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genommen und in Brand gesteckt; sie selbst aber suchten nun zwischen die beiden feindlichen Schlachtlinien einzudringen. Troß des hartnäckigen Widerstandes, welchen die Preußen ihnen entgegenseßten, gelangten die Desterreicher bis in das Lager der Feinde. Hier aber ließen sie sich, wie es so oft schon der Fall gewesen, auch dießmal wieder durch die Aussicht auf reiche Beute verleiten, sich plündernd zu zerstreuen. Weder durch Drohungen noch durch Bitten vermochten die Officiere sie hievon zurück zu halten 36); den Preußen wurde jedoch Gelegenheit gegeben sich neuerdings zu sammeln und den rechten Flügel der Desterreicher wieder aus dem Lager zu verdrängen.

Während dieß auf den Flügeln der Schlachtlinie vorging waren die beiden Centren hart an einander gerathen, und es wurde hier im dichtesten Handgemenge von der einen wie von der anderen Seite mit großer Tapferkeit gestritten. Es scheint, daß die Oesterreicher vor ihren Gegnern durch den Ungestüm des Angriffes sich hervorthaten, während die Preußen wieder durch die Schnelligkeit, mit welcher jede Lücke ausgefüllt und die gestörte Ordnung immer wieder hergestellt wurde, die größere militärische Einübung verriethen. Lange Zeit hindurch schwankte unentschieden die Schlacht; endlich gab ein anscheinender Erfolg der Desterreicher den Ausschlag zum Nachtheile derselben. Die Reiterei des linken Flügels, begierig die Anfangs erlittene Schlappe wieder gut zu machen, stürzte sich mit großer Bravour auf die ihr gegenüber stehende preußische Cavallerie. Dieselbe wurde denn auch durch die Heftigkeit des Anpralles in Unordnung gebracht und in die Flucht getrieben; ja Prinz Karl behauptet in seinem Schlachtberichte, die Preußen wären bis Kuttenberg und noch weiter geflohen, von den Desterreichern aber in rastlosem Jagen verfolgt worden 37). Durch die Lostrennung der Cavallerie wurde jedoch die linke Flanke des österreichischen Centrums völlig entblößt und dieser Umstand von König Friedrich allsogleich benüßt. Sein entschlossenes Vordringen gegen die schwächste Stelle der Desterreicher wurde durch das verheerende Geschüßfeuer, das er gegen die Punkte richtete, denen sein Angriff galt, höchst wirksam unterstüßt. Prinz Karl begriff, daß er von einer Fortseßung des Kampfes nichts mehr zu erwarten habe. Er suchte seine zerstreuten Schaaren möglichst zu sammeln, und zog sie in ziemlicher Ordnung, Anfangs auf

Tzaslau, dann bis Willimow zurück. Die Preußen verfolgten ihn nur so weit als nothwendig war, um zu zeigen, daß sie im Besiße des Schlachtfeldes geblieben seien.

Weil dieß wirklich der Fall war, kann keinen Augenblick in Zweifel gezogen werden, daß mit vollstem Rechte die Preußen den Sieg sich zuschrieben. Aber es wäre doch zu weit gegangen, wenn man darum glauben wollte, die Desterreicher hätten eine Niederlage erlitten. Solches war keineswegs geschehen, und die Folgen der Schlacht waren so ziemlich diejenigen eines unentschieden gebliebenen Kampfes. Von beiden Seiten wurde behauptet, der Feind habe ungleich größere Verluste erlitten. Im österreichischen Heere brüstete man sich mit der Eroberung von zwölf Standarten und einer Fahne, welche Graf Joseph Esterhazy nach Wien überbrachte, im preußischen mit den Kanonen, die von den Desterreichern bei ihrem Rückzuge zurückgelassen worden waren. Auf beiden Seiten aber kam man, es läßt sich dieß nicht leugnen, von der Geringschäßung des Feindes zurück, welcher man sich bisher noch immer in allzu großem Maße hingegeben hatte. Die Desterreicher begriffen, daß auf die Besiegung dieses Königs nun einmal nicht zu rechnen sei, und daß man an eine Wiedereroberung Prags und Böhmens nicht denken dürfe, so lang man außer den Franzosen, Baiern und Sachsen auch noch die Preußen zu bekämpfen habe. König Friedrich aber gab troß des Erfolges, den er unstreitig errungen hatte, doch den Gedanken auf, durch welchen er nach der Kleinschnellendorfer Convention zur Wiedereröffnung der Feindseligkeiten verlockt worden war, den Gedanken, der in den Verträgen über die Theilung der österreichischen Erbländer seinen Ausdruck gefunden hatte. Er begnügte sich damit, seinen Antheil an der Beute in Sicherheit zu bringen, und zögerte keinen Augenblick, um diesen Preis seine bisherigen Verbündeten ihrem Schicksale zu überlassen.

