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den Regierungszeiten des sächsischen Lothar und des Ersten der Hohenstaufen Konrad II. deckt.

In diese Zeit fiel der zweite Kreuzzug, wozu es dem Papste 1147 Eugen gelang, den genannten Konrad II. an der Seite des französ. Königs Ludwig VII. zu bewegen. Verursacht war die Anregung dazu durch die Nachricht von dem Verluste Edessa's an die Saracenen; den ersten Erfolg gab der Anregung der König von Frankreich. Der eigentliche Agitator war Bernhard von Clairveaux. Wegen des Verlaufs und der Resultate des Kreuzzuges muss auf die Geschichte der Kreuzzüge verwiesen werden.

Zehn Jahre waren seit diesem Kreuzzuge verflossen; auf Eugen III. waren Anastasius IV. und Hadrian IV. gefolgt. Der Tod des Letzteren hatte nachtheilige Folgen für die bisher un- 1158 getrübt gebliebenen Beziehungen zwischen dem Papste und dem Kaiser. Die Cardinäle, in eine kaiserliche und antikaiserliche Partei gespalten, hatten sich nicht einigen können; die unabhängigen Cardinäle hatten Alexander III. gewählt, und die kaiserlichen ihm Victor entgegengestellt. Der Kaiser Friedrich I., Konrads Neffe und Nachfolger, durch seine Krönung (1154) Schirmvogt der Kirche, suchte einen Ausgleich herbeizuführen. Vergebens, da der Ausgleich die Anerkennung Viktor's bezweckte! Alexander II. trat in Verbiudung mit den Städten Oberitaliens, zum grossen Schaden Friedrichs, der eben vor Mailand lag. Zwar ging Letzterer aus dem Kriege zur Unterwerfung dieser Stadt und der übrigen Lombardei unter die kaiserliche Gerichtshoheit als Sieger hervor, da er Mailand in Ruinen, und dieses Land unter der Verwaltung seiner Statthalter (Podesta's) zurückliess. Aber der Bann wurde über ihn ausgesprochen. Trotzdem beharrte, da diese päpstliche Massregel nicht die Wirkung von Heinrich's IV. Zeiten her mehr hatte, Friedrich, auch als Victor gestorben war (1164), abermals auf einer Papstwahl in seinem Sinne, und es gelang ihm, die Anerkennung des Candidaten Paschal III. von den Römern zu erzwingen. | Aber 1166 der Erfolg war ohne Halt. Die Pest, welche in seinem Heere ausbrach, und die Empörung der Lombarden gegen die kaiserlichen Statthalter, vertrieben den Kaiser aus Italien (1168). Aber zum dritten Male war er entschlossen, einen Papst nach seinem Sinne zu haben. Paschal starb in diesem Unglücksjahre, und er liess wieder gegen Alexander wählen. Dann rüstete er sich zu neuen Anstrengungen gegen die Empörer. Der Kriegszug, von dem er 1174 sich eine grosse Entscheidung versprach, wurde durch die Felonie

seines mächtigsten Vasallen um diesen Erfolg gebracht. Er be lagerte Alessandria, als der Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen ihm die Unterstützung versagte. Dadurch geschwächt und ohne Verstärkungen erhalten zu haben, erlag er der Tapferkeit 1176 der Lombarden in der Schlacht bei Legnano. | Er war genöthigt, Frieden zu machen. Zuerst erlangte er ihn mit dem Papste Alexander III., der sich damals zu Venedig aufhielt, zu Ende Juli's des Jahres darnach, 1) dann schloss er mit den Lombarden ab, doch einstweilen war es ein Waffenstillstand, der in einen förmlichen Frieden sollte verwandelt werden können.

II.

Höhestand und Geltung der Macht des Papstthums.

Der Friede zwischen Papst und Kaiser hob den Papst mächtig in den Augen der Nationen. Der Sieg Alexanders III. über drei von dem mächtigsten Könige der Christenheit nacheinander aufgestellte Gegenpäpste war eine bedeutsame Etappe auf dem Wege, den das Papstthum gegenüber den Herrschern in den einzelnen Ländern Europa's unverrückt im Auge behielt. Es ist begreiflich, dass, als Kaiser Friedrich sieben Jahre später sich nach Mailand 1184 begab, um hier die Vermählung seines Sohnes Heinrich mit der Erbin von Apulien und Sicilien zu feiern, das Papstthum nicht verfehlte, Stellung zu diesem Ereigniss zu nehmen. Die Nachtheile, die der Fall bringen müsste, wenn einmal der Besitzer des italienischen Südens zugleich der Nachfolger Friedrichs sein würde, bestanden darin, dass das Papstthum die Oberhoheit über den Süden verlor. Der Papst, der damals anf dem römischen Stuhle sass, Urban III. konnte denn auch seinen Aerger über diesen Zuwachs der Macht der Hohenstaufen nicht verbergen. Zum Glück starb er hald; sonst hätte gar der Streit den Bann zur Folge gehabt. Der Nachfolger Gregor dachte an nichts anderes als einen Kreuzzug, auch Clemens III. verfolgte diesen Gedanken mit Erfolg. 1189 Kaiser Friedrich nahm das Kreuz, und schien dadurch wegen seiner Familienpolitik auszusöhnen. Als im J. 1190 König Wilhelm von Sicilien starb, da zeigte sich, was das Papstthum im Stillen ausgedacht hatte. Die Grossen huldigten nämlich nicht dem Gemahl

