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chungen in Kürze zusammengefaßt war 5). Von preußischer Seite mit der Aufforderung entlassen, zur Fortseßung der Verhandlun= gen bald zurückzukehren, begab sich Giannini nach Wien, wo man sich beeilte, auf die durch ihn überbrachte Mittheilung eine Gegenerklärung an König Friedrich gelangen zu lassen 6). Sie enthält eine Erneuerung der Zugeständnisse an Preußen und die Versicher ung der Bereitwilligkeit Maria Theresia's, die durch ihre Truppen beseßten baierischen Lande zu räumen, wenn sie durch König Friedrichs Dazwischenkunft in den Wiederbesiß Böhmens, Mährens und Oberschlesiens gelangen würde.

Auf diese Mittheilung wurde dem Grafen Giannini durch den Cabinetsrath Eichel erwidert, der König von Preußen werde ihm erst im kommenden Monate seine ferneren Entschlüsse bekannt geben. Um hierauf zu warten, verfügte sich Giannini nach Brünn. Die Unterhandlungen mit Preußen aber ruhten gänzlich, indem Friedrich selbst von Hyndfords Vermittelung nichts hören wollte, und ihm so= gar die Erlaubniß verweigerte, sich in das preußische Feldlager zu begeben. Der Umschwung jedoch, welcher um jene Zeit in England eintrat, und wohl mehr noch der den Wünschen Friedrichs nur wenig entsprechende Verlauf des Feldzuges brachten in der Stimmung des Königs und seiner Geneigtheit zum Frieden bald eine gewaltige Aenderung hervor.

Durch das Benehmen, welches König Georg II. von England im Laufe des Jahres 1741 gegen Maria Theresia beobachtete, war jede Hoffnung auf werkthätigen Beistand von dort gar sehr geschwächt worden. Sogar den unter seinen Augen, ja gewissermaßen von ihm selbst abgeschlossenen Verträgen mit Maria Theresia hatte er die Ratification verweigert. Ja er war später noch viel weiter gegangen. Durch die Annäherung eines französischen Armeecorps unter Maillebois erschreckt, hatte er sich zur Beobachtung vollständiger Neutralität und dazu verpflichtet, weder der Königin von Ungarn irgendwelche Hülfe zu leisten, noch ihrem Gemahl, sondern dem Kurfürsten von Baiern seine Stimme bei der Kaiserwahl zu geben. Diese Zusage hatte er auch wirklich erfüllt und es war daher ausreichender Grund zu der Besorgniß vorhanden, er werde fortan eine ihr entsprechende Haltung

beobachten. So lange wenigstens das Ministerium Walpole sich am Ruder befand, fonnte auf einen entscheidenden Schritt Englands zu Gunsten des Hauses Desterreich, ja selbst nur auf Erfüllung der traktatmäßigen Verpflichtung zur Stellung von zwölftausend Mann Hülfstruppen in keiner Weise gerechnet werden. Zwar hatte die vertragsmäßig festgeseßte Zahlung von dreimalhunderttausend Pfund Sterling, jedoch nur nach vielfachen Verzögerungen 7) und nach Abzug von fünfzigtausend Pfund stattgefunden, welche dem Könige selbst für die Ausrüstung jener Hülfstruppen zu Theil wurden, die er zum Dienste Maria Theresia's niemals wirklich gestellt hatte. Und von der leßten, zu Ende des Jahres 1741 fälligen Rate wurde noch eine Summe von fünfundzwanzigtausend Pfund Sterling zurückbehalten, um mit derselben den um jene Zeit verfallenden Theil des noch von Kaiser Karl VI. in England contrahirten Anlehens auf die ungarischen Kupferbergwerke sammt den Interessen zu bezahlen. Die sonstigen Abzüge bei der Uebersendung betrugen fünftausend Pfund, so daß sich die Summe, welche Maria Theresia wirklich erhielt, auf nicht mehr als zweimalhundertundzwanzigtausend Pfund belief. Sie war somit, wenn gleich durchaus nicht unbeträchtlich, doch viel zu gering, um die Bestreitung der Kosten der Kriegführung, welche einzig und allein für die in Böhmen, Mähren und Schlesien befindlichen Truppen monatlich achtmalhunderttausend Gulden betrugen 8), so wesentlich zu erleichtern, wie dieß seither zu so oft wiederholten Malen behauptet worden ist.