Drittes Capitel.

Pfütschners Sendung nach Olmüß und seine Besprechung mit König Friedrich führte bekanntlich kein anderes Ergebniß herbei, als daß der König die Abtretung Böhmens an den Kaiser, des größten Theiles von Mähren und ganz Oberschlesiens an Sachsen und der Grafschaft Glag an Preußen als die unerläßlichen Zugeständnisse bezeichnete, auf deren Grundlage allein er das Zustandekommen des Friedens für möglich ansehe. Die Antwort auf diese Vorschläge hatte er durch Vermittelung des Olmüßer Domherrn Grafen Giannini zu erhalten gewünscht. Auf Veranlassung Friedrichs war derselbe aufgefordert worden, sich gleich nach Empfang der von Wien zu erwartenden Mittheilungen, welchen der König mit einer gewissen Ungeduld entgegen zu sehen schien 1), dorthin zu begeben, wo sich sein Hauptquartier eben befinden werde.

So wenig man nun in Wien auch gesonnen war, dem Begehren des Königs zu willfahren, so sehr hielt man es doch für wünschenswerth, den Faden der Unterhandlungen mit Preußen nicht vollständig abzuschneiden. Der Großherzog beeilte sich vielmehr, dem Grafen Giannini eine für Friedrich bestimmte Denkschrift zukommen zu lassen, in welcher er Maria Theresia's Bereitwilligkeit erklärte, zu den früheren Abtretungen an Preußen auch noch die Grafschaft Glaß zu fügen. Hingegen sollte Oberschlesien der Königin von Ungarn verbleiben und Friedrich sich anheischig machen, ihr nöthigenfalls mit gewaffneter Hand zur Wiedererlangung ihrer übrigen Erbländer, ins

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besondere Böhmens und Mährens zu verhelfen. Der unverkürzte Besiz der beiderseitigen Staaten sollte garantirt und zur Aufrechthaltung desselben eine gegenseitige Kriegshülfe von fünfundzwanzigtausend Mann festgesetzt werden 2).

