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Die Er

men. Wir kennen die Geschichte seiner Entwicklung. kenntniss, dass Messenien, wie Theben wollte, und wie 366 im Frieden mit Theben die Staaten Korinth, Epidaurus, Phlius u. a. guthiessen, von Sparta getrennt werden müsse, fand nach der letzten Schlacht zwischen der thebanischen Kriegsmacht und den Spartanern bei Mantinea ihre praktische Erledigung. | Nur ein ver-362 kürztes Sparta schien ein friedliches zu werden. Aber selbst noch als ein verkürztes nahm es die Partei der Phokier gegen die Amphiktyoneu. Consequent, aber auch verhängnissvoll! Denn Makedonien unterstützte die Amphiktyonen. Kein Staat hatte daher mehr Lust, die Spartaner um Hülfe oder Vermittelung anzugehen. Darin hatten zum Theil die Ansprüche der dorischen Partei gewurzelt. Aber andererseits waren auch ihre Mittel daheim fühlbar geschmälert.

Erst nach der Mitte des nachfolgenden Jahrhunderts, als die Conföderationen der Aetoler und der Achäer um die Oberhoheit kämpften, war es den Spartanern wieder vergönnt, auswärtige Politik zu treiben. Denn die Aetoler traten mit Sparta in Unter-230 handlungen. Wir werden darauf unten zu reden kommen.

Zweiter Abschnitt.

Die Makedonier und die makedonischen Reiche.

I.

Betrachtung der inneren Entwickelung Makedoniens. 1) Der Kampf zwischen Phokiern und Amphiktyonen schien bestimmt, die Frage zulösen, wer Sparta in der Oberhoheit über die Hellenen ablösen, d. h. wem die Zukunft des Hellenen gehören sollte. Das alternde Sparta unterstützte die Phokier, der aufblühende Staat Philipp's die Amphiktyonen. Der Sieg Philipp's über die phokische Kriegsmacht, welche im südlichen Thessalien stand, war 353 die Wendung in der Geschichte der Hellenen. Auf welchen Grundlagen ruhte dieser Staat und auf welche Anfänge wies er zurück?

Wie weit die ersten Anfänge desselben zurück zu datiren sind, wollen wir nicht weitläufig verfolgen. Die Spuren der Anfänge verlieren sich rückwärts in dem pelasgischen Argos. Von

1) Vergl. ausser Grote und Curtius Abel, Makedonien vor König Philipp. 1847. Flathe, Geschichte Makedoniens und der Reiche, welche von makedonischen Königen beherrscht wurden. 1832 u. ff. Droysen, J. G. Gesch. des Hellenismus I. Th. 1536.

hier ging, dem Penéus folgend, die Partei aus, welche über die Stämme in der Ebene am Unterlaufe des Haliacmon und des Axios sich zum Herrscher aufwarf. Dem Bedürfnisse der politischen Betrachtung entspricht erst die Datirung der Entwicklung des daraus hervorgegangenen Staatswesens vom Jahre 490. Denn mit dem Schicksal des Landes, das schon zu dieser Zeit Makedonien hiess, persische Provinz zu werden, beginnt die glaubhaftere Kenntniss desselben. Zehn Jahre hatte dieses Verhältniss gedauert. Was König Amyntas gewesen, musste auch sein Sohn Alexander sich gefallen lassen zu sein, nämlich persischer Satrap, in welcher Eigenschaft er dem persischen Grossherrn Heeresfolge leisten musste. Als aber der Sieg bei Platäa das Signal der Befreiung durch alle Gaue ertönen liess, konnte auch Makedonien seine nationale Arbeit wieder aufnehmen. Alexander hörte auf, persischer Satrap zu sein, und indem er sich die Verfolgung des Mardonius angelegen sein liess, dehnte er seine Herrschaft soweit nach Osten aus, dass seitdem der Strymon dort als Grenze galt. Das souveräne Volk von Athen, das Ursache hatte, ihm dankbar zu sein, folgte mit eifersüchtiger Aufmerksamkeit dieser Gebietserweiterung, und hatte es nach seinem Tode sehr eilig, sich in die inneren Angelegenheiten zu mischen, wozu Thronstreitigkeiten allerdings den Anlass boten. Um diese Zeit legten Athener östlich von der Strymon-Mündung eine Colonie an (Amphipolis). Mit Perdikkas kehrten geordnete 436 Zustände zurück. | Der grosse Kampf zwischen Sparta und Athen liess das letztere die Folgen seiner früheren Politik gegen Makedonien schwer fühlen, da Perdikkas Sparta's Partei nahm. Die 413 Niederlage der Athener gab seinem Nachfolger Archelaus endlich freie Hand, sein Land, zu dessen Hauptstadt er Pella machte, und das er mit Strassen durchzog, durch Nachahmung der hellenischen Heereseinrichtung zu einem ebenbürtigen Range der Stärke nach Aussen zu erheben, und seinen socialen Interessen eine feste Richtung zu geben. Aber noch war nicht die Zeit gekommen, wo ein makedonischer König hätte auf eigene Hand Politik treiben können. Dem würden die Thebaner in den Weg getreten sein. Aber wenn wir es in der nächsten Zeit noch nicht in die hellenischen Händel eingreifen hören, so war ein altes Uebel daran mehr Schuld, als die Einsicht, sich Warten aufzuerlegen. Es fiel nach Archelaus Tode durch Thronstreite in Anarchie zurück. So mischten sich, wie vordem nach Alexanders Tode die Athener, so jetzt die unvermuthet übermächtig gewordenen Thebaner, in die inneren

