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hiess, Grossgriechenland. Das erste auswärtige Volk, womit die Römer eine feindliche Berührung suchten, waren die Grossgriechen, und zwar die Tarentiner, die souveräne Vormacht der griechischen Niederlassungen an der calabrischen Küste. Die Ursache der Spannung zwischen Rom und Tarent reichte in die Zeit des letzten Krieges gegen die italische Coalition zurück; Tarent, seiner Selbstständigkeit wegen besorgt, hatte sie planen helfen. Der Eindruck des furchtbaren Krieges hatte hinwiederum die Aufmerksamkeit der Römer auf die Gefahren seitens dieser Macht gerichtet, und sie zu dem Entschluss getrieben, sie zu unterwerfen. Die Besatzung, welche sie nach Thurii legten, die bestimmt sein sollte, den Platz gegen die Lucaner zu decken, eigentlich aber die Verbindung mit dem Meere halten sollte, war der erste Schritt auf ihrem Wege, ein Bruch des Schiffahrtsvertrags mit Tarent der zweite, zugleich der Anlass. Tarent ergriff Repressalien gegen die römische Flotte und gegen die römische Besatzung in Thurii noch vor der Kriegserklärung. Der günstige Moment, wo Rom noch beschäftigt war, war für die Tarentiner vorüber, sie sahen sich Rom allein gegenüber. Ein Bund mit den Etruskern konnte ihnen nichts helfen. Sie wandten sich daher an den König Pyrrhus von Epirus, und erhielten von ihm Unterstützung. Er kam mit einem Heere herüber, ohne Ahnung der Schwierigkeiten, die er gegen die Römer finden würde, aber im Hinblick auf den Plan, die Grosshellenen zu einer Macht zu vereinigen, und daraus ein Bollwerk gegen Rom zu machen. Er siegte zwar über die Römer bei seiner Landung und 280 noch einmal im Jahre darauf, dann auf Sicilien, wohin ihn das von den Karthagern in Abwesenheit seines Beherrschers (Agathokles) bedrängte Syrakus gerufen hatte, gegen diese, wurde aber, als die Sikeliotéff wieder abfielen, zur Rückkehr genöthigt, und nicht allein zur See von diesen, sondern bald darauf in Unteritalien von den Römern bei Benevent geschlagen. Aus Anlass die- 275 ses Krieges, dessen Nachspiel die Belagerung Tarents war, bekamen die Römer die erste Anschauung von griechischem Wesen und die erste Ahnung von dem Charakter der ostwärts wohnenden ächten Griechen, deren Schlauheit sie nachmals ihr berechnetes Raffinement entgegenhalten sollten, und lernten zugleich die Karthager vergleichend taxiren. Ehe sie aber gegen Jene vorgehen konnten, sollte über sie verhängt sein, einen Kampf zu bestehen, der an Gefährlichkeit den tarentinischen trotz der epirotischen Hülfe weit hinter sich liess, den Kampf gegen die karthagische Seemacht.

Doergens, Aristoteles.

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Gegen die Karthager.

