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aus unternahm, den Preußen und Sachsen höchst beträchtliche Verluste zufügte 21).

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Während solches in Mähren vorging, harrte Prinz Karl noch immer in seiner früheren Stellung der Befehle, welche er in Wien sich erbeten hatte. Hier war man indessen neuerdings schwankend geworden, und ein späteres Schreiben Maria Theresia's stellte es wieder dem Prinzen anheim, sich nach eigenem Ermessen entweder gegen die Franzosen oder wider die Sachsen und Preußen zu wenden. Nur möge er, so wurde ihm auch jezt wiederholt, ohne fernere Anfrage handeln, indem nichts zu größerem Nachtheile gereichen könne als eine noch längere Unthätigkeit 22). Als aber der Prinz auch nach Empfang dieses Schreibens noch zu keinem Entschlusse gelangte, da begann man in Wien endlich einzusehen, daß man ihm seine Handlungsweise wirklich mit Genauigkeit vorzeichnen müsse. Am 26. März erhielt er den Befehl, sich mit Zurücklassung eines Corps von zehntausend Mann nach Mähren zu wenden, um wo möglich den sächsischen Truppen eine Niederlage beizubringen. Denn der Zwiespalt, welcher zwischen ihnen und den Preußen herrschte, ließ erwarten, daß König Friedrich sie nur lässig oder gar nicht unterstüßen werde. Eine Unternehmung gegen die Franzosen bei Pisek aber hielt man keineswegs für räthlich. Zwar drang Bartenstein noch immer auf eine solche, aber er rächte sich für die Verwerfung seines Planes dadurch, daß er sich während einiger Wochen jeder Theilnahme an den Geschäften enthielt 23). Dennoch entschied man sich für die entgegengesezte Anschauung, indem man meinte, die Franzosen würden sich bei der Annäherung der Desterreicher unter die Wälle von Prag zurückziehen. Dem Prinzen Karl bliebe dann nichts übrig als nach Budweis zurückzukehren, und er würde nur vergebliche Märsche gemacht haben.

Bevor Prinz Karl an die Ausführung der erhaltenen Befehle schritt, versuchte er sich des Schlosses Frauenberg durch Ueberfall zu bemächtigen. Das Unternehmen mißlang jedoch und der Prinz verließ am 1. April seine bisherige Stellung. Den Oberbefehl über das bei Budweis zurückbleibende Armeecorps übertrug er dem Feld

marschall Fürsten von Lobkowiz. Er selbst marschirte nach Znaim, wo er vorläufig sein Hauptquartier aufschlug.

Während das österreichische Heer dieje Bewegungen vollführte, hoben die Sachsen die Einschließung von Brünn auf. Ohne sich viel um die Preußen zu kümmern, welche sich ihnen bei den gemeinschaftlich ausgeführten Unternehmungen bald verhaßt gemacht hatten, traten sie den Rückmarsch nach Böhmen an. Auch König Friedrich entschloß sich, seine Unternehmungen gegen den südlichen Theil von Mähren aufzugeben, wo er sich ohne den Besit von Brünn nicht zu halten vermocht hätte. Denn außer der zu erwartenden Annäherung des österreichischen Heeres erweckten ihm die immer größere Ausdehnung gewinnende ungarische Insurrection, insbesondere aber die drohende Haltung des mährischen Landvolkes, welches durch die erduldeten Gewaltthaten 2) aus seiner sonstigen Friedfertigkeit aufgescheucht und mit Racheðurst erfüllt war, ernste Besorgniß. Er beschloß nun seine Streitkräfte zu theilen.

