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geschlossen sei. Erst dann sollten die zugesagten Abtretungen unwiderrufliche Kraft erlangen. Die englische Regierung erhielt die Zusage, daß Desterreich und Sardinien die britischen Unterthanen im Genusse der ihnen zustehenden Handelsvortheile belassen, ja denselben durch eigene Verträge neue Begünstigungen zuwenden würden, so= bald England diese ausdrücklich verlangen sollte.

In dem ersten geheimen Separatartikel") wurde die Aufstellung eines Graubündtnerischen Truppencorps auf Kosten Englands beschlossen. Wichtiger war die Bestimmung des zweiten Separatartikels, demzufolge die drei Mächte zur Herbeiführung der nothwendig gewordenen Beschränkung der Uebermacht des Hauses Bourbon, insbesondere in Italien sich anheischig machten, mit vereinten Kräften zusammenzuwirken, um dasselbe aus Italien überhaupt und namentlich aus Neapel und Sicilien zu vertreiben. Wenn dieß gelänge, sollte der Königin von Ungarn Neapel und der Stato delli Presidii, dem Könige von Sardinien aber Sicilien zu Theil werden.

Der dritte und geheimste Separatartikel enthielt endlich die Bestimmung, daß der König von Sardinien seine Verzichtleistung auf Mailand für den Fall als nichtig ansehe, wenn eine Tochter des Hauses Desterreich, welcher nach der pragmatischen Sanktion diese Erbländer zufallen würden, mit einem Prinzen des Hauses Bourbon vermählt werden sollte.

Dem Vertrage war überdieß eine nur von Wasner und Carteret unterzeichnete Declarationsakte beigefügt, welche jedoch statt der von Maria Theresia verlangten Zusagen über die ihr in Deutschland zuzuwendende Schadloshaltung für den Verlust von Schlesien nur allgemeine, auf keine bestimmte Erwerbung hinweisende Ausdrücke enthielt *). Man war hierüber in Wien in hohem Maße betroffen, und nicht weniger schmerzlich empfand man es, daß während die Bezahlung englischer Subsidien an Sardinien im Vertrage ausdrücklich festgesetzt war, in Bezug auf Desterreich hierüber kein Wort darin vorkam. Wasner wurde beauftragt, die Auswechslung der Ratificationen des Wormser Vertrages nicht eher vorzunehmen, als bis die Fortbezahlung der

bisher gewährten 300,000 Pfund Sterling in der einen oder der anderen Weise sichergestellt wäre.

Anfangs begegnete er bei Lord Carteret dem hartnäckigsten Widerstande. Als derselbe aber den unerschütterlichen Entschluß sah, hinsichtlich dieses Punktes nicht nachzugeben, bequemte er sich zur Unterzeichnung einer Nachtragsconvention, deren Entwurf Wasner ihm vorlegte. Die Bezahlung der 300,000 Pfund wurde für die Dauer des Krieges zugesagt und die Bereitwilligkeit Englands ausgesprochen, der Königin von Ungarn Schadloshaltung für das Vergangene, Sicherstellung für die Zukunft zu gewähren. Sollte wider alles Erwarten der König von Preußen den Breslauer Frieden brechen, so werde England die Garantie dieses Vertrages nicht weniger zu Gunsten der Königin von Ungarn erfüllen, als es dieselbe für den Fall eines Vertragbruches von Seite Desterreichs im Interesse des Königs von Preußen übernommen habe, ein Fall, der übrigens niemals eintreten werde. Maria Theresia verpflichtete sich dagegen, keinen Frieden oder sonstigen Tractat ohne Zustimmung Englands, Rußlands und Hollands abzuschließen, so lang diese Mächte die von ihnen zu Gunsten Desterreichs übernommenen Verpflichtungen treulich erfüllten).

