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auf den Vorschlag der englischen Regierung einzugehen, daß der dritte Theil der ihr vom Parlamente neuerdings verwilligten Subfidien von hundertfünfzigtausend Pfund dem Könige von Polen unter der Bedingung zu Theil werde, allsogleich zwanzigtausend Sachsen zu dem österreichischen Heere in Böhmen stoßen zu lassen. Als aber jest weiter verlangt wurde, daß im Falle der Zurückeroberung Schlesiens die Fürstenthümer Sagan, Glogau und Jauer an Sachsen gelangen sollten "), wurde dieses Begehren als unbillig und unthunlich abgelehnt"). Das schlesische Fürstenthum Crossen mit Züllichau, dann die preußischen Lehen in der Lausiß wolle man jedoch Sachsen zu Theil werden lassen. Und wenn die Waffen der Verbündeten gegen Preußen siegreich wären, würden genug Landstriche verfügbar sein, um Sachfen eine eben so ausgiebige Gebietsvergrößerung zu kommen zu lassen, als es durch die von ihm verlangten drei schlesschen Fürstenthümer erhalten würde 1o). Auf diese Hoffnung hin und da der Verlust von Prag ihn davon überzeugt hatte, fernere Säumniß könne nur neue Nachtheile herbeiführen, zögerte der König von Polen nicht länger, den Abmarsch seiner Truppen nach Böhmen anzuordnen. Auch jezt ging er noch langsam genug von Statten. Erst am 5. Oktober traf das sächsische Armeecorps in Eger, am 15. in Pilsen ein. Am 21. und 22. vereinigten die sächsischen Truppen bei Wosseczan, zwei Stunden nördlich von Chlumeß, mit dem österreichischen Heere. Die gesammte Streitmacht belief sich nun fast auf siebzigtausend Mann, während ihr gegenüber das preußische Heer etwa sechzigtausend Mann zählte.

Trotz dieser Minderzahl seiner Truppen wünschte doch Friedrich lebhaft eine Schlacht, und die Vereinigung der sächsischen mit den österreichischen Streitkräften war ihm insofern nicht unangenehm, als er darauf hoffen zu dürfen glaubte, nun würden sich seine Gegner einem Zusammenstoße nicht länger entziehen. Bei einem solchen werde ihm jedoch die Ueberlegenheit seiner Hauptstärke, des Fußvolkes, den Sieg verschaffen, indem auf dem dortigen durch Hügel, Wälder und Teiche coupirten Terrain die Reiterei der Desterreicher nicht leicht eine angemessene Verwendung zu finden vermöchte. Und ihre irregulären

Truppen, welche im kleinen Kriege so großen Schaden anzurichten im Stande waren, glaubte er in offener Feldschlacht am wenigsten fürchten zu müssen.

Um zu einer solchen zu gelangen, rückte der König am Nachmittage des 24. Oktober in acht Colonnen aus seinem Lager bei Konopischt in südlicher Richtung gegen die Verbündeten vor, welche am vorhergehenden Tage von Wosseczan nach Janowitz aufgebrochen waren. Dort standen sie auf günstig gelegenen Höhen, von welchen herab sie den vor ihrer Fronte fließenden Bach zu übersehen vermochten. Die Uebergangspunkte über denselben waren durch einzelne Dörfer, durch Teiche und fumpfige Stellen beengt und lagen völlig im Bereiche der Geschüße. Die geringsten Schwierigkeiten mochte ein Angriff auf den linken Flügel der Verbündeten zu überwinden haben. Dort verflachten sich die Hügel einiger Maßen, doch waren sie dicht bewaldet und von den sächsischen Truppen stark beseßt 101).