Prinz Dietrich von Anhalt wurde befehligt, bei Olmüß eine Aufstellung zu nehmen, und wo möglich den nördlichen Theil von Mähren, gewiß aber Schlesien zu behaupten. Dorthin sollte ihm sein Vater, der alte Fürst Leopold von Dessau Verstärkungen aus Preußen zuführen und dann den Oberbefehl übernehmen. Friedrich selbst aber wollte sich nach Böhmen wenden, denn er wußte wohl, daß dieses Land der Schauplaß sei, auf welchem die Dinge zur Entscheidung kommen würden. Er durfte nicht zugeben, daß solches ohne seine unmittelbare Einwirkung geschehe. Und er mag noch überdieß großen Werth darauf gelegt haben, den Krieg nicht neuerdings nach Schlesien zu spielen, das ja unter dessen Verheerungen schon so unsäglich gelitten hatte, und welches er sich unter allen Umständen als sein Besißthum zu erhalten entschlossen war. Das Schicksal Böhmens, welches Königreich nicht ihm, sondern dem neuen Kaiser zu Theil werden sollte, lag ihm begreiflicher Weise weit weniger am Herzen. Ja er mochte wohl darauf ausgehen, wie er es bisher schon gethan, noch durch einige Zeit nicht nur seine Truppen aus diesem

Lande zu erhalten, sondern sogar einen Theil der Erträgnisse desfelben an Geld, Getreide und Vieh nach Preußen zu schaffen.

Unter Anstrengungen und Kämpfen mannigfacher Art, hart bedrängt von den sie umschwärmenden leichten Truppen der Desterreicher und vielfach beschädigt von dem wider sie erbitterten Landvolke 2) legten die preußischen Heeresabtheilungen die Wege nach Böhmen und gegen Schlesien zurück. Karl von Lothringen schlug den letteren ein. Am 25. April räumten die Preußen Olmüß, und unmittelbar darauf rückten die Oesterreicher in die Stadt, von den Einwohnern derselben als Befreier vom preußischen Joche mit Jubel begrüßt 2). Bald befand sich kein preußischer Soldat mehr auf mährischem Boden.

So hatte das bloße Erscheinen des österreichischen Heeres genügt, um den Feind aus Mähren zu vertreiben, welches die Verbündeten schon mit ziemlicher Gewißheit als ihre Beute betrachtet hatten.

Ein so wenig glänzender Ausgang einer mit großer Zuversicht ins Werk gesetzten Unternehmung konnte natürlicher Weise das ohnedieß nicht allzu innige Einvernehmen zwischen den Verbündeten nur noch mehr erschüttern. Andererseits wurde hiedurch das Selbstvertrauen der Königin von Ungarn neuerdings mächtig gehoben, und sogar die Nachricht, daß sich Eger den Franzosen, die Citadelle von Glaß aber den Preußen habe ergeben müssen, brachte nicht eine so niederschlagende Wirkung hervor, wie es sonst wohl geschehen wäre. Die lange Tauer beider Belagerungen und die Standhaftigkeit, welche die Besatzungen an den Tag gelegt hatten, steigerten vielmehr das Zutrauen der Königin zu der Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit ihrer Truppen. Sie trugen nicht wenig dazu bei, daß Maria Theresia mit ziemlich hochgespannten Erwartungen einem Zusammenstoße derselben mit dem Feinde entgegensah. Prinz Karl von Lothringen erhielt den Auftrag, sich mit der österreichischen Hauptmacht gleichfalls nach Böhmen zu wenden.

Dieß auf dem geraden, also kürzesten Wege zu thun, erschien dem Prinzen in Anbetracht der schlechten Straßen, welche er zurückzu

legen haben würde, und des Mangels an Vorkehrungen zur Verpflegung seiner Truppen numöglich. Er führte sie daher nach Brünn zurück und ließ sie von dort aus den Weg nach Böhmen einschlagen. Er selbst aber eilte für kurze Zeit nach Wien, um sich mit den maßgebenden Personen am Hofe über die Fortsetzung des Krieges zu berathen, hauptsächlich aber um es zu erwirken, daß ein Mann von gereifter Erfahrung ihm beigegeben werde, um ihm bei der Führung des Oberbefehles unterstüßend zur Seite zu stehen 27). Denn an dem Feldmarschall Fürsten Christian von Lobkowiz kannte man wohl lebhaften Eifer in Erfüllung seiner Pflichten, aber Niemand traute ihm die nöthige Ruhe und Besonnenheit zu 2), um einem jungen Feldherrn wie Karl von Lothringen als vornehmster Rathgeber zu dienen. Darum führte Maria Theresia einen Gedanken aus, welchen sie selbst zuerst erfaßt und ausgesprochen hatte 2). Der greise Feldmarschall Graf Königsegg wurde beauftragt, sich zur Armee zu begeben. Seine langjährige Erfahrung werde, so hoffte die Königin, dasjenige ersehen was dem Prinzen abging, Karls Jugendfeuer aber dafür bürgen, daß Königseggs bekannte Bedächtigkeit nicht allzu hemmend einwirke auf die kriegerischen Unternehmungen.

