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mit der Leitung der eidgenössischen Angelegenheiten betraut werden. Dieses Ziel behielt er während den Berathungen der neuen Bundesverfassung stetsfort im Auge.

Von der Ansicht ausgehend, der Fortbestand der Mediationsverfassung sei unmöglich geworden, schlug Reinhard vor, die Eidgenossenschaft solle sich zur Abwendung größerer Gefahren provisorisch constituiren. Nun enstanden andere Zweifel, ob die Versammluug sich in der Eigenschaft als Tagsayung constituiren könne oder ob sie blos die Bezeich-. nung eines eidgenössischen Rathes annehmen solle. In Berücksichtigung, daß bei den ungewissen Verhältnissen eine vorläufige Constituirung der Tagsaßung unangenehme Verwicklungen nach sich ziehen könnte, wurde einstimmig beschlossen: „als eidgenössische Versammlung bei dem Landammann zu „zu bleiben.“ Nun lud Reinhard vorerst bloß die Abge= ordneten der alten Stände Zürich, Uri, Luzern, Glarus, Zug, Freiburg, Basel, Schaffhausen und Appenzell auf den Nachmittag in seine Wohnung ein, um wenigstens Vorberathungen zu treffen.*) Hier wurde nun zuerst ein Ausschuß bestellt mit dem Auftrage Vorschläge zu einer provisorischen Organisation des Bundesvereins zu bringen. Am 29. wurde der Vorschlag zur Uebereinkunft vorgelegt, deren wesentlicher Inhalt folgender war:

Die versammelten Stände hätten sich nach reifer Berathung überzeugt, daß nach den von außen her und im Innern der Schweiz stattgefundenen Ereignissen die Mediationsverfassung nicht weiteren Bestand haben könne, daß es aber für die Wohlfahrt des Vaterlandes nothwendig sei,

*) Von Bern, Unterwalden, Solothurn, Teffin, Schwyz und Graubünden waren noch keine Gesandtschaften eingetroffen. Die Abgeordneten von Schwyz Alois Reding, Franz Xaver Weber und Landeshauptmann Auf der Mauer trafen erst in der Nacht vom 28. auf den 29. Dez. ein.

den alten eidgenössischen Verband beizubehalten, deßhalb sei man übereingekommen:

1) im Geiste des alten Bundes sich gegenseitig Hülfe und Unterstützung zuzusichern,

2) sämmtliche Kantone, alte und neue, zu diesem Bündniß einzuladen,

3) es dürfen keine Unterthanenverhältnisse mehr hergestellt werden,

4) der alte eidgenössische Vorort Zürich habe bis die Verhältnisse der Stände unter sich fest bestimmt seien, die Leitung der Bundesangelegenheiten zu besorgen.*)

Der Gesandte von Schwyz ergriff nun zuerst das Wort und sagte: Da der Fortbestand der Vermittlungsakte unmöglich geworden sei, so möchte Zürich eingeladen werden, als alter eidgenössischer Vorort die allgemeine Leitung der Bundesangelegenheiten zu übernehmen. Die übrigen Gesandten schlossen sich dieser Ansicht an, und nachdem die vorgelegte Uebereinkunft von den anwesenden Vertretern unterzeichnet war, wurde eine Abordnung an den kleinen Rath von Zürich bestellt, um ihn zu ersuchen Namens des hohen Standes von Zürich wieder als eidgenössischer Vorort aufzutreten und von nun an, wie im Laufe von mehr als vier Jahrhunderten, die Leitung der gemeinsamen Bundesangelegenheiten zu übernehmen. Der kleine Rath von Zürich antwortete, er erkenne dankbar das Vertrauen der Stånde an und er sei geneigt, demselben durch einstweiliges Uebernehmen des ehrenvollen und schwierigen Vorsizes zu ent= sprechen.

In der Nachmittagssizung wurden nun auch die in Zürich anwesenden Vertreter der vier neuen Kantone

*) Diese Uebereinkunft ist im ersten Band p. 720 ausführlich enthalten.

St. Gallen, Thurgau, Aargau und Waadt beigezogen. Sie erflärten, daß sie in Berücksichtigung der inneren und äußeren ́Lage des Vaterlandes den gerechten liberalen und wahrhaft eidgenössischen Grundsätzen, welche in der beschlossenen Uebereinkunft enthalten seien, dem neuen Bunde unter Vorbehalt der Genehmigung ihrer Kantonsregierungen beitreten. Es wurde darauf beschlossen, den fünf Ständen, Bern, Unterwalden, Solothurn, Graubünden und Tessin von den getroffenen Verhandlungen Mittheilung zu machen und sie ebenfalls zum Beitritt einzuladen.

Am 30.Dec. traf Regierungsrath Monod v. Waadtin Zürich ein. Er kam aus dem Hauptquartier der verbündeten Mächte, wo er eine ansgezeichnete Aufnahme gefunden und sich einige Tage aufgehalten hatte. Kaiser Alexander sprach mit hoher Achtung von seinem einstigen Lehrer La Harpe und erklärte, daß er an die Erinnerung dieses hochgeschäßten Mannes ein besonderes Wohlwollen für die Schweiz_knüpfe.*)

Gleichen Tages erschienen zwei Abgeordnete der Regierungskommission von Bern, die Rathsherren Fellenberg und Thormann, mit einem Schreiben, in welchem die Bernerherren die stattgehabten Vorgänge zu rechtfertigen suchten. Eie behaupteten, die Lage des Kantons Bern sei in Bezug auf Vergangenheit und Gegenwart von derjenigen anderer Stände sehr verschieden. Bern vertraue dem ang stammten Rechtsgefühl der Eidgenossen, daß sie ihm wieder zu dem Besiz jener Gebietstheile verhelfen, aus welchem es im Jahr 1798 durch Waffengewalt verdrängt worden. Bezüglich der geschlossenen Uebereinkunft, deren Beitritt die Standeskommission ablehnte, wurde erklärt: „Bern hätte erwartet, die „Einladung zum Beitritt für die neue Bundesakte würde

*) Korrespondenz der Allgemeinen Augsburgerzeitung vom 31. Dec. 1813.

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