Wenn man in Wien sich der Hoffnung hingegeben hätte, den König durch die von ihm selbst für Preußen verlangten Zugeständnisse bloß von dem Bündnisse mit Sachsen, Baiern und Frankreich loszulösen, ohne dessen bewaffneten Beistand gegen seine jeßigen Alliirten in Anspruch zu nehmen, so wäre dieß wohl erklärlich. Die Erfahrung hat die Richtigkeit der Voraussetzung bestätigt, in welcher später solche Anerbietungen neuerdings gemacht wurden. Fast unbegreiflich ist es jedoch, wie der Großherzog von Toscana, von welchem alle diese Schritte zunächst ausgingen, ernstlich erwar= ten konnte, König Friedrich werde sich zur Annahme von Vorschlägen herbeilaffen, durch welche seine Hauptabsicht, in den ruhigen Besiß der von ihm gemachten Eroberungen zu gelangen, wieder nicht erreicht, sondern er neuerdings in einen keineswegs ungefährlichen Krieg gegen seine bisherigen Verbündeten verwickelt worden wäre. Nur schwer ließ sich verkennen, daß auch diese Vorschläge kein anderes Schicksal haben konnten als alle bisherigen Propositionen, durch welche der König zu gemeinschaftlichem Handeln mit Maria Theresia fich verpflichten sollte. Daß er zu einem solchen sich nicht herbeiließ, kann von seinem Standpunkte aus nur vollkommen ge= billigt werden. Zu schwer hatte er sich an der Königin von Ungarn vergangen, zu freventlich hatte er ihr gegenüber alle völkerrechtlichen Verpflichtungen verlegt, und zu wenig hielt er von der Verbindlichkeit derselben im Allgemeinen, als daß er nicht, wie er es ja Pfütschner gegenüber unumwunden aussprach, ernstlich besorgt hätte, Maria Theresia würde nach Abwehrung des Angriffes ihrer übrigen Feinde bei dem ersten günstigen Anlasse sich gegen Preußen wenden und die ihr entrissene Provinz wieder an sich zu bringen suchen. Die im Namen seiner Gemahlin ausgesprochenen Betheuerungen des Großherzogs, die Königin werde um so gewissenhafter an dem von ihr verpfändeten Worte festhalten, je schwerer es ihr geworden sei dasselbe zu geben, wogen nichts bei einem Manne,

welcher jeden Augenblick bereit war eine Zusage nicht zu erfüllen, wenn er sich hievon irgend einen Vortheil versprechen durfte.

Darum konnte wohl kein günstiges Ergebniß von der Reise zu erwarten sein, welche am leßten Tage des Monats Februar 1742 Giannini zum Könige unternahm. Bis Znaim war Friedrich das mals vorgedrungen, und er mochte wohl zu jener Zeit noch an der baldigen Verwirklichung seiner umfassenden Plane nicht zweifeln. Am ersten März kam Giannini in Znaim an. Auf seine Anmel dung beim Könige erhielt er die Aufforderung, den Inhalt seiner Sendung dem Cabinetsrathe Eichel mitzutheilen. Nachdem König Friedrich selbst die von Giannini überbrachte Denkschrift einer reiflichen Prüfung unterzogen hatte, wurde der Inhalt derselben, wenn gleich unter Erneuerung der gewohnten Freundschaftsversicherungen für Desterreich, doch als ungenügend erklärt. Denn es seien darin wohl ausreichende Zugeständnisse für den König selbst, keineswegs aber solche für dessen Verbündete enthalten, von denen Friedrich sich nun und nimmermehr zu trennen gedenke 3).

Die mündlichen Mittheilungen, mit welchen Eichel diese Erklärungen begleitete, lauteten freilich theilweise anders. Sie er weckten eine geringere Meinung von der vorgeblichen Bundestreue des Königs, insbesondere gegen Frankreich, wider welches Eichel eine Allianz Friedrichs mit Maria Theresia als durchaus nicht unwahrscheinlich darstellte, indem der König seine Besißungen in Westphalen durch Frankreich bedroht glaube 4). Auch Schmettau, welcher sich insgeheim zu Giannini verfügte und denselben seiner unveränderten Anhänglichkeit an das Haus Desterreich versicherte, sprach sich in gleichem Sinne aus. Doch ging aus den Reden dieser beiden Männer wieder hervor, daß Friedrich unerschütterlich darauf beharre, Böhmen und Mähren für Baiern und Sachsen in Anspruch zu nehmen.

Nach viertägiger Verhandlung mit Eichel verließ Giannini Znaim. Er erhielt einen von ihm selbst zu Papier gebrachten, von Eichel mehrfach abgeänderten und vom Könige durchgesehenen Aufsaß mit auf den Weg, in welchem das Ergebniß der gepflogenen Bespre

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