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zogthümern Parma und Piacenza in die Winterquartiere zu verlegen. „Es ist in Italien wohl niemals erhört worden," schrieb Maria Theresia ihrem Bevollmächtigten in London, „daß man im Monate Au,,gust die Winterquartiere beziehen und noch vor Ablauf desselben den ,,Kriegsoperationen ein Ende machen will ")." Da man gegen den Willen der Königin mit dem größten Theile der Truppen schon bis in das Herzogthum Modena zurückgewichen war, so forderte sie, daß man alsbald wieder den Panaro überschreite. Es sei dieß um so nöthiger, als die Zurückberufung Montemars nach Spanien und die Uebertragung des Commando's an den jüngeren und energischen Grafen von Gages eine nachdrücklichere Kriegführung von Seite des Feindes erwarten lasse. Wolle König Karl Emanuel seine Streitkräfte an den erneuerten kriegerischen Unternehmungen gegen die Spanier durchaus nicht Theil nehmen lassen, so möge Traun so viel österreichische Truppen als nur immer möglich an sich ziehen und mit ihnen allein in den Kirchenstaat vordringen ").

Der Feldmarschall bezeigte jedoch selbst nur geringe Lust zu dem Wagestück, mit einer schwächeren Heeresmacht den Spaniern in offenem Kampfe zu begegnen. Man war in Wien um so unzufriedener damit, als im Gegensaße zu Traun die meisten der ihm beigegebenen Generale es für leicht ausführbar erklärten, selbst mit den österreichischeu Truppen allein über den Panaro zu gehen "). Alsogleich regten sich wider die Stimmen, welche auf Trauns Abberufung aus Italien und seine Erseßung durch den Prinzen von Hildburgshausen drangen. Wie gewöhnlich, so wurde auch jeßt wieder diese Meinung von Bartenstein am heftigsten verfochten. Er bezeichnete Traun als völlig unter dem sardinischen Einflusse stehend, denn der Piemontese Ferretti sei es, der ihn unumschränkt regiere "). Allerdings sei Traun der ehrenwerthefte Mann von der Welt, aber allzu gutmüthig für den Posten, den er gegenwärtig bekleide "). Das Bertrauen, welches er in die Redlichkeit Sardiniens seße, könne nur mit dem Worte „einfältig“ bezeichnet werden").

Wie dem auch sein mochte, das ist nicht zu leugnen, daß Trauns Bedenklichkeit, sie mochte nun gegründet sein oder nicht, an der Ver

zögerung entscheidender Unternehmungen nicht viel geringere Schuld trug, als die stete Weigerung des Königs von Sardinien, sich hieran zu betheiligen. Mit fruchtlosen Unterhandlungen verfloß die günstigste Zeit. Sowohl an der Zustandebringung des definitiven Bündnisses mit Sardinien, als an der Wiederherstellung des befriedigenden Einvernehmens mit dem heiligen Stuhle wurde unablässig gearbeitet. Nicht gegen die Person des Papstes, welchem sie immer kindliche Ehrerbietung bewahren werde, wohl aber gegen seine Umgebung habe fie, so wurde von Maria Theresia erklärt, die gewichtigsten Gründe zu lebhafter Beschwerde. Außer Valenti seien es noch die Cardinäle Delci und Alberoni, päpstliche Legaten zu Ferrara und zu Bologna, welche die übertriebenste Parteilichkeit für die spanische Regierung und ihre Truppen, gegen die Oesterreicher aber offene Feindseligkeit an den Tag legten. Sie sei fest entschlossen, auf der Entfernung der beiden Leşteren von ihren gegenwärtigen Posten zu bestehen. Und was Valenti betreffe, so müsse sie verlangen, daß er von jeder Einwirkung auf die Verhandlungen des heiligen Stuhles mit Desterreich ausgeschlossen werde. Unter dieser Bedingung wolle sie ihm auch seine mit Beschlag belegten Einkünfte nicht länger vorenthalten ").