Bei der Annäherung der Preußen verstärkte Prinz Karl die am meisten gefährdete Stellung der Sachsen mit Fußvolk und Reiterei. In der Entfernung einer schwachen Stunde von dem Lager der Verbündeten machte der König Halt und ordnete sein Heer zur Schlacht. Das Gleiche geschah von seinen Gegnern, und so brachten beide Theile die Nacht unter dem Gewehre zu. Karl von Lothringen und Graf Traun befanden sich bei einem Wachfeuer auf dem linken Flügel. Die Vorhut war befehligt, nicht von der Stelle zu rücken, nur Patrouillen auszusenden und vor einem Ueberfalle auf der Hut zu sein. Obgleich helles Mondlicht die Finsterniß verbannte, fiel doch auf keiner Seite ein Schuß 102), und die tiefste Stille schien der unheimliche Vorbote des Schlachtgetümmels zu sein, welches für den nächsten Morgen Jedermann erwartete. Denn auch die preußischen Deserteure, welche während der Nacht kamen, behaupteten Alle, daß mit Anbruch des Tages der Angriff erfolgen werde 103). Wirklich sah man am Morgen des 25. Oktober mehrere preußische Colonnen im Anmarsche gegen das sächsische Armeecorps. Prinz Karl verstärkte dasselbe neuerdings durch zwei Regimenter Infanterie und drei Reiter

regimenter. Der Herzog von Sachsen Weißenfels rückte nun gleichfalls vor und beseßte die vortheilhaftesten Punkte auf den Höhen, um dort die Preußen zu erwarten. König Friedrich hielt jedoch einen Angriff nicht für gerathen. Da auch der rechte Flügel der Verbündeten keine Blößen darbot, gab der König sein Vorhaben auf und kehrte Abends in bester Ordnung nach seinem Lager zurück.

Die Versuchung lag nahe, während dieser rückgängigen Bewegungen den König von Preußen anzugreifen und zu schlagen. Prinz Karl wußte, wie sehr sich Maria Theresia darnach sehnte, den gefährlichsten ihrer Feinde einmal in offener Feldschlacht besiegt zu sehen. Die Königin glaubte darauf hoffen zu dürfen, daß mit einer solchen Niederlage das ganze Gebäude in sich zusammenbrechen werde, welches Friedrich binnen wenig Jahren aufgerichtet hatte, und dem es wenigstens damals an der natürlichen Grundlage, sowie an der festen Verkittung seiner einzelnen Theile noch völlig ges brach. Diese Gesinnung der Königin war auch sonst kein Geheimniß geblieben, und daher drangen denn die jüngeren Generale in den Prinzen, die günstige Gelegenheit und die kampfluftige Stimmung der Truppen zu benüßen. Er möge den Feind angreifen, der seinerseits nicht anzugreifen wage, und in solcher Weise mit einem Schlage den Feldzug schnell und ruhmreich beenden.

Ein so folgenschwerer Entschluß konnte jedoch natürlicher Weise nicht gefaßt werden, ohne die Meinung des Mannes zu vernehmen, welcher dem Prinzen von Lothringen als vornehmster Nathgeber beigesellt war, und der ja auch bei der Ausführung eines solchen Beschlusses das Beste hätte thun müssen. Graf Traun hatte schon in Italien bewiesen, daß er selbst durch die dringendsten Befehle sich nicht zu Maßregeln treiben lasse, die er für verderblich ansehe. Auch jezt sezte er der allgemeinen Aufregung Ruhe und Besonnenheit entgegen. Er erklärte, daß der angreifende Theil, welcher es auch sein möge, unfehlbar geschlagen werden müßte. Daß der König von Preußen dieß einsehe, zeige seine rückgängige Bewegung zur Genüge. Aber auch die Verbündeten würden von dem gleichen Schicksale betroffen

werden. Denn die Beschaffenheit des Bodens, auf welchem man sich schlagen müßte, mache es unthunlich, den Angriff in einer Weise zu vollführen, von der ein Sieg zu erwarten sei.

Es ist längst schon anerkannt, daß die Rathschläge Trauns gar wohlbegründete waren. Schon der Umstand, daß man dem Könige von Preußen eine Schlacht verweigerte, verschlimmerte seine Lage. Da sein zahlreiches Heer in der Gegend von Beneschau alle Lebensmittel aufgezehrt hatte, mußte er sein Lager verlassen und sich in nördlicher Richtung zurückziehen. Anfangs nahm er bei Pischely, am rechten Ufer der Sazawa Stellung. Dann aber wandte er sich mehr gegen Often, und es zeigte sich wohl, daß er die Absicht hege, sich seinem großen Magazine zu Pardubiß zu nähern und die Verbindung mit seinen Ländern sicher zu stellen. Am 4. November lagerte er bei Großgbell, anderthalb Stunden von Kolin. Das Heer der Verbündeten aber traf am folgenden Tage in Kuttenberg ein.