Am 14. Oktober kam diese Convention zu Stande; am gleichen Tage wurden die Ratificationen des Hauptvertrages ausgewechselt. Die Bestimmungen des Leßteren brachten überall in Europa den tief= ften Eindruck hervor. Die Verstimmung über denselben zeigte sich natürlich bei den Mächten am stärksten, gegen welche er gerichtet war. Die drei bourbonischen Höfe und Kaiser Karl VII. mußten als solche angesehen werden. Aber Alle, welche offen oder insgeheim zu ihnen hielten, zählten sich gleichfalls dazu, und da stand denn der König von Preußen in erster Linie. Und selbst von den Regierungen, welche den Vertrag abgeschlossen hatten, zeigte sich nur die englische vollkommen zufrieden mit demselben. Der König von Sardinien glaubte sich über eine allzu geringe Berücksichtigung seiner Wünsche beklagen zu dürfen. Aufrichtiger jedoch und wohl auch berechtigter als diese Beschwerde war der Unmuth, welchen Maria Theresia über die Vertragsbestim= mungen empfand. Man behauptete in Wien, und vielleicht nicht ganz

ohne Grund, der König von Sardinien habe es mit dem Abschlusse eines Bündnisses mit Frankreich nicht ernst gemeint, und die Sache sei nur ein zwischen ihm und dem englischen Staatssekretär abgekartetes Spiel gewesen, um Maria Theresia zur Nachgiebigkeit zu zwingen. So wie England Sardinien beigestanden sei, um die Königin von Ungarn zu den größtmöglichen Zugeständnissen zu drängen, so werde Sardinien jezt England in der Weigerung unterstüßen, dem Hause Desterreich die Echadloshaltung zu Theil werden zu lassen, welche ihm doch die britische Regierung zu so oft wiederholten Malen zugesichert habe). Troß dieser Zusage geschehe von einer Erwerbung Baierns in dem Vertrage gar keine, in der Nachtragsconvention aber nur sehr obenhin und in höchst unbestimmten Ausdrücken Erwähnung.

Maria Theresia theilte jedoch Bartensteins Ansicht") von der unerläßlichen Nothwendigkeit, auf deutschem Gebiete und in unmittel barem Zusammenhange mit ihren Erbländern einen Ersaß für den Verlust Schlesiens zu erlangen. Sie beschloß daher, nur um so entschiedener dem in früherer Zeit von Lord Carteret selbst aufgestellten Grundsaße treu zu bleiben: Baiern zu behalten, ohne viel ,,davon zu reden." Diesem Gedanken paßte der Wiener Hof auch die Stellung an, welche er in den Verhandlungen einnahm, die zur Herbeiführung einer Aussöhnung desselben mit dem Kaiser unablässig, jedoch vorläufig wenigstens ohne irgend welchen Erfolg ge= pflogen wurden.

Die beiderseitigen Anschauungen und Begehren befanden sich eben in einem allzu entschiedenen Gegensaße. Maria Theresia wollte unter jeder Bedingung Baiern behalten, der Kaiser aber durchaus wieder in den Besiß seines Stammlandes gelangen. In ununterbrochen sich wiederholenden Schriften wies er darauf hin, daß der Königin von Ungarn nicht der allergeringste Anspruch auf Baiern gebühre. Er bemühte sich die Besaßung dieses Landes durch die Truppen der Königin und die Einrichtung einer österreichischen Administration in Baiern als eine durch nichts zu rechtfertigende Gewalthat hinzustellen. Der Wiener Hof blieb hierauf die Antwort nicht

schuldig. Er erwiederte, nicht die Königin von Ungarn, sondern der Kurfürst von Baiern habe zuerst den Frieden gebrochen. Ohne jede Veranlassung von ihrer Seite sei er in ihre Staaten eingedrungen, und habe sich zum Beherrscher derselben aufwerfen wollen. Der sichtbaren Einwirkung der Vorsehung müsse es zugeschrieben werden, daß seine Entwürfe gescheitert, seine Truppen aus Desterreich vertrieben, seine Länder im Laufe der Ereignisse des Krieges in die Hände Maria Theresia's gefallen seien. Nichts sei von ihr dort geschehen, was er nicht selbst schon zuvor in Oberösterreich und Böhmen in ungleich höherem Maße gethan habe.