Wohl kann man nicht leicht in einen größeren Jrrthum verfallen als wenn man glaubt dem Mangel einer Eigenschaft bei einer Person, in deren Hände eine große Aufgabe gelegt wird, dadurch zu steuern, daß man ihr eine zweite beigesellt, welche jene als unerläßlich angesehene Eigenschaft wirklich besißt. So oft man dieses allerdings nahe liegende Auskunftsmittel auch ergriff, so hat es sich immer noch als unzulänglich, ja oft geradezu als verderblich erwiesen. Denn durch die Verschiedenartigkeit solcher Personen geht das Haupterforderniß, durch welches allein sich große Ziele erreichen lassen, das einheitliche Handeln völlig verloren. Insbesondere ist dieß in militärischen Dingen der Fall. Gerade in ihnen werden ja der folgerichtigen Durchführung eines einheitlichen Gedankens die schönsten Resultate verdankt, während eine verschiedenartige Auffassung der Aufgabe, welche der obersten Leitung des Heeres gestellt ist, ein Schwanken in die Operationen bringt, das ihren Ergebnissen stets nur zum Schaden gereichte.

So waren jezt gleichzeitig drei Männer an die Spiße des Heeres gestellt. Der Erste unter ihnen war Prinz Karl von Lothringen, jung an Jahren und von geringer kriegerischer Erfahrung, brennend vor Begierde, sich mit dem ihm gegenüberstehenden, nur um wenige Monate älteren Könige von Preußen zu messen. Ihm zunächst im Range stand der greise Königsegg, der schon ein halbes Jahrhundert hindurch im Dienste dreier Kaiser die Waffen getragen hatte, reich an militärischen Kenntnissen und Erfahrungen, aber von einer sprichwörtlich gewordenen Langsamkeit und Unentschlossenheit. Der dritte endlich war Lobkowiß, gleichfalls schon in reiferen Jahren, welche jedoch das Ungestüm seines Temperaments noch immer nicht zu dämpfen vermocht hatten.

Am 10. Mai 1742 trafen die drei Feldmarschälle in dem nunmehrigen Hauptquartiere, dem hart an der Grenze zwischen Böhmen und Mähren gelegenen Cisterzienser Kloster Saar zusammen. In seiner Nähe hatten die österreichischen Truppen, dreizehn Regimenter zu Fuß und zwölf Cavallerieregimenter, dann zweitausend Croaten zählend, ein Lager bezogen. Von König Friedrich, welcher sich schon seit dem 17. April zu Chrudim befand, glaubte man erwarten zu dürfen, er werde bis hinter die Elbe zurückgehen. Geschche dieß wirklich, so sollten sie, meinten die drei Feldmarschälle, unverzüglich gegen Prag sich wenden und die Hauptstadt des Landes zu erobern suchen, ehe noch die beträchtlichen Verstärkungen eingetroffen wären, welche Broglie erwartete. Sollte jedoch König Friedrich, statt über die Elbe zurückzuweichen, den Zug der Desterreicher gegen Prag aufhalten wollen, so werde sich die beste Gelegenheit darbieten, ihm eine Schlacht zu liefern und ihn hoffentlich zu besiegen. Und um Broglie zu verhindern, Prag zu Hülfe zu kommen, solle Lobkowig nochmals Frauenberg angreifen, auf dessen Besitz von französischer Seite darum der größte Werth gelegt wurde, weil es die Straße von Prag nach Budweis beherrscht.

Zu oft wiederholten Malen und erst wieder in jüngster Zeit hatte Maria Theresia es ihrem Schwager vollkommen freigestellt, denjenigen Beschluf zu fassen und auszuführen, welchen er unter den

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