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Anhänglichkeit wegen belobt. Der Oberhauptmann von Escherich zu Krumau wird als der Erste genannt, welcher den österreichischen Behörden von den Bewegungen der anrückenden Feinde Kenntniß gab. Die Städte Budweis, Tabor, Piljen, Klattau und viele andere hatten unerschütterliche Treue bewiesen. Und was Prag betrifft, so genügt es auf die Worte hinzuweisen, deren Belleisle sich gegen Seckendorff bediente. Er erklärte, daß er in jedem Bewohner der Hauptstadt einen Gegner habe erblicken müssen. Das Landvolk endlich zeigte sich mit Ausnahme der wenigen Orte, an welchen es David und seinen Genossen gelungen war, dasselbe durch Versprechungen zu bethören, dem Hause Oesterreich und der rechtmäßigen Beherrscherin anhänglich. Den besten Beweis dieser Gesinnung lieferte es durch die rasche Bereitwilligkeit, mit der es den österreichischen Truppen Beistand und Mithülfe angedeihen ließ im Kampfe wider Maria Theresia's Feinde.

Einen ungemein lebhaften Ausdruck fand die Anhänglichkeit der Bevölkerung Böhmens denn auch in dem Augenblicke, als die Königin in das Land kam, um sich dessen Krone feierlich auf das Haupt seßen zu lassen.

Am Morgen des 25. April 1743 trat Maria Theresia in Begleitung des Großherzogs die Reise nach Böhmen an. Ueber Stockerau nach Znaim, wo das erste Nachtlager gehalten wurde, begab sich die Königin nach Pürniß, wo Graf Collalto sie prächtig bewirthete. An der Grenze Böhmens, zu Pfauendorf, wurde sie von dem Oberstlehenrichter Grafen Philipp Gallas und dem Landesunterkämmerer Netoligky empfangen. Gleiches geschah durch Schaffgotsch und Stephan Kinsky zu Brandeis, wo Maria Theresia am 27. eintraf. Am 29. April erfolgte der feierliche Einzug in Prag.

Beklagenswerth war der Anblick der Vorstädte, welche während einer zweimaligen Belagerung in Schutt gesunken waren, beklagenswerth der Anblick der Stadt, in der die Kirchen, Paläste und Häuser zum großen Theile in Trümmern lagen. Doch hatte man die Stra= ßen, durch welche die Königin ihren Weg nahm, glänzend geschmückt,

und ein Augen cuge erblickt hierin einen sprechenden Beweis für den Reichthum des Adels und des ganzen Landes *").

In einem kostbar verzierten Wagen fuhr die Königin, den Großherzog zur Linken, unter zahlreichem Geleite des Adels und der Bürgerschaft durch das Roßthor in die Stadt. Am Eingange derselben überreichte ihr der Bürgermeister der Altstadt, Herr Johann Wenzel Friedrich mit einer deutschen Anrede die Schlüssel von Prag. Alle Straßen, durch welche der Zug ging, waren mit jubelndem Volfe erfüllt. Vor der Universität wurde die Königin von dem Dekan der theologischen Fakultät in lateinischer Sprache bewillkommt. Die dritte Anrede hielt der Bürgermeister Schreiber, neuerdings in deutscher Sprache, als der Wagen der Königin das Weichbild des Hradschin berührte. An dem Thore des Domes harrte ihrer der Oberstburggraf, von den Grafen Stephan Kinsky, Philipp Gallas, Wenzel Kokorzowa, Philipp Kolowrat, Franz Leopold Bouquoy und Rudolph Chotek, dem Großprior Königsegg und dem Landesunterkämmerer Netolizky umgeben. Schaffgotsch begrüßte die Königin im Namen der Stände mit einer böhmischen Anrede. Maria Theresia, welche sich bisher der Sprache bedient hatte, in der zu ihr geredet worden war, antwortete hier in deutschen Worten. Nun betrat sie die Kirche, an deren Schwelle statt des aus Prag verwiesenen Erzbischofs der Bischof von Clmüh, Jakob Ernst Graf Liechtenstein, mit den Bischöfen von Leitmerit und Königgrät, dem Domcapitel und fünf und zwanzig insulirten Prälaten sie empfing. Der Bischof von Leitmerit, Herzog Moriz Adolph zu Sachsen-Zeiß hielt die lateinische Anrede. Nachdem die kirchliche Ceremonie vollendet und das Te Deum gesungen war, begab sich Maria Theresia in feierlichem Zuge in das königliche Schloß, wo sie nun für mehrere Wochen den Aufenthalt nahm.

