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II.

Zur Erörterung der Streitfrage: ob der katholis sche Pfarrer wegen nicht erfolgenden Versprechens der katholischen Erziehung aller Kinder die Einsegnung einer gemischten Ehe rechts måßig verweigern könne ?

Einige Bemerkungen und Mittheilungen, veranlaßt
durch den Gegenstand des vorhergehenden
Auffahes.
Von

Chr. Fr. Elvers.

Wenn gleich fast alle unsere Staaten bestimmte, aber freilich sehr abweichende Grundsäße über die rez ligiöse Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen in neuern Zeiten aufgestellt haben; so sind sie doch noch keinesweges alle mit sich selbst, oder unter einander einverstanden, wie die oft vorkommende Weigerung katholischer Pfarrer, gemischte Ehen ohne zuvor empfangene Versicherung der Erziehung aller Kinder in der katholischen Religion einzusegnen, genommen werden soll. Während in dem einen Staate folche

Pfarrer im Weigerungsfalle namentlich mit der Tem poralienSperre bestraft werden, wird im andern alles ihrem Gewissen überlassen 1). In den meisten Staaten scheinen aber genauere Entschließungen erst vor

1) Von beidem enthalten z. B. die neusten Hefte zweier katholischen Zeitschriften Belege. Die katholische Liz, teraturzeitung, herausgegeben von Friedrich von Kerz (München, 1827, B. 1. H. 2. S. 226–31.), berich tet einen Fall, wo der katholische Pfarrer, der in Gemäßs heit der Befehle seiner Kirchenobern einen Katholiken und eine Protestantin wegen nicht gegebenen Versprechens der katholischen Erziehung aller Kinder einzusegnen verweigerte, von der ProvincialRegierung mit der TemporalienSperre belegt ward, bis ein Pfarrer einer benachbarten Diöces sich zur Einsegnung auch ohne jene Bedingung willig finden ließ. Der Religionsfreund für Katholiken, herausgegeben von Dr. Benkert (Würz burg, 1827, B. 1. §. 3. S. 285.), berichtet aus Fulda: ,,Auf die Demonstration des Bischöflichen General-Vicariats zu Fulda gegen das KurHessische Gesez, die Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen betreffend, ist bis jest noch weiter nichts erfolgt, als die Erlaubniß für die kas tholischen Pfarrer, sich der Einsegnung solcher Ehen, in denen nicht alle Kinder in der katholischen Religion erzogen werden, in dem Falle zu enthalten, wo sie ohne Einmischung und Einwirkung ihrer geistli chen Behörde“ solches ihrem Gewissen gemäß finden, wonächst denn solche Ehen von einem protestantischen Pfarrer eingesegnet werden sollen." Es wird hinzuge fügt: „Hierauf hat kürzlich das. Bischöfliche General-Vicariat seine Demonstration, so wie den Erlaß des Kurhessis schen Ministeriums feiner untergebnen Geistlichkeit mitges theilt, und von jedem einzelnen Pfarrer eine bestimmte Erklärung verlangt."

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bereitet zu werden. Bei dieser Lage der Sache möchte es von Interesse seyn, auf Einiges aufmerksam zu machen, was bei einer gründlichen Erörterung dieser schwierigen und wichtigen kirchenrechtlichen Frage wohl nicht übersehen werden dürfte.

I.

Nach canonischem Rechte find Ehen der Katho liken mit Håretikern nur dann gestattet, wenn diese zur katholischen Kirche übertreten wollen 2). Allein auf die heutigen Protestanten ist diese Bestimmung nicht anwendbar, da sie nach den bestimmtesten Ausz sprüchen des canonischen Rechts in der Regel nicht als Håretiker angesehen werden können, wenn auch ihre abweichenden Lehren als Hårefien 3). Hat nun

2) c. 16. C. 28, q. 1. Non oportet cum hominibus haereticis miscere connubia, et vel filios, vel filias dare, sed potius accipere, si tamen se profiteantur, Christianos esse futuros et catholicos.