Was die Friedensvorschläge betraf, so waren sie nach dem Scheitern der Anträge, mit welchen Freiherr von Haßlang in London hervorgetreten war, zuerst wieder durch Vermittlung des Prinzen Wilhelm von Hessen erneuert worden. Kurz vor der Dettinger Schlacht trug sie derselbe im Namen des Kaisers dem Könige von England vor. Frankreich solle seine Truppen vom Boden des deutschen Reiches zurückziehen und das Gleiche auch von England geschehen, Baiern seinem Erbherrn zurückgestellt, überhaupt Alles wieder auf den Fuß gesezt werden, wie es zur Zeit des Todes des Kaisers Karl VI. gewesen. Daß hierunter nicht auch die Rückkehr Schlesiens an Desterreich begriffen sei, verstand sich wohl von selbst.

Es kann nicht im Entferntesten Wunder nehmen, daß es den Verbündeten nicht beifiel, auf diese Vorschläge einzugehen. Was ihnen geboten wurde, die Räumung Preußens von den Franzosen, durften fie insbesondere nach dem Siege bei Dettingen von der Fortführung des Krieges mit Zuversicht erwarten. Und sich zu dem zu verstehen, was man von ihnen verlangte, dafür lag in der That kein Anlaß vor. Es war dieß ebensowenig für England wie für Desterreich der Fall. Das Erstere hätte durch den Rückzug seiner Truppen dem eigentlichen Zwecke seiner Kriegführung, der Demüthigung Frankreichs völlig entsagt. Desterreich aber hätte durch die Herausgabe Baierns gleichfalls auf dasjenige verzichtet, wofür es jeßt eigentlich allein noch

Krieg führte, auf die Erlangung eines Schadenersaßes für den Verlust von Schlesien.

Um nun wenigstens einen der beiden Verbündeten für sich zu gewinnen, stand der Kaiser von seinem Verlangen ab, daß auch die englischen Truppen sich aus Deutschland zurückziehen sollten. In der That schien die britische Regierung nun leichter auf seine Begehren eingehen zu wollen. Sie einigte sich sogar mit dem Prinzen Wilhelm von Hessen zu einem Vergleiche, demzufolge Baiern dem Kaiser gegen die Verzichtleistung auf seine Erbrechte an Desterreich eingeräumt werden sollte. Die Erhebung seines Erblandes zu einem Königreiche und die Bezahlung beträchtlicher Geldsummen zur Erhöhung seines Einkommens waren die ferneren Begehren des Kaisers, welche ihm England gleichfalls zuzugestehen schien. Als es jedoch zur wirklichen Ausfertigung der Vergleichsurkunde kam, wurde dieselbe von Lord Carteret unter allerlei Vorwänden hinausgeschoben und endlich ganz unterlassen.

Die britische Regierung wurde hiezu ohne Zweifel durch die Rücksicht auf Maria Theresia und die Ueberzeugung veranlaßt, der Königin solche Bedingungen aufzuerlegen sei gleichbedeutend mit einer Auflösung des Bündnisses mit ihr. Denn in einem Augenblicke, in welchem man ihr so beträchtliche Abtretungen an Sardinien zumuthe, sei es unausführbar, auch die Räumung Baierns zu verlangen. Aufs Aeußerste getrieben, werde sie eher mit Frankreich in Unterhandlungen treten und von dem bisherigen Feinde ein glimpflicheres Verfahren erwarten, als ihre Freunde und Verbündeten gegen fie beobachteten.

Durch das Scheitern seiner Vorschläge ließ sich jedoch der Kaiser nicht davon abhalten, die Verhandlungen fortzuseßen. Nachdem sich sein bisheriger Bevollmächtigter Prinz Wilhelm von Hessen im Mißvergnügen über die Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen nicht ferner dazu gebrauchen ließ, bediente sich Karl VII. jest wieder des Freiherrn von Haßlang, welcher zu Ende des Monats August Lord Carteret einen neuen Vergleichsentwurf vorlegte. Die Bestimmungen desselben glichen jedoch so sehr den früher verworfenen Vorschlägen, daß

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