Mit Festlichkeiten aller Art und mit Vorbereitungen zur Krönung selbst vergingen die nächsten Tage. Maria Theresia war Anfangs gesonnen, dieselbe am nächstfolgenden Sonntage, dem 5. Mai vornehmen zu lassen. Die Bedenken des Hofkanzlers Philipp Kinsky gegen diesen Tag und die frühe Morgenstunde, in welcher nach dem

Willen der Königin die Krönung stattfinden sollte, wurden von ihr in ziemlich kategorischer Weise widerlegt. Auf die kurze Frist zu den nöthigen Vorarbeiten hatte er aufmerksam gemacht und außerdem bemerkt, ein Sonntag erscheine darum nicht passend, weil Tags zuvor Fasttag sei und die Bürger schon um 3 Uhr Morgens sich versammeln müßten, somit die Messe nicht hören könnten. Dieß lettere Argument ließ jedoch Maria Theresia ebensowenig als die übrigen Gegengründe gelten. „Darum habe es so früh resolvirt,“ schrieb sie eigenhändig auf Kinsky's Bericht. Zu Preßburg war ,,noch weniger Zeit. Der Landtag in Prag ist von keiner solchen „Importanz, als in Ungarn, wo Alles in drei Tagen geschehen. „Der Kurfürst hat noch weniger Zeit gelassen. Wegen der Tafel „hat es kein Bedenken, werde schon denselben Tag Fisch essen. All„zeit von altem Herkommen sollen die Krönungen an Sönntagen ,,oder wenigstens Feiertagen gehalten werden, welches im Rituale „zu finden ist. Zu Preßburg ist es ebenso gewesen. Kirchen gibt „es genug, daß die Bürger Messe hören können. Ist also Alles „auf die Resolution vorzubereiten, indem ohnedieß „„grandig““ sein „werde, also nicht zu vermehren, und ist nicht zu hoffen, daß das „Erempel der Aufschiebung des Carrousels mir wird künftighin zum Beispiel dienen. Es bleibt bei der Resolution, ohne eine „Stunde zu ändern 51).“

Man sieht an diesen Worten, daß Maria Theresia sich nich gerade in fröhlicher Stimmung befand, und daß sie äußerlich zwar den Abtrünnigen meistens verziehen, im innersten Herzen aber den tiefen Groll wider sie noch immer nicht überwunden hatte. Auch der Ausdruck, dessen sie sich gegen Philipp Kinsky über die böhmische Krone bediente, von der sie behauptete, daß sie einem „Narrenhäubel“ gleiche "), mag zwar als ein scherzhafter aufgefaßt werden; ein gewisser Grad von Mißachtung liegt jedoch immerhin darin. Die Krönung selbst scheint sie als eine nothwendig zu erfüllende Aufgabe, die je eher je besser überstanden sein müsse, und nicht als ein freudvolles Ereigniß betrachtet zu haben. Doch gab sie den Vorstellungen Kinsky's wenigstens insoweit nach, daß sie die Verschiebung der Krönung auf einen späteren Tag erlaubte. Daß sie an einem Sonntage stattfinden solle,

daran hielt jedoch Maria Theresia fest, und es wurde nun der 12. Mai zur Vornahme der Krönung bestimmt.