3) c. 28. C. 24, q. 3. Haereticus est, qui alicujus temporalis commodi et maxime gloriae, principatusque sui gratia, falsas ac novas opiniones vel gignit, vel sequitur, Ille autem, qui hujusmodi hominibus credit, homo est imaginatione quadam veritatis ac pietatis illusus. c. 29. e. q. Sed qui sententiam suam quamvis falsam atque perversam, nulla pertinaci animositate defen dunt, praesertim, quam non audacia suae praesumptionis pepererant, sed a seductis, atque in errorem lapsis parentibus acceperunt, quaerunt autem cauta sollicitudine veritatem, corrigi parati, cum invene rint, nequaquam sunt inter haereticos deputandi.

Themis ft. I.

aber auch die katholische Kirche die Ehen mit Protestanten nicht ausdrücklich in foro externo verboten, so findet sie dieselben doch in foro interno nach Aussage der angesehnsten Autoren in der theologia moralis nicht zulässig; so daß es hier regelmäßig einer Dispensation bedarf. Nur für Deutschland hat die Kirche der dortigen eigenthümlichen Verhåltnisse und Vermischungen wegen seit Ulters eine Ausnahme statuirt, und gemischte Ehen auch ohne besonbere Dispensationen im Allgemeinen in foro interno so gut, wie externo gestattet. Jedoch wird meistens hinzugeseht, daß dieses nur in der Voraussehung ge= schehe, daß sämmtliche Kinder aus solchen Ehen kaz tholisch würden *). Allein die tägliche Erfahrung

1

4) Theologia moralis D. Adolphonsi de Ligorio, olim Rectoris majoris congregationis SS. Redemptoris etc. Antverpiae 1821, T. 1. lib. 2. tr. 1. p. 296. ,,Matrimonium contrahere cum haeretica, etsi per se sit illicitum, habeaturque in Hispania et Italia mortale, probabile tamen est ob gravium doctorum auctoritatem, (Sanch. de matrim. t. 2. 1. 7. d. 72. n. 5. Azor. t. 1. l. 8. d. 3. c. 3. Reg. tr. 2. 1. 32. n. 196. Basilii Pontii de matr. c. 6. Card. de Lugo de sacramentis in genere, disp. 8. sect. 14. n. 120.) in Germania licere ex gravi causa salvo tamen jure naturali, et semoto periculo tum contrahentis, tum prolis: unde de iis initio constitui debet, ut catholice educentur. Vide Bec. 1. 5. c. 9. Dian. p. 3. t. 4. v. 269. Hierbei muß jedoch noch insbesondere auf den obigen Begriff des Haereticus aufmerksam gemacht werden, so wie auf dieeignen Erklärungen bei Bigori (1. c.): „Rustici alïïque

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lehrt, daß die Praxis hier sehr verschieden ist, und die einzelnen DiocesanObern und Pfarrer hinsichtlich dieses Erfordernisses sehr abweichend verfahren. Ja es ist nicht zu verkennen, daß manche sich scheuen, bestimmte Grundsäge hierüber zu fassen oder auszus sprechen, vielleicht um Collision mit dem Staate, und Intoleranz gegen die Protestanten, die die Strenge der kirchlichen Ansicht herbeiführen möchte, möge lichst zu vermeiden. Daraus entsteht aber ein ungewisfer Rechtszustand, der zu vielen Reibungen und Unge: rechtigkeiten auf der einen, und zu übertriebenen Ansprüchen sowohl, als Gewissenlosigkeit auf der andera Seite führt.

II.

Bei der Eingehung der Ehe fand in der katholi: schen Kirche seit Alters regelmäßig Ertheilung des kirchlichen Segens statt. Allein von dieser benedictio nubentium ist weder vor, noch nach dem Triz dentinischen Concilium das Daseyn der Ehe jemals abhängig gemacht worden, das vielmehr früher von der ausdrücklichen oder stillschweigenden Erklärung des EheConsenses, spåter von der Erklärung vor dem Pfarrer und vor zwei Zeugen abhing 5). Liegt

homines simpliciores in Germania, qui haeretici habentur et tamen pertinaces non sunt,... non sunt haeretici formales: habent fidem catholi cam in babtismo acceptam, quae non perditur, nisi errando pertinaciter."

5) Ja es ist vorgekommen, daß, weil der Pfarrer unfreis willig, z. B. nach der Messe, beim Weggehen vom Als

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