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einer in ihr vorgefallenen Veränderung auch nicht zur Annahme von Zahlungen berechtigt, wogegen aber die tägliche Erfahrung streitet. Mit jener Be schränkung erkennt die Verpflichtung des Neu-Eintretenden auch an die Hamburger Falliten-Ord: nung, Art. 64., §. 1 u. 2., und indirect die Frankfurter Wechselordnung, Art. 5 u. 7.; sowie von Rechtsgelehrten auch Schedel (Handbuch der kaufmann. Jurisprudenz, S. 169, §. 35.), und Treitschke (Lehre von der Erwerbsgesellschaft, §. 62.). Die Befiimmungen des Französischen Code de commerce (1, 3, §. 21.) über die Aenderungen der Firma mit jedem neuen Eintritt führen jedoch zu einem andern Grundsage. Eine solche gewaltsame Zerstörung der Formen des Verkehrs läßt sich aber bei dem Interesse, welches die kaufmännische Welt an der Erhaltung einer rühmlich bekannten Firma nimmt, und das nicht bloß pecuniår ist, sondern auch auf einem lobenswürdigen, und zur größern Vorsicht und Solidität in Geschäften führenden Ehrgefühle beruht, nicht rechtfertigen.

Als Beilage findet sich ein Parere der Frank furter Handelskammer, vom 23. Nov. 1824. Nach diesem haftet der in die Gesellschaft Neu. Eingetretene für alle auf dieser Handlung ruhenden Verbindlichkeiten mit; indem vorausgesezt werde, daß er entweder vorher mit solchen bekannt war, oder sich davon hätte Kenntniß verschaffen sollen; weshalb alle ohne Unterschied als Fortseher der Handlung oder als Liquidanten solidarisch für die fragliche auf der Handlung bestandene Gewährleistung verbindlich sind.

Dieses litte nur dann eine Ausnahme, wenn der NeuEingetretene beweisen könne, daß bei seinem Eintritt durch Circulare oder sonstige öffentliche Anzeige kund gegeben worden 'sey, daß die ålteren Mitglieder die Regulirung aller offenen Rechnungen allein übernom men håtten; in welchem Falle die Gläubiger sich bloß an diese halten müßten.

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Ueber die theoretisch- praktische Begründung und Ausbildung der gemeinrechtlichen Lehre vom Nothwege.

Bon

Chr. Fr. Elvers.

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þu denjenigen Lehren, in welchen sich noch jezt der größte Unterschied zwischen Praris und Theorie zeigt, gehört besonders die Lehre vom Nothwege. Während die Praxis, geleitet vom Gefühl der _factischen und rechtlichen Nothwendigkeit, wenn auch nicht von einer fichern theoretischen Einsicht, stets dem von seinem Grundeigenthume Ausgeschlossenen einen Nothweg zuz gestand, erhob die Theorie dagegen schon frühe Bes denklichkeiten, die in neuern Zeiten keinesweges überwunden sind; sondern vielmehr manchen ange sehnen Theoretiker fortwährend zur Verwerfung der ganzen Lehre vom Nothwege vermocht haben. Je håufiger nun im wirklichen Leben Streitigkeiten über in Anspruch genommene Nothwege sind, und je nach.

theiliger der fortdauernde Widerspruch zwischen Theorie und Praris hier sich ausweisen muß; desto noth: wendiger wird es, auf eine ächt wissenschaftliche, und daher auf eine theoretisch-praktische Weise die endliche Ausgleichung desselben zu versuchen. Zu dem Ende scheint es zweckmäßig zu fragen: was schon aus den allgemeinen Rationes juris naturalis im Römischen Rechte für den Nothweg hervorgeht; wie die einzelnen denselben berührenden Stellen zur nåhern Begründung und Ausbildung der so gefundenen Lehre führen können; wie diese theils von der Praxis, theils von der Theorie des neuern Europas anerkannt worden` ist, und endlich, wie auch einzelne vorkommende Fålle benußt werden können, um nach Vorgang der großen Römischen Juristen. solche Theorien weiter auszubilden und im steten Einklang mit dem Leben und der Praxis zu erhalten?

I.

Es gehört zu den strengen, aber doch natürliz chen Rechten, die in der Freiheit des Eigenthums, sowie der Person begründet sind, daß keiner, weder auf seinem freien Grund und Boden einen andern wider feinen Willen zu dulden braucht; noch unter irgend einem allgemeinen Vorgeben, z. B. durch ein bloßes Reden von Billigkeit, Menschenfreundlichkeit und dergl. genöthigt werden kann, von diesem seinem strengen Rechte abzuweichen und deshalb Versprechungen zu leisten, Verträge einzugehen u. f. f. Auch die Römischen Juristen erkannten dieses vollkommen an, und behandelten bekanntlich die Verlegung sol

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cher allgemeinen Rechte als eine jemanden zugefügte Injurie. So heißt es in der 1. 13, §. 7. D. De injuriis (47, 10.):,, Ingredi quis agrum alienum prohiberi potest"; und l. 11. C. De servitut. (3, 34.):,, Per agrum quidem alienum, qui servitutem non debet, ire vel agere vicino minime licet." So aber auch 1. 14. C. De contrahenda empt. (4, 38.): „Gravis haeo videtur injuria, quae inani honestatis colore velatur, ut homines de rebus suis facere aliquid cogantur inviti"; und l. 11. C. e. t.:,,Invitum comparare vel distrahere postulantis desiderium, justam causam non continet.“

Dagegen liegt es auch in dem natürlichen Rechte der Selbsterhaltung und der Eigenthumsvertretung, daß, wenn die Existenz oder Integritåt unserer Person oder unsers Eigenthums unmittelbar gefährdet ist, wir zum Schuge derselben die nothwendigen geeigne= ten Maßregeln treffen dürfen, ohne daß uns, selbst wenn wir das strenge Recht anderer verlegen, dara aus ein Vorwurf gemacht werden darf 1). Auch die

1) Dies gilt selbst dann, wenn andere sich zugleich über unverschuldet erlittenen Vermögensnachtheil beschweren können; nur daß in diesem Falle eine Verpflichtung zur billigen Bergütung desselben sich von selbst versteht. Ins besondere gilt es aber, wenn bloß über Verlegung des formellen Rechts geklagt wird, indem dieses jeder auf Aequitas beruhenden Modification rechtmäßig unterworfen wird, mag nun diese unmittelbar eintreten, oder durch den Prätor und das von ihm geleistete Auxilium aequitatis bewirkt werden.

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