Am Tage zuvor, dem 11. Mai nahm die Königin die feierliche Huldigung der Stände des Landes entgegen. Es war ein schönes Zusammentreffen, daß am nächsten Morgen, dem Krönungstage selbst, noch ehe die Feierlichkeit begann, der Bote ankam, welcher die Nachricht von dem Siege des Prinzen Karl von Lothringen bei Braunau überbrachte. Allsogleich theilte Maria Theresia ihrer Umgebung die Botschaft mit, allsogleich und mit unglaublicher Schnelligkeit durchdrang fie die Stadt. Ergriffen von einem Taumel freudiger Erregung drängte sich Jeder, der sich nur irgendwie dazu berechtigt glaubte, in die Zimmer der Königin, und man sah Viele, welche die Hände der geliebten Fürstin mit Thränen beneßten "). Dadurch wurde Maria Theresia selbst und mit ihr die unabsehbare Menschenmenge, welche das Schloß umwogte und sich den ungezähmtesten Ausbrüchen des Jubels überließ “), erst recht in die festliche Stimmung verseßt, welche der Feier des Tages geziemte. Das trübe Andenken an das, was früher geschehen war, trat vor der glänzenden Gegenwart ganz in den Hintergrund, und mit der ihr eigenen Wärme der Empfindung überließ sich Maria Theresia dem Eindrucke, den es doch auf sie hervorbringen mußte, daß sie durch die Krönung nun Allen erkennbar in den alleinigen, unbestrittenen Besiß eines ihrer schönsten Erbländer trat. Das gleiche Gefühl durchdrang auch die ganze Bevölkerung. „Einen größeren Tag der „Freude und des Glückes," sagt Capello, welcher der Königin nach „Prag gefolgt war, vermöchte ich nicht zu beschreiben, als derjenige „war, an welchem mit dem Glanze der Feierlichkeit der des Sieges „sich vereinte, welchen Prinz Karl zu Braunau über die kaiserlichen „Truppen erfochten hatte. Die Nachricht kam wenige Augenblicke "zuvor; deßhalb war dieses Ereigniß und dieses Zusammentreffen „ganz geeignet, die Gemüther mit der Hoffnung zu erfüllen, daß „nach der Besiegung des Fürsten, welcher auf jene Krone Anspruch „erhoben hatte, die gerechte Sache ihrer rechtmäßigen Herrscherin „triumphiren werde")."

In Folge des Eintreffens der freudigen Botschaft wurde die Krönungsceremonie um zwei Stunden verschoben. Denn die Königin wollte keinen Augenblick zögern, dem Herrn der Heerschaaren ihren Dank darzubringen für den errungenen Sieg. Darum verfügte sie sich allsogleich in den Dom, um dem Te Deum beizuwohnen. Dann erst wurde die Krönung mit den gewöhnlichen Feierlichkeiten vollzogen. Am folgenden Tage aber, welcher als Maria Theresia's Geburtstag neuerdings festlich begangen wurde, traf General Lucchest zu Prag ein, der Königin als schönstes Angebinde die bei Braunau eroberten Fahnen zu überbringen. Daß Maria Theresia am selben Tage einem Ballfeste beiwohnte, welches ihr zu Ehren der Oberstlandmarschall Graf Franz Heinrich Schlik im Trauttmansdorffischen Palaste") veranstaltete, und daß sie Tags darauf bei dem Grafen Losy zu Stieniß das Mittagsmahl einnahm, mag hier nicht dieser Festlichkeiten wegen, sondern nur darum Erwähnung finden, weil daraus ihr sichtliches Bestreben hervorgeht, den treu gebliebenen Mitgliedern des Adels in jeder Weise ihre Dankbarkeit zu erkennen zu geben. Der Ernennung einer Anzahl aus ihnen zu geheimen Räthen, zu Kämmerern") und zu Rittern vom heiligen Wenzel 5) lag die gleiche Absicht zu Grunde. Und wenn endlich auch dem Grafen Rudolf Chotek auf seinem Gute die Ehre eines Besuches der Königin zu Theil wurde, so mag dieß als ein Zeichen gelten, daß Maria Theresia in richtiger Erkenntniß der hervorragenden Eigenschaften dieses Staatsmannes das Andenken an das Vergangene für immer in Vergessenheit begrub.

Nachdem sie länger als sechs Wochen in Prag verweilt hatte, trat die Königin am 16. Juni die Rückreise an. Sie schlug jedoch nicht allsogleich die Richtung nach Wien ein, sondern begab sich vorerst nach Linz, wo sie am Morgen des 19. Juni ihren Einzug hielt. Längst schon hatte Maria Theresia den Ständen Oberösterreichs erklären lassen, sie wolle dasjenige, was während der Anwesenheit Karl Albrechts von Baiern vorgefallen, der Vergessenheit anheimgeben, indem sie nicht zweifle, daß sie ihr gegenüber nicht geringere Willfährigkeit an den Tag legen würden, als Viele aus ihnen zu Gunsten

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