Maria Theresia's Klagen wurden bei dem heiligen Stuhle in ausgiebigster Weise durch die lebhaften Beschwerden unterstüßt, welche die Bevölkerung des Kirchenstaates, insbesondere diejenige von Bologna, gegen die Bedrückungen erhob, die sie von Seite der Spanier erlitt 1). Den Bemühungen des päpstlichen Legaten in dieser Stadt, jenes Alberoni, dessen unruhiger Ehrgeiz einst ganz Europa in fieberhafte Aufregung verjeßt, und der auch jezt noch, ein Greis von nahezu achtzig Jahren, der alten Feindschaft gegen das Haus Desterreich nicht entsagt hatte, gelang es troß seiner Parteilichkeit für Spanien nicht, die Anklagen wider dessen Truppen verstummen zu machen. Das jezt von dem Grafen von Gages befehligte Heer war nach dem Rückzuge der Desterreicher und Piemontesen wieder in die Legationen vorgedrungen. Rings um Bologna vertheilt, bereitete es sich vor, die entscheidende Unternehmung auszuführen, zu welcher die Königin Elisabeth den gemessenen Befehl

ertheilt hatte.

Denn auf die Gegenvorstellungen des Grafen von Gages, der die Winterzeit hiezu als nicht geeignet ansah, war ihm erwidert worden, er möge entweder dem empfangenen Auftrage nachkommen oder das Commando an den General abgeben, welcher nach ihm der Aelteste im Range sei.

Gages erklärte daher seinen Generalen, es handle sich nicht mehr darum zu entscheiden, ob es überhaupt zweckmäßig sei, eine Schlacht zu liefern, sondern nur darum, den unvermeidlichen Kampf mit Erfolg zu bestehen. Er beschloß die bei Finale aufgestellte österreichische Heeresabtheilung anzugreifen und sie wo möglich zu schlagen. Nachdem er dieß vollbracht, wollte er den Panaro überschreiten und auf das in dem nahe gelegenen Carpi befindliche Hauptquartier des Grafen Traun fich werfen, dann aber die sardinischen Regimenter überfallen, welche sich unter dem Befehle des Grafen Aspremont bei dem Heere befanden.

Die Geheimhaltung dieses Planes war eine wesentliche Bedingung seines Gelingens. Obgleich der spanische Feldherr keine Vorsichtsmaßregel versäumte. um jede Verlautbarung seines Vorhabens zu hintertreiben, erhielt do Graf Traun zeitlich genug aus Bologna Kunde, daß der Feind sich in Marschbereitschaft seße. Zwar glaubte Traun an eine ernstliche Unternehmung der Spanier nicht; dennoch traf er seine Vorkehrungen, um von dem Gegner nicht überrascht zu werden *2). Die in Finale befindlichen Truppen zog Traun über den Panaro zurück. Als Gages dort eintraf, fand er den Plaß von den Desterreichern geräumt. Er sah wohl, daß sein Plan verrathen worden sei und es sich nicht mehr darum handeln könne, den Grafen Traun zu überfallen. Aber eingedenk der ihm von Madrid aus zugekommenen Aufträge gab er sein Vorhaben nicht auf, sondern ging am 3. Februar 1743 über den Panaro. Nachdem er seinen Truppen die nöthige Zeit zur Ruhe gegönnt, rückte Gages in bester Ordnung bis Camposanto vor.

Graf Trann vermochte nun nicht mehr zu zweifeln, daß es seinem Gegner wirklich um eine Schlacht zu thun sei. Er selbst wünschte

gleichfalls eine solche, denn der Umstand, daß Karl Emanuel den Gedanken, den Infanten Don Philipp aus Savoyen zu vertreiben, völlig aufgegeben zu haben schien, ließ ihn ein geheimes Einverständniß desselben mit der spanischen Regierung besorgen. Nichts konnte eher dazu führen, den wankelmüthigen König dauernd an die Sache des Hauses Desterreich zu fesseln, als ein Sieg seiner Waffen in Italien. Und Graf Aspremont war nicht weniger kampfbegierig als der österreichische Feldmarschall, denn die Gelegenheit, die sardinischen Truppen in offener Feldschlacht zu befehligen, bot sich ihm nicht so leicht zum zweiten Male dar 3). Beide Generale waren daher einmüthig in dem Wunsche, eine Schlacht liefern zu können.