Sich von England ausgiebigere Geldhülfe zu verschaffen, darauf war schon lange das Bestreben des Wiener Hofes gerichtet. Er beauftragte daher seinen nunmehrigen Bevollmächtigten in London, Ignaz von Wasner, bei dem englischen Cabinete darauf zu dringen, statt der vertragsmäßig zugesicherten zwölftausend Mann, auf deren Absendung ohnedieß nicht zu rechnen sei, von dem Hofe von S. James ein Aequivalent in barem Gelde und zwar mit zwei Millionen achtmalhunderttausend holländischen Gulden in Anspruch zu nehmen.

Es war ein günstiger Umstand für Maria Theresia, daß sie um jene Zeit in England einen so geschickten Unterhändler wie Wasner

besaß. Er war einer jener wenigen Männer, welche sich dem damals allgemein herrschenden Vorurtheile entgegen, ohne schon durch ihre Geburt dazu berufen zu sein, durch eigenes Verdienst die Bahn gebrochen hatten zu einer in jeder Beziehung hervorragenden Stellung.

Zu Millstatt in Kärnthen geboren, begleitete Wasner in noch jungen Jahren den Grafen von Goëß als Privatsecretär zum Badner Congreß. In den Staatsdienst übergetreten, war er einem der ausgezeichnetsten Diplomaten jener Zeit, dem Freiherrn von Penterriedter beigegeben. Er ging mit ihm zum Congreß von Soissons, und soll dort, wo auch der Hofkanzler Graf Sinzendorff anwesend war, zumeist die Depeschen des Leßteren verfaßt haben 9). Als Kaiser Karl VI. starb, befand sich Wasner gleichzeitig mit dem Fürsten Wenzel von Liechtenstein in Paris und führte nach dessen Abreise von dort die schwierigen Verhandlungen mit dem franzöfischen Cabinete. In den lezten Tagen des Jahres 1741, nachdem jene Verhandlungen völlig fruchtlos geblieben waren, wurde er nach London verseßt, wohin nach dem Zeugnisse des Cardinals Fleury ihn die ungetheilte Achtung Aller begleitete, welche in Frankreich mit ihm in Berührung getreten waren 10).

„Schon kennt ganz Europa," sagt wenige Jahre später ein wohlunterrichteter Gewährsmann, der venetianische Botschafter Capello von Wasner, mit dem er sich gleichzeitig in London befand, „sein „Talent sowie die Leichtigkeit und Klugheit, mit der er die Geschäfte „an jenem Hofe zu behandeln versteht, welcher in Parteien getheilt „ist, von so verschiedenartigen Individuen bedient wird und darum wohl der schwierigste von allen genannt werden kann. Er besitt „die genaueste Kenntniß der politischen Angelegenheiten und der In„teressen der Fürsten, eine eigenthümliche Gewandtheit, die Neigungen „und den Charakter der Minister zu erkennen, endlich die Fähigkeit, „sowohl ihnen als den sonst obwaltenden Umständen seine Schritte und Vorschläge anzupassen. Diese Eigenschaften sind umso werth„voller, als sie sich im Gegensaße zu denen der übrigen Bevollmäch. „tigten des Wiener Hofes befinden, welche durch rauhe, heftige, allzu „hochfahrende und den gegenwärtigen Verhältnissen unangemessene

„Manieren sich die Gemüther eher entfremden als versöhnen. Da: „rum ist er auch von Allen aufs höchste geschäßt und geliebt 11)."

Troß dieser seltenen Befähigung hätte Wasner doch dem Begehren Maria Theresia's bei dem Hofe von S. James kaum Eingang zu erwirken vermocht, wenn nicht wenige Wochen nach seiner Ankunft in London das Ministerium Walpole gestürzt und ein anderes an seine Stelle gesezt worden wäre, als dessen Seele der nunmehrige Staatssecretär Lord Carteret anzusehen war. Jeßt mußte es sich zeigen, ob der neue Minister dem Grundsaße, den er so oft im Parlamente und dem Repräsentanten Maria Theresia's gegenüber ausgesprochen hatte, „Englands Wohlfahrt fordere die Aufrechthaltung ,,der Macht des Hauses Desterreich 12)," auch in seiner gegenwärtigen Stellung treu bleiben und in Gemäßheit derselben handeln werde. Seine ersten Erklärungen und Schritte eröffneten in der That gegründete Aussicht hiezu. Aeußerungen wie die, welche er gegen Wasner that, daß er gewiß nicht preußisch gesinnt, sondern ein „guter Engländer, mithin auch ein eifriger Desterreicher sei 18),“ waren ganz dazu angethan, sich von seinem Auftreten die günstigste Wirkung für die Sache der Königin von Ungarn zu versprechen.