Die Herkunft der Karthager und ihres nationalen Namens (Pöner, nach römischem Sprachgebrauch) reichte in eine Zeit hinauf, die an Alter mit der Dauer Rom's wetteifern mochte. In ihrem politischen Charakter, ihren Einrichtungen, und ihrer Sprache wiesen sie auf Phönike zurück. Sie waren von ihrem Stammlande darin verschieden, dass sie auch Ackerbau trieben. Den Griechen war ihre Staatsverfassung bekannt. Sie hatten ferner vor den phönikischen Staaten den Vortheil voraus, ein grösseres Gebiet zu besitzen, und so einen solideren Unterbau für ihr Staatswesen, als jene. Doch hielt der Umfang ihres Gebietes keinen Vergleich mit dem römischen aus. Bei ihren Versuchen, Sicilien zu erobern, die sie während des fünften Jahrhunderts und später gemacht hatten, waren sie wiederholt, zuerst gegen Gelon, dann gegen Dionysius I. und endlich gegen Timoleon, Tyrannen von Syrakus, unglücklich gewesen. Nach dem Abzuge des Pyrrhus 275 hatten sie wieder Fortschritte gemacht. Ohne ihre Herrschaft auch über die Hälfte, wo Syrakus und andere Städte lagen, ausdehnen zu können, besassen sie gleichwohl einen ansehnlichen Theil der Insel im Westen, die Wohnsitze der Elymer und der Sicaner', und beherrschten dadurch die Strasse zwischen dieser und dem Hermäischen Vorgebirge. Abgesehen von früheren Beziehungen hatten die Römer und Karthager diese zuletzt um die Mitte des vierten Jahrhunderts nochmals geregelt und dabei diese Barre als Demarkationslinie angenommen, als die ihren Besitzungen auf Sićilien drohende Gefahr vor Pyrrhus sie zur Erneuerung ihres Bündnisses mit Rom führte. Die Gefahr vor Pyrrhus ging vorüber. Die Eifersucht wegen des Besitzes Siciliens trennte die beiden Mächte, und rief eine Spannung hervor. Rom und Karthago standen einander gegenüber wie vor dem grossen Kriege Sparta und Athen gestanden waren. Den Anlass zum Bruch gaben wieder die Römer, doch nicht wie gegen Tarent, durch Vertragsbruch, sondern durch Landung mit einem Heere, womit sie zur Eroberung der Insel auszogen, wie Pyrrhus es vorausgesehen und vorausge264 sagt hatte. Für den Plan, den sie ihrer Politik vorgezeichnet hatten, ist der Gang des Krieges gegen Tarent massgebend gewesen. Ihr Augenmerk war von vornherein auf die Unterwerfung der Acragantiner gerichtet gewesen, da diese Stadt (Acragas) der

Sie gewährten

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Hauptstützpunkt der Karthager auf Sicilien war. daher Hiero von Syrakus, der ihre Ueberlegenheit gefühlt hatte, Frieden und machten in Verbindung mit ihm die grössten Anstrengungen, um den erwähnten Platz in ihre Gewalt zu bekommen. So war zwar der Schauplatz des Krieges gegen Karthago zunächst Sicilien. Aber um diese Macht empfindlicher zu treffen, musste Rom sie mit ihrer eigenen Waffe, zur See, erreichen können. Es hatte eine Flotte in kurzer Zeit geschaffen, und suchte, während es den Landkrieg fortsetzte, sie auch zur See auf. Verbesserungen der Bautechnik, die Erfindung der Enterbrücken u. A. unterstützten die ungeheuern Anstrengungen. So fielen nach einander Schläge gegen die altbewährte Macht der Karthager bei Mylä, | dann bei 260 Ecnomus, und, als schon ihr Proconsul auf africanischem Boden 257 Eroberungen machte, obgleich die Hauptstadt durch griechische Truppen entsetzt und gerettet wurde, zum dritten Male beim hermäischen Vorgebirge. | Mangel an Lebensmitteln vertrieb die Rö- 254 mer vom africanischen Boden. Auch hatten sie zur See kein Glück mehr. Denn sowohl diese Flotte ging zu Grunde, wie eine zweite, die von ihrer Excursion an der kleinen Syrte beutebeladen zurückkehrte, und sogar eine dritte unter P. Claudius Pulcher, während kurz zuvor zu Lande eine grosse Schlacht (bei Panormus) | ihnen 250 den karthagischen Theil der Insel bis auf einige Plätze unterworfen hatte. Aber alle Anstrengungen scheiterten vor Eryx an der Umsicht, womit dieser Platz von den Karthagern (Hamilkar Barkas) vertheidigt wurde. Noch einmal wagten sie es mit einer Flotte; der Patriotismus brachte die Mittel zusammen. Sie siegten, aber es war die letzte Anstrengung gewesen. Wenn sie nach dieem Siege bei (den Aegatischen Inseln) den Friedensanträgen der 241 Karthager Gehör gaben, so thaten sie es mit der Ueberzeugung, eine gefürchtete Macht ihnen zu sein; was vorerst genügte.

Gegen die Völker des continentalen Italiens und die
Illyrier.

Der Erschöpfung, welche Rom durch die Ausrüstung der Flotten erfahren hatte, wurde durch den Tribut der Karthager abgeholfen. Daher nicht zu verwundern, dass die Geschichte sie sich wieder in Kriege stürzen hört, nachdem jener hartnäckige Krieg kaum beendigt war. Gemeint ist nicht die