Angelegenheiten. Theilen heisst schwächen. Die Thebaner (Pelopidas) theilten Makedonien. Der Sohn des K. Amyntas II, Philipp, 365 musste ihnen als Bürgschaft, dass die angeordnete Beilegung der Streitigkeiten dauere, nach Theben folgen, von wo er erst zurückkehrte, als die Schlacht bei Mantinea den Thebanern ihren zweiten grossen Führer geraubt hatte. Einmal wieder zurückgekehrt, legte er es darauf an, da er die Herrschaft nur über einen der beiden Theile erhielt, den anderen Theil wieder damit zu vereinigen, wozu der Tod seines Bruders Perdikkas bald Aussicht gab. Aber die Prätendenten mussten verdrängt, dem Neffen der Thron entzogen werden. Philipp erreichte dieses Ziel.

Mit Energie verfolgte er die Vervollkommnung der inneren Einrichtungen, besonders der militärischen, während er gleichzeitig nicht unterliess die Zeit, wo dem noch immer mächtigen Athen durch den Krieg mit den Bundesgenossen die Hände nach Aussen gebunden waren, zur Erweiterung seiner Grenzen zu benutzen. Dies gelang ihm durch Eroberung der Grenzstädte Amphipolis Pydna und Potidäa. |

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II.

Betrachtung der auswärtigen Politik Makedonien's.

Philipp fand gerathen, Potidäa den Olynthiern zu überlassen. Denn kam zwischen ihnen und den Athenern ein Bündniss zu Stande, so musste er auf seinem Wege Schwierigkeiten, die den Besitz von Potidäa werthlos machten, unnöthigerweise begegnen. Er liess also Potidäa fahren, um die Gelegenheit frei zu haben, welche ihm den Weg nach Thessalien bahnen sollte. Sie kam. Die Thessalischen Städte wandten sich um Schutz gegen den Tyrannus von Pherä an ihn, und erhielten ihn. Aber diese Tyrannis liess er für Pherä fortbestehen. So waren einst die Spartaner dann und wann von anderen Staaten gerufen worden; aber sie hatten immer ihr dorisches Wesen mitgebracht, vermöge dessen ihre Execution einer Ausrottung gleichkam. Die vorausberechnende Politik des Wartens hatten sie nicht geübt. Anders Philipp. Einige Jahre darauf erneuerte der Tyrann Lykophron, durch phokische Truppen verstärkt, seinen Versuch, thessalische Städte zu unterwerfen. Philipp musste wieder interveniren und erlangte den doppel-353 ten Erfolg, nämlich, in Thessalien zu bleiben, als unentbehrlicher

Schutz, und zugleich auf der Verfolgung der Phokier bis an die Thermopylen vorzurücken. Da dieser Pass von den Athenern besetzt war, so benutzte er diesen Umstand als Vorwand, um die Verfolgung der Phokier nicht fortsetzen zu müssen. Die Eroberung der hellenischen Seestädte schien ihm vorerst wichtiger, damit er Sicherheit im Rücken hätte, wenn er gegen jene ernsthafter vorrücken müsste. Er schlug die Athenischen Heere, die Olynth zu Hülfe gesandt waren, brachte diesen wichtigen Platz in seine Gewalt, und spiegelte den Athenern Frieden vor. Erst darauf nahm er seinen Feldzug gegen die Phokier auf, die den Thermopylenpass preisgaben, um gegen die Athener eine Karte auszuspielen, und gelangte durch diesen verrätherischen Dienst, nach Phokis und Böotien. Er erhielt an Stelle der Phokier die Mit346 gliedschaft der Amphiktyonen und gewährte Athen definitiven Frieden, nahm aber darauf keine Rücksicht, als es ihm nöthig erschien, zur Eroberung Perinths auszuziehen. Darauf erklärte ihm Athen den Krieg. Kein Erfolg Philipps. Da versuchte er es umgekehrt. Den Anlass führte ihm Aeschines herbei. Die Amphissier wehrten sich gegen eine Besitzschmälerung, die die Amphiktyonen geplant hatten. Als Mitglied ihres Bundes erschien er unerwartet, nahm den Platz Elatea, wollte durch Böotien nach Attika vorrücken, musste aber eine Schlacht annehmen, in der er die ver338 einigten Thebaner und Athener schlug. |