Diese Gesinnung Lord Carterets befand sich in völliger Uebereinstimmung mit der in England herrschenden öffentlichen Meinung, welche sich von Tag zu Tag erbitterter gegen Frankreich zeigte, und dadurch den Bemühungen Wasners, der im Auftrage seines Hofes auf eine Kriegserklärung Englands gegen Frankreich drang, den größten Vorschub leistete. Einstweilen wurde freilich bei der noch allzu merkbaren Hinneigung des Königs zu den Anschauungen Walpole's, dem er so lange Jahre hindurch gleichsam blindlings zu folgen sich gewöhnt hatte, und bei Georgs beständiger Furcht vor einer etwaigen Gefährdung seiner hannoverschen Lande nicht mehr als der Entschluß der englischen Regierung erreicht, eine Truppenmacht von ungefähr sechzehntausend Mann nach den Niederlanden zu schicken. Gleichzeitig14) richtete das Unterhaus auf William Pulteney's Antrag eine Adresse an den König, worin demselben die Gefahren vorgestellt wurden, in welche ganz Europa durch die Bedrängniß der Königin von Ungarn

gebracht worden sei.

Durch die günstigen Erfolge ihrer Waffen werde die Hoffnung erweckt, daß durch eine angemessene und recht: zeitige Unterstüßung dieser Fürstin von Seite der Mächte, welche hiezu durch die Verträge und durch eine richtige Erkenntniß ihrer eigenen Interessen verpflichtet seien, das Gleichgewicht und die Ruhe Europa's wieder hergestellt werden könne. Mit Einstimmigkeit, Eifer und Nachdruck werde das Unterhaus den König bei allen zur Erreichung dieses ersprießlichen Zieles zu ergreifenden Maßregeln unterstüßen. Wenige Tage darauf erließ auch das Haus der Lords eine ähnliche Adresse an den König, und um dieselbe Zeit, am 13. April 1742 votirte das Unterhaus zu Gunsten der Königin von Ungarn eine Subsidie von fünfmalhunderttausend Pfund Sterling.

Der rege Antheil des englischen Volkes an den öffentlichen Angelegenheiten des eigenen Landes und ganz Europa's bethätigte sich auch jezt. Es war zwar weniger das Mitgefühl mit der so schwer bedrängten, jungen und schönen Beherrscherin Desterreichs als der altererbte Haß der englischen Nation wider Frankreich, wodurch die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit, der Königin von Ungarn thatkräftig beizustehen gegen die Ueberzahl ihrer Feinde, immer tiefere Wurzeln schlug. Schon am 2. April 1742 enthielt der Daily Advertiser einen Aufruf an Personen jede. Ranges, Standes und Geschlechtes, vorzugsweise aber an Englands Frauen gerichtet, um Maria Theresia eine Geldsumme anzubieten und durch eine Unterstüßung dieser Fürstin gleichzeitig jedem Angriffe vorzubeugen, welcher gegen die Rechte und Freiheiten Englands gerichtet werden könnte. Die Sache des Hauses Desterreich sei, so wurde allgemein behauptet, eine und dieselbe mit derjenigen Englands, und eine Kundgebung folgte der anderen, durch welche die Sympathien des englischen Volkes für Maria Theresia recht deutlich an den Tag gelegt wurden.

Freilich war das Resultat dieser Kundgebungen kein solches, wie man im ersten Augenblicke hätte erwarten sollen. Der Plan, das Ergebniß der einzuleitenden Sammlungen der Königin von Ungarn als freiwilliges Geschenk der britischen Nation anzubieten, scheiterte aus Mangel an Theilnahme 15), und Wasner glaubte diese Erscheinung, welche

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