Gleich auf die erste Nachricht von der Annäherung des Feindes rückte Traun bis Buonporto vor. Hier versammelte er alle seine Streitkräfte und erwartete in günstiger Aufstellung den Feind. Sie erschien so vortheilhaft, daß Graf Gages jezt doch Bedenken trug, dieselbe anzugreifen. Er machte Miene, sein Vorhaben aufzugeben und über den Panaro zurückzukehren. Dadurch wäre jedoch dem Grafen Traun die Gelegenheit zur Schlacht wieder entgangen. Der Feldmarschall beschloß also die Offensive zu ergreifen. Noch an demselben Tage, an welchem die Besorgniß in ihm erweckt wurde, Graf Gages könnte wieder in seine frühere Stellung zurückkehren, rückte er gegen Camposanto vor, wo jezt Gages, von der Annäherung des Feldmarschalls unterrichtet, ihn erwartete.

Die Streitkräfte der beiden Gegner mochten an Zahl sich unge= fähr gleichen. Die Spanier waren an Fußvolk, die Desterreicher und Sardinier an Reiterei überlegen. Der rechte Flügel des verbündeten Heeres, aus deutschem Fußvolke gebildet, lehnte sich an die Dämme des Panaro, der linke Flügel, auf welchem sich die sardinische Infanterie befand, wurde durch die gesammte Reiterei unterstützt. Traun selbst nahm seine Stellung im Centrum; der rechte Flügel wurde von Schulenburg, der linke von Aspremont commandirt.

Auch hier wurden, wie es bei Mollwig der Fall gewesen, die Bewegungen des Heeres mit jener unerträglichen Langsamkeit ausges

führt, welche die Kriegführung der damaligen Zeit recht eigentlich charakterisirt. Obgleich Graf Traun, wie er selbst berichtet, schon am 6. Februar mit seiner ganzen Armee nur mehr eine schwache Stunde vom spanischen Heere entfernt, obwohl es ihm um den Angriff in hohem Maße zu thun war, so gelangte er doch erst am 8. Februar, und noch überdicß nicht früher als in den Nachmittagsstunden dazu, denselben wirklich auszuführen. Erst um vier Uhr befand er sich im Angesichte des Feindes, der ihm nun gleichfalls entgegen ging. Ein heftiger Geschüßkampf entspann sich. Eine unpassende, von Traun nicht angeordnete Bewegung der auf dem linken Flügel befindlichen Reiterei brachte dieselbe in den Bereich des Feuers der spanischen Infanterie, welche die zerstreuten Häuser vor Camposanto besezt hielt. Während die Reiterei der Verbündeten hierunter empfindlich litt, wurde sie von der spanischen Cavallerie mit Ungestüm angegriffen. Nach kurzem Schwanken wendete sich die österreichische und die piemontesische Reiterei und verließ fliehend das Schlachtfeld. Doch gelang es den Bemühungen des Generalfeldwachtmeisters Grafen von St. Pierre, sie wieder zu sammeln und freilich erst gegen Ende des Kampfes in denselben zurückzuführen.

So tadelnswerth die Haltung der Reiterei, so ruhmwürdig war diejenige des Fußvolkes und seiner Führer. Als der Feldmarschall sah, daß durch die Flucht der Cavallerie die Flanke des linken Flügels bloß gegeben war, zog er zwei slavonische Regimenter zu dessen Unterstügung herbei. In bester Ordnung rückte er der spanischen Infanterie entgegen, welche in dichtgedrängten Reihen gegen die Verbündeten vordrang. Ein furchtbares Handgemenge entspann sich; Graf Aspremont fiel schwer verwundet. Die Piemontesen, durch dieses Ereigniß aus der Fassung gebracht, geriethen in Unordnung und suchten Schuß hinter dem zweiten Treffen. Der sardinische General Freiherr von Leutrum aber, der dasselbe befehligte, wartete nicht erst ab, bis er angegriffen würde. Er stürzte sich auf die Spanier und drängte sie zurück. Das Gleiche geschah um dieselbe Zeit auf dem rechten Flügel, wo das deutsche Fußvolk unter Trauns und Schulenburgs

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