Die Athener mussten um den Preis des Verzichts auf ihren Vorrang zusehen, dass Philipp über die Thebaner und Theben Gericht hielt, statt dass er ihnen zu Leibe ging und dass er als Herrn über eine hellenische Stadt sich gerirte, der Fremde und Barbar! Die Hellenen waren der Fremdherrschaft verfallen, Dank der überlegeneren Armee, worüber Philipp gebot, und ihrer einheitlichen Führung. Er machte auch noch einen Zug in den Peloponnes, liess Sparta mit dem blossen Schrecken davon kommen, und lenkte auf dem Staaten-Congress zu Korinth die Aufmerksamkeit von der eigenen Lage auf das Thema von der Befreiung der kleinasiatischen Hellenen, sowie eines Krieges gegen Persien zu diesem Zwecke. Mit der Zustandebringung dieser Versammlung half Makedonien den Hellenen ihre Vergangenheit verleugnen. Es schien, als ob dieselben für sich nicht im Stande waren, sich zu einigen, dass sie es aber, da ihnen ein mächtigerer Wille gebot, verstanden. Dieser Umstand ist lehrreich für die Beurtheilung der Hellenen, die hiernach sich nur getrennt aus sich zu entwickeln

vermochten. König Philipp musste diese geheime Seite ihres Wesens, während er als Geisel in Theben war, ihnen abgelauscht haben.

Die makedonische (panhellenische) Politik gegen. den Grossherrn.

Der Krieg, den Makedonien gegen die Perser geplant hatte, und hernach unternahm, war in seiner ersten Periode, man möchte. sagen, die Wiederholung des Angriffskrieges, den schon die Hellenen vordem geführt hatten, der aber, Mangels an Mitteln, und Dank der Getrenntheit damals eine Generation hindurch gedauert hatte. Die Garantie, dass dieses Mal der Angriffskrieg kürzere Zeit erfordern würde, lag in der einheitlichen Führung, welche Makedonien darstellte.

Wir verweisen wegen der Erfolge der makedonischen Führung sowohl der ersten, welche den kleinasiatischen Hellenen wieder von Persien frei machte, wie der späteren, welche den Sturz der Herrschaft der bisherigen Grossherrn-Dynastie herbeiführten, auf ausführliche Darstellungen. Der Untergang erklärte sich zum grössten Theile aus der durch die Freiheit des Despoten gealterten Beschaffenheit der staatlichen Einrichtungen des für damals unermesslichen Reiches. Die Hellenen, die mit Alexander zogen, waren stark durch die Ueberzeugung, dass ihre Betheiligung aus freiem Antriebe stammte, und durch das erste Motiv, von ihren Stammverwandten ein despotisches Joch abzuwälzen. Man könnte sagen, Makedonien transformirte sich durch die Eroberung Persiens in ein Weltreich. Aber das war anfangs nicht die Wahrheit des Sachverhalts. Makedonien war einem Reichsverweser anvertraut, was so viel bedeutete, wie dass Alexander einstweilen noch der wahre König Makedoniens blieb. Später traf allerdings Jenes zu, als er von der Aufgabe abfiel, die er sich gesteckt hatte, und sich darin zu gefallen schien, König (Grossherr) der Perser zu sein. Dem lag ein richtiger politischer Gedanke zu Grunde. Er hätte zwar die Rolle wechseln und dem Perserreich einen Vicekönig oder besser provinzenweise Vicekönige setzen, und so König von Makedonien dem Rechte nach bleiben können, wenn er wollte. Aber indem Makedonieu sich transformirte, transformirte auch er sich. Er wollte Grossherr bleiben, nachdem er es geworden war. Die Organisation dieses Weltreiches verschiebend, liess er sich vom Tode

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