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gemeinschaftliche Verwaltung einführe, müsse aber auf der Aufhebung des Eides beharren.

Hierauf gab die eidgenössische Militärkommission dem Obersten Hauser die Weisung, bei dem ersten Anlasse den drei Dörfern zu erklären, daß die Tagsatzung den der Stadt Biel geleisteten Eid nicht anerkenne. Auch der Stadt Biel wurde angezeigt, daß die Tagsatzung den Eid mißbillige; damit war die Aufforderung verbunden, dem Gouverneur Genugthuung zu geben und demselben eine für die Stadt und die Dorfgemeinden gemeinschaftliche Organisation vorzuschlagen. Nach den durch die Bielergesandtschaft in Wien erhaltenen Weisungen beharrte der Rath in seiner Stellung und protestirte feierlichst gegen die Drohung, daß der Gouverneur die drei Dörfer in Besit nehme. Am 20. Dezbr. wurde abermals eine Gesandtschaft nach Zürich abgeordnet, welche dem Präsidenten der Tagsaßung eine Denkschrift überreichte. Mit Bedauern vernahm die Bundesversammlung aus dieser Schrift, daß aller Vorschläge ungeachtet die Anstände nicht beseitigt seien, und ermahnte, man möchte den. Zeitumständen Rechnung tragen.

Am 21. Dezbr. erkannte die Gemeindsversammlung von Bözingen: Daß die Gemeinde seit undenklichen Zeiten, laut Traktaten, Gerichts- und Kriegsangehörige der Stadt Biel gewesen. Zugleich verwahrte sie sich auf den Fall, daß sie durch die Uebermacht einer andern Gerichtsbarkeit unterwor fen werden sollte.

Werfen wir noch einen Blick auf die andern Theile des Bisthums. Von Pruntrut aus wurde von einer Partei eine Deputation nach Paris abgeordnet, die den Wunsch aussprach mit Frankreich vereinigt zu bleiben. Von anderer Seite dagegen erschienen Abgesandte am Wienerkongreß (Bilieur und Delefils), welche in einer Eingabe vom 16. Jan. 1815 Vereinigung des Bisthums Basel mit der Schweiz, sei

es unter der Regierung ihrer ehemaligen Fürstbischöfe, oder als selbstständiger Kanton begehrten, bemerkend, sie können nicht glauben, daß diesem Landestheile einzig das traurige Loos vorbehalten sei, seine Unabhängigkeit zu verlieren und der übel verstandenen Bequemlichkeit gewisser Kantone geopfert zu werden.

Aus dem Erguel erließ ein sogenanntes Comite unterm 1. Oktober 1814 eine Bittschrift an die alliirten Mächte, da hin zielend, es möchte gedachter Landschaft vergönnt werden, mit dem übrigen Theile des Fürstenthums Pruntrut einen eigenen Schweizerkanton zu bilden. Dabei wurde der Wunsch geäußert, eine liberale auf die Nationalrepräsentation gegründete Verfassung zu erhalten, aus einem souveränen Rathe, einem Staatsrathe und einer vollziehenden Gewalt bestehend, mit der beigefügten Bitte, es möchte der damals noch lebende Fürstbischof, unter dessen Vorfahren sie Jahrhunderte hindurch glücklich gewesen, die Vollziehungsgewalt ausüben. Sollten aber diesem Wunsche unübersteigliche Hindernisse im Wege stehen, so würden sich die Gemeinden des Erguel damit beruhigen, daß das ganze Fürstenthum, oder wenigstens der südliche reformirte Theil desselben mit dem Kanton Bern vereinigt werde.

Eine andere Partei des Erguels dagegen wünschte in Vereinigung mit Biel einen eigenen Kanton zu bilden, sonst aber Anschluß an den Kanton Bern.

Das Münsterthal endlich hatte sich ebenfalls in einer Bittschrift vom 4. Oktober an die alliirten Mächte gewendet und daran erinnert, daß diese Thalschaft unter der Regierung der Fürstbischöfe Jahrhunderte hindurch in inniger Verbindung mit der Stadt und Republik Bern gestanden, deren Wohlthaten noch in Aller Herzen lebten. Es wurde daher Vereinigung mit Bern gewünscht.

So war die Lage der Dinge, als in den ersten Tagen

März 1815 die Schreckensnachricht kam, Napoleon habe die Insel Elba verlassen, an der Küste Frankreichs gelandet und ziehe bereits siegreich über Lyon gegen Paris. Ein panischer Schrecken ergriff die provisorische Regierung von Biel, indem sie fürchtete, für ihren Abfall bestraft zu werden, wenn der entthronte Kaiser wieder Herr von Frankreich werden sollte. Die weitere Entwicklung werden wir in einem spätern Kapitel erzählen.

XIX.

Verhältniß der Schweiz zu den Häuptern der Alliirten und deren Gesandten. Wohlthätiger Einfluß von Cäsar La Harpe auf seinen ehemaligen Zögling, den Kaiser Alexander; günstige Cinwirkung dieses lehtern und seines außerordentlichen Ministers auf die schweizerischen Angelegenheiten.

Es herrschte lange Zeit eine sehr verbreitete Meinung, die verbündeten Mächte hätten ihre Kriegsheere deßhalb in die Schweiz einrücken lassen, um die vor 1798 bestandenen politischen Verhältnisse wieder herzustellen und zugleich die Schweiz von dem Einfluß Frankreichs zu befreien. Letzteres ist richtig; das Erstere dagegen beruht auf Irrthum. Die verbündeten Mächte sahen es freilich gerne, wenn die von Napoleon der Schweiz aufgedrungene Mediationsverfassung aufgehoben wurde, obwohl sie dieß niemals mit Bestimmtheit verlangten. In mehreren Kantonen bestanden Verfassung und Behörden noch längere Zeit nach dem Einmarsch fremder Truppen fort, ohne daß deßhalb irgendwelche Be

merkungen gemacht wurden. Es hat sich die Schweiz in Wirklichkeit über die verbündeten Monarchen nicht zu beklagen; sie wurde nicht als erobertes Land behandelt; die Bundesverfassung wurde ihr nicht oftroirt, und wenn auch die Minister Oestreichs und Rußlands sich bisweilen vermittelnd in die Verhandlungen der Bundesversammlung oder in die Angelegenheiten einzelner Kantone einmischten, so ge schah es meistens erst, nachdem sie von einer Seite dazu angesprochen worden, und dann befürworteten sie, wenige Ausnahmen abgerechnet, die Anerkennung freisinniger Grundsāze und verlangten namentlich, daß die mit der Republik unverträglichenUnterthanenverhältnisse nicht wieder eingeführt werden.

Sehr viel hat die Schweiz in dieser Beziehung dem bes rühmten Waadtländerbürger Cäsar Friedrich La Harpe, dem gewesenen Lehrer des russischen Kaisers Alexander, zu verdanken. La Harpe war ein aufrichtiger Republikaner und bot alle seine Kräfte auf, um seinem Heimathkanton die Freiheit, Unabhängigkeit und die republikanische Verfassung zu erhalten, und es gelang ihm, hiefür sowohl den Kaiser Alexander als seinen Minister Capo d'Istria, der als Grieche eine vorherrschend demokratische Gesinnung und für die Schweiz großes Wohlwollen hatte, zu gewinnen. Troß der fast alle Begriffe übersteigenden Anstrengungen der Berneraristokratie, die Waadt und den Aargau wieder unter ihre Herrschaft zu bringen, blieben diese beiden Stände frei, was für die spåtere politische Fortentwicklung der Schweiz von großer Bedeutung war. Die Tagsabung erhielt deßhalb eine ganz andere Färbung. Zwei gewichtige Stimmen waren während der Restaurationsperiode mehr für die Sache des Fortschritts oder besser gesagt, es waren zwei Stimmen mehr, um einen größern Rückschritt zu verhindern.

Wir haben bereits oben erwähnt, daß die verbündeten Monarchen nicht in feindlicher Absicht mit ihren Heeren den

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Cafar Friedrich Laharpe,

gewesenes Mitglied des helvetischen Vollziehungsdirektoriums und Erzieher des Kaisers Alexander.

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