Es war kein geringer Vortheil für Karl von Lothringen, ohne viel eigenes Zuthun ruhig mit ansehen zu können, wie der König von Tag zu Tage mehr Boden in Böhmen verlor. Er durfte schon damals darauf hoffen, daß Friedrich gar bald gezwungen sein werde, entweder Prag und mit der Hauptstadt auch Böhmen aufzugeben, oder Schlesien dem Einfalle der Desterreicher bloßzustellen. Seine Bewegung gegen Kolin deutete darauf hin, daß er auf die Aufrechterhaltung der Verbindung mit Schlesien einen höheren Werth als auf die Behauptung von Prag lege. Doch schien auch die leßtere noch immerhin mit dem Vorsaße vereinbar, wenigstens die nordöstlichen Kreise Böhmens zu behaupten und am rechten Ufer der Elbe die Winterquartiere zu beziehen. Wirklich ging Friedrich am 9. November bei Kolin über die Elbe, verlegte seine Truppen in Cantonirungen und begann die Uebergangspunkte über den Strom zu verschanzen.

Die Hauptaufgabe des Prinzen von Lothringen bestand nun darin, den König an der Verwirklichung dieses Planes zu hindern und ihn zum Rückzuge aus Böhmen zu zwingen Um dieß zu bewerkstelligen, mußten die Verbündeten darnach trachten, gleichfalls über

die Elbe zu gehen und feiten Fuß auf dem rechten Ufer derselben zu fassen. Wenn es noch überdieß gelang, die Preußen von ihrem großen Magazine in Pardubiß abzuschneiden und sich vielleicht sogar des Letteren zu bemächtigen, so durfte man hievon wohl einen entscheidenden Einfluß auf das fernere Schicksal des Königs erwarten.

Während er durch Scheinbewegungen nach verschiedenen Punkten den Feind über seine wahre Absicht zu täuschen sich bestrebte, versuchte der Prinz am Mongen des 15. November bei Przelautsch über die Elbe zu gehen. Während der Nacht waren jedoch die Pontons in Moräste gerathen; während der hiedurch entstandenen Verzögerung eilten die Feinde herbei, den Uebergang zu wehren. Derselbe war somit als gescheitert anzusehen.

Von glücklicherem Erfolge war ein neuer Versuch, welcher vier Tage später bei Teltschig und Koiß unternommen wurde. Jeßt ge= lang es wirklich die Feinde zu täuschen. Ihre Vorposten bemerkten die Absicht der Verbündeten erst als die österreichischen und sächsi schen Grenadiere schon auf dem rechten Ufer sich befanden. Nun eilte das im Gestüthofe von Kladrub liegende preußische Bataillon Wedel herbei. Mit ruhmwürdiger Entschlossenheit warf es sich auf die Grenadiere, um sie in die Schiffe zurückzutreiben. Nach hartnäckigem Gefechte mußten jedoch die Preußen der Uebermacht weichen; um zwei Uhr Nachmittags befand sich das ganze Heer der Verbündeten auf dem rechten Ufer des Stromes 19).

Mit dem Gelingen dieser Unternehmung war auch schon über den Ausgang des Feldzuges und die Unmöglichkeit eines längeren Verweilens der Preußen in Böhmen entschieden. Freilich hätte Prinz Karl wahrscheinlicher Weise einen noch ungleich glänzenderen Erfolg zu erringen vermocht, wenn er gleich nach der Bewerkstelligung des Ueberganges über die Elbe die zerstreuten preußischen Heeresabtheilungen angegriffen und sie einzeln aufgerieben hätte. Aber so entschlossenes Handeln lag einmal nicht im Charakter des Prinzen und in demjenigen des Feldmarschalls Grafen Traun. Sie begnügten sich damit, am 20. November nur eine Stunde weit, bis Elbeteinig vorzurüden.

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