1) Vgl. Anhang (I, 4).

der Tochter Wilhelm's, Heinrich, sondern einem Enkel des Königs Roger. Diesem ertheilte Clemens III. die Belehnung. Was die Politik des Papstthums erstrebte, liegt in diesem Akte offen vor der Geschichte. Was hätte verhütet werden können, das hatte diese Politik, deren letztes Ziel die Suzeränetät über alle Länder Europas war, zur Folge, nämlich einen Krieg, von Heinrich zur Besitzergreifung seines Erbes unternommen.

Selbstverständlich wurde es seinerseits gedrängt, auf die Sicherung seiner Herrschaft, die seither durch die Römer selbst oft angefochten worden war, zu wirken. So sehen wir dann den Papst Innocenz III. energisch der Politik der Befestigung und der Herrschaft in Rom und Wiedergewinnung der Provinzen, die der Oberhobeit des Stuhles entrissen worden waren, sich widmen. Heinrich VI. war mit Hinterlassung eines zweijährigen Sohnes, noch ehe er durch einen Kreuzzug die Erinnerungen, welche die Eroberung Apuliens und Siciliens begleiteten, versöhnen konnte, in Messina gestorbeu, als Innocenz III. zum Papste gewählt wurde. | Im Lanfe 1198 der Jahre, besonders als Philipp von Schwaben ermordet wurde, war es mit den Aussichten der Hohenstaufen auf die deutsche Krone vorbei. Daher die loyale Haltung des Papstes gegentiber dem Sohne Heinrich's, der als König von Apulien und Sicilien keine Gefahr für das Ansehen des Papstthums werden konnte. Der Welfe Otto von Braunschweig kam im J. 1209 nach Rom und wurde vom Papste gekrönt. Von Anfang an der Caudidat des Letzteren, schien Otto jedoch mit der Krönung einen den Hohenstaufen verwandten Geist anzunehmen. Denn er belehnte mit Landschaften und Städten aus dem Kirchengute und zog zur Eroberung Apuliens u. s. w. aus: In letzterer Hinsicht kehrte also die Lage, wie unter Urban III. zurück. Jnnocenz III. verhängte daher den Bann über Otto, und hatte, als er den deutschen 1211 Fürsten in Friedrich, Heinrich's VI. Sohne, einen Candidaten für die Königskrone vorschlug, den gewünschten Erfolg. Er empfing den Gewählten iu Rom und nahm ihm das Versprechen ab, sobald er die deutsche Krone übernommen hätte, die sicilische seinem Sohne Heinrich abzutreten. Charakteristisch für die Lage ist das Schreiben worin Friedrich das Versprechen leistete; er nennt sieh darin König der Römer von Gottes und des Papstes Gnaden! Nach dem was Alexander III. mit dem König Heinrich II. von England (1172) und mit dem Kaiser Friedrich I. (1177) erreicht, nachdem der nämliche Papst den königlichen Titel gegen Lehenszins an Alphons

von Portugal verliehen, nachdem dann Innocenz III. selbst von Peter von Aragonien bei dessen Krönung in Rom (1204) das Versprechen des Lehenszinses erhalten hatte, war jene Huldigung, welche Friedrich II. gebrauchte, nichts Unerwartetes mehr. Als im nächsten Jahre (1213) auch noch König Johann von England, um den wegen seiner Massregeln gegen den englischen Klerus verwirkten Bann los zu werden, dem Papste Jnnocenz seinem Herrn die Königreiche England und Irland übergab, um sie vor Gott und der römischen Kirche als Vasall zu empfangen, und den Lehenseid schwur, war da ein Zweifel daran, dass der Papst der Oberlehnsherr und der anerkanute Schiedsrichter in Europa war? 1216 Dem genialen Jnnocenz folgte Honorius III. der die Zügel nicht so kräftig anzog und, weil er nicht Einsprache erhob, dass Friedrich seinen Sohn Heinrich, den König von Sicilien, zum Nachfolger im deutschen Reiche krönen liess, und die Regierung Siciliens beibehielt, gar das bisher befolgte System zu verleugnen schien. Aber diese Nachsicht calculirte mit einem sehr gewichtigen Gewinn; Friedrich gestand nämlich den deutscheu Bischöfen fast die volle Landeshoheit zu, was wie ein Aequivalent der Bürgschaff gegen die ev. Schädigung des Papstthums anzusehen war. Andererseits wäre der Kaiser verpflichtet gewesen, einen Kreuzzug zu unternehmen, gemäss den Innocenz gemachten Versprechungen; bei der Zögerung, die er eintreten liess, hätte es unter einem anderen Papste zum Bruche kommen müssen.

Was Honorius III. nicht über Friedrich vermocht hatte, das führte sein Nachfolger, der ergraute Gregor IX., mit ihm durch, zwar nicht im ersten Jahre, da das, was die Erwartung Europa's zu einem Kreuzzug sich ausgemalt hatte, zu einer Wasserfahrt zusammenschrumpfte, aber, nachdem der Bann über ihn ausge1228 sprochen, im zweiten. Gregor hatte mehr Ehre von diesem Kreuzzuge, als seine Vorgänger von dem des Jahres 1204, der durch das Interesse der Venetianer von seiner Bestimmung abtrünnig gemacht war. Denn der Kaiser trat wieder in den Besitz von Jerusalem, und durch ihn der Papst, dessen Oberlehnsherrlichkeit auch die Befugniss über jenes christliche Königreich in sich begriff. Eriedrich hatte so sehr den Erwartungen entsprochen, dass ein während seiner Abwesenheit von dem Herzog von Spoleto, seinem Statthalter, verursachter Krieg auf päpstlichem Gebiete kein dauerndes Hinderniss der Feindschaft sein konnte. Zwar wurden die päpstlichen Truppen vom Kaiser, als er zurückgekehrt war,

aus Apulien hinausgetrieben; aber die Geschicklichkrit des Deutschmeisters vermittelte den Frieden von San Germano, der auf der 1230 Grundlage der Lösung vom Banne abgeschlossen wurde. Der Papst sah den Kaiser, der seinen Erblanden ein neues Gesetz gegeben, alsdann nach Deutschland abreisen, und hatte Jahre lang keine Ursache, sich zu beklagen, bis der Kaiser den Schritt that, seinen natürlichen Sohn Enzio zum Könige von Sardinien zu erheben. Sardinien war ein Lehen der römischen Kirche; eine solche Ernennung hätte also nur nach Verständigung mit dem Papste geschehen können. Die Folge war, dass der Letztere den Bann über ihn verhängte. Im Sommer des folgenden Jahres sollte ein 1239 Concil zusammentreten, was aber der Kaiser durch das Verbot, das er den Bischöfen seiner Reiche zustellte, ihre Diöcesen zu verlassen, vereitelte. Noch dauerte der Krieg mit den Lombarden, den der Kaiser glänzend mit dem Siege bei Cortenuova (1237) begonnen hatte, fort; er übergab zur Fortsetzung das Commando auf jenem Schauplatze seinem Feldherrn Ezzelino. Er selbst wandte sich gegen das päpstliche Gebiet und unterwarf es. Darüber starb der Papst (1241); sein Nachfolger hatte kaum die Regierung begonnen, als er starb. Der zweite Nachfolger, erst nach fast zweijähriger Unterbrechung gewählt, | Innocenz IV., zuletzt nur noch 1143 in Rom sicher, entfloh, als der Kaiser mit einem Heere anrückte. Ueber Genua begab er sich nach Lyon, und berief (Dez. 1244) von hier aus ein Concil auf den kommenden Juni, zum Kampfe gegen das Geschlecht der Hohenstaufen auf Leben und Tod entschlossen. Er sprach den Bann über Friedrich II. aus, entband Alle des ihm geleisteten Eides der Treue, ermächtigte die deutschen Füsrten zu einer neuen Wahl, und behielt sich vor, dem sicilischen Reiche einen Fürsten zu geben, der sich gefalleu lassen würde, seine Oberhoheit anzuerkennen.

Dadurch nöthigte er dem Kaiser, wie sich im nächsten Jahre | 1246 zeigte, noch einen Krieg in Deutschland auf, da die geistlichen Fürsten, aber nur diese, in einem thüringischen Grafen, Heinrich, einen Gegenkönig anfstellten. In ein Deutschland, das dem Sohne Friedrich's, Konrad, zu gehorchen fortfuhr, und ein Deutschland der geistlichen Fürsten gespalten, wurde dieses Land in den Streit hereingezogen, der durch die Frage der Personalunion von SüdItalien und Deutschland verursacht war, und bestimmt, mit seinen Leiden das Verhängniss zu bezeugen, das damals, Dank der weitgreifenden Politik des Papstthums, über Europa schwebte. Wäh

Doergens, Aristoteles.

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