen können, welches bestätigt, daß die durch die Gesezgebung des Ursprungslandes vorgeschriebenen Formalitäten im Sinne des Artikel 2 erfüllt worden sind.

Art. 12.

Jedes unrechtmäßig nachgeahmte Werk kann bei der Einfuhr in eines der Unionsländer, in welchem das Ori

ginalwerk das Recht auf gefeßlichen Schuß genießt, mit Beschlag belegt werden.

Die Beschlagnahme findet statt gemäß der innern Gesezgebung jedes Landes.

Art. 13.

Man ist einverstanden, daß die Bestimmungen der gegenwärtigen Konvention in keinem Falle dem Rechte Eintrag thun dürfen, das der Regierung jedes Landes der Union zukommt, durch geseßliche Maßnahmen oder durch die innere Polizei, die Verbreitung, die Aufführung, die Ausstellung jedes Werkes oder jeder Produktion, in Bezug auf welche die kompetente Behörde dieses Recht ausüben könnte, zu erlauben, zu überwachen oder zu untersagen.

Art. 14.

Die gegenwärtige Konvention gilt unter den gemeinsam zu bestimmenden Vorbehalten und Bedingungen für alle Werke, die im Momente ihrer Inkrafttretung in ihrem Ursprungslande noch nicht Gemeingut geworden sind.

Art. 15.

Man ist einverstanden, daß die Regierungen der Unionsländer gegenseitig sich das Recht vorbehalten, unter sich besondere Vereinbarungen zu treffen, insofern diese Vereinbarungen den Urhebern oder ihren Rechtsnachfolgern ausgedehntere Rechte, als die durch die Union gewährten, zusichern, oder anderweitige der gegenwärtigen Konvention nicht zuwiderlaufende Bestimmungen enthalten.

Art. 16.

Ein internationales Bureau ist unter dem Namen «Bureau de l'Union internationale pour la protection des oeuvres littéraires et artistiques» errichtet.

Dieses Bureau, dessen Kosten von den Verwaltungen aller Unionsländer getragen werden, wird unter die Autorität der Centralverwaltung der schweizerischen Eidgenossenschaft gestellt und von derselben in seinen Funktionen

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