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„schrift ohne Unterzeichnung hinlänglich sein, und weil ich ,eben im Begriffe stand, nach Zürich zurück zu reisen, so „ersuchten mich die drei Bürger von Freiburg, bei einem Minister Erkundigungen einzuziehen, ob der verabredete „Schritt eine günstige Aufnahme zu gewärtigen hätte. Ich ,,that es, die Minister billigten die Sache."

Durch die Beschlußnahme der Tagsaßung waren die Minister der verbündeten Mächte nicht befriedigt

Der schweizerische Gesandte am Wienercongreß, Hr. v. Montenach, erhielt deßhalb im März eine Verbalnote von den östreichischen und russischen Ministern, worin sie als Genugthuung für die in den Strafurtheilen über angebliche Staatsverbrecher gegen sie enthaltenen Beleidigungen ihres diplomatischen Charakters eine unverzögerte Amnestieerklärung für die Freiburgerangehörigen, welche zum Behufe einer Verfassungsveränderung Schritte gethan hatten, verlangten. Von Montenach übermachte diese Note der Regierung seines Standes: diese verweigerte die verlangte Amnestie, vorgebend, sie könne in die Competenzen der Gerichte nicht eingreifen. Indeß sprach unterm 18. Juli 1815 der Große Rath eine allgemeine Verzeihung aus, jedoch unter der für einen freien Bürger äußerst demüthigen Bedingung, daß Jeder, der ihrer theilhaftig werden wollte, der Regierung Treue und Gehorsam schwören mußte.

Folgendes war die jedes republikanische Gefühl empörende Eidesformel, welche die Amnestirten beschwören sollten: „Ich verheiße und schwöre treu und gehorsam zu sein Ihren ,,Ercellenzen meinen souveränen gnädigen Herren Kleinen ,,und Großzen Räthen der Stadt und Republik Freiburg, als ,,meinem rechtmäßigen Souverän, dessen Ehre und Vor,,theil bei jedem Anlasse zu befördern, ihn zu vertheidigen ,,auf Kosten meines Vermögens und meines Lebens; alles „mit Anstrengung aller meiner Kräfte zu hindern, was die

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ihm schuldige Hochachtung und Gehorsam schwächen oder zerstören könnte, zu verzeigen und anzugeben, wem es ge„bührt jede Unternehmung oder Anschlag, die zu meiner „Kenntniß gelangt, und deren Zwecke dahin gienge, die be„stehende Ordnung der Dinge zu gefährden oder umzuwälzen. Alles ohne Betrug und Arglist."

Mehrere der Verurtheilten fonnten es mit der Würde ihres Charakters, mit der Würde eines Menschen, mit der Würde eines republikanisch gesinnten Bürgers nicht vereinen, eine Eidesformel zu beschwören, worin sie auf ihre politische Ueberzeugung verzichten sollten, und die Denunziationspflicht ihnen zur Gewissenssache gemacht wurde. Zu diesen gehörten Joseph Paroman, Wilhelm d'Affry und Commissär Wicki.

Zwei Verurtheilte, welche landesflüchtig waren, sollten übrigens dieser Amnestie nicht theilhaftig werden.

So verfuhren die Oligarchen von Freiburg gegen Bürger, welche sie um ihre politische Freiheit gebracht, die sie wieder zu Unterthanen herabgewürdigt hatten, im Vorgeben, es liege dieß im Willen der verbündeten Mächte, während diese sich bei jedem Anlasse dahin aussprachen, daß sie sich, ohne Noth, nicht in die innern Angelegenheiten der Schweiz mijchen wollten. Wer muß nicht über den niederträchtigen Verrath, über die empörenden Gewaltthätigkeiten der Berner-, Freiburger- und Solothurner-Aristokraten entrüstet werden, wenn er diese Blätter aufschlägt. Wahrlich die Geschichte der zwei Jahre, welche wir hier beschreiben, bietet ein düsteres Gemälde. Mit tiefer Beschämung muß jeder brave Echweizer auf jene Tage zurückblicken. *)

*) Um jene Zeit wurde im Kanton Freiburg noch eine hohe Kriegssteuer erhoben; zwei vom 1000 des Werthes von Grundstücken, 1 vom 1000 von Gebäuden und Kapitalien, 2. 8 von jedem Kutschen oder Reitpferd, das zum Vergnügen gehalten wurde. Ueberdieß wurde noch eine Gewerbesteuer bezogen.

V.

Vorgänge in Luzern, Sturz der Mediationsregierung durch einen Gewaltstreich der Aristokraten. Schultheiß Rüttimann wird Verräther an den Liberalen. Verhalten des Landammanns Reinhard und der Bernerregierung.

Mit größeren Schwierigkeiten hatten die Aristokraten in Luzern zu kämpfen, um die Mediationsregierung zu stürzen und die Herrschaft über das Luzernervolk an sich zu reißen. Es waren dort Männer in der Regierung, der Sache des Volkes redlich zugethan; dagegen befanden sich auch dort falsche Elemente, die ungeachtet des geleisteten Amtseides den Reaktionsumtrieben jeden möglichen Vorschub leisteten. Ein redlicher und treuer Republikaner, der die Sache des Voltes vertrat, war der hochgeachtete Schultheiß Krauer, wogegen die Aristokraten in der Mitte der Regierung durch Rüttimann vertreten wurden.

Nicht minder herrschsüchtig, als in andern Kantonen, wo während Jahrhunderten eine bevorrechtigte Kaste das Regiment führte und das Volk in politischer Sclaverei sich befand, waren die Patrizier in Luzern. Auch hier verlang ten die alten gnädigen Herren wieder die Herrschaft über das Volk, wie sie solche vor 1798 besessen.

Man mußte Anfangs Januar einen gewaltthätigen Uleberfall von Seite der Aristokraten besorgen. Die Standeskommission ordnete deßhalb Sicherheitsmaßregeln an. Unterm 12. Januar beauftragte sie nach stattgefundener Aufnahme in Eidespflicht den Oberstlieutenant Gneichen, daß er: „Sobald die verfassungsmäßige Regierung in ihrer ausübenden „Gewalt behindert werden sollte, die ganze Mannschaft aller „vier Auszüge, sowie die Artilleristen und Husaren und so

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gar, wenn er es den Umständen angemessen fände, die ganze „Vannschaft aller Waffengattungen der Reserve des Quar„tiers Luzern zusammenberufe, und den Sammelplatz für die Mannschaft auf der rechten Seite der Reuß in dem Kloster „auf dem Wesemlin und für die auf der linken Seite bei „dem Emmenbaum zu bestimmen und mit dieser bewaffneten Mannschaft die jetzigen verfassungsmäßigen Glieder des „Großen und Kleinen Rathes insgesammt und insbesondere zu schützen." Ueberdieß erhielt Großrath Bernhard Schwander von Emmen Vollmacht, wenn der Fall eintreten und der Große Rath verhindert werden sollte, seine Sitzungen am gewöhnlichen Orte zu halten, denselben sofort nach Sempach einzuberufen, wo dann in Abwesenheit der beiden Schultheißen ein Vorstand aus der Mitte der Versammlung ge= wählt werden sollte, mit der Ermächtigung, alle diejenigen Anordnungen zu treffen, welche zur Behauptung der souverinen Gewalt nothwendig sein möchten.

Am 17. Jan. wurde dem außerordentlich versammelten Großen Rath Bericht über die Lage der Dinge gegeben und beantragt, es möchten neue Vollmachten gegeben werden. Die Versammlung befaßte sich jedoch vorerst mit andern Gegenständen, so daß es zu keinem Beschluß kam. Tags darauf wurde von aristokratischer Seite der Antrag gestellt, der Große Rath solle seine Gewalt in die Hand der vor der Umwälzung bestandenen Regierung niederlegen, die am 31. Jan. 1798 nur deßwegen abgegeben habe, weil ihr von französischen Agenten die trügerische Hoffnung gemacht worden. sei, die Kantone der Innerschweiz würden alsdann von dem Einmarsch fremder Truppen verschont bleiben. Nach langer Erörterung und hißigem Kampfe wurde am 19. mit 42 gegen 10 Stimmen beschlossen: „Die mediationsmäßige Regierung werde ihre Gewalt nicht an die ehemalige Regie

,,rung abgeben, zumal sich die alliirten Mächte keineswegs „für die Herstellung der alten Ordnung erklärt haben.“

Durch eine beförderlichst zu erlassende Proklamation sollten die Ruhestörer mit Strafe bedroht werden. Troz dieses Beschlusses waren die ehemaligen aristokratischen Regenten keineswegs eingeschüchtert. Vielmehr reichten gleich am folgenden Tage (20. Jan.) die Mitglieder der ehemaligen Regierung der Stadt und Republik Luzern den ver sammelten Klein- und Großräthen eine von ihnen unterzeich nete Denkschrift ein, worin sie sagten:

„Tit.! Die Mediationsakte wurde den 29. Dezember „leßthin durch die Uebereinkunft der in Zürich versammelten Deputirten der Mediationsregierung aufgehoben. Infolge „dieser Erklärung eristiren die durch die Mediationsakte auf"gestellten Regierungen nur noch provisorisch. Bei der Lage, „in welcher sich die gegenwärtige Regierung befindet, hat „ihre Vollmacht aufgehört, sie hat als eine constituirte Ge,,walt jene nicht, eine neue Verfassung zu entwerfen noch „einen zukünftigen Zustand zu bedingen. Die Aufhebung „des gegenwärtigen Zustandes muß nothwendig zur Wiedereinführung des ehemaligen führen, zwischen welchen kein Mittelding stattfinden kann.

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„Diese Forderung ist nicht bloß staatsrechtlich an sich „erwiesen, sondern auch bedingt durch die Umstände und Er„eignisse, die die alles leitende Hand der Vorsehung zur Wie„derherstellung öffentlicher Ruhe undOrdnung herbeiführten.*) "Sie entspricht endlich der Absicht der hohen Alliirten, die sich vereinigen, Ruhe und Frieden in Europa wieder herzustellen und den bedrohten Nationen die ihnen gebührende "Unabhängigkeit zu sichern. Der aufgestellte Grundsaß der

*) Wir werden bald sehen, daß die Herren durch einen Gewaltstreich der Vorsehung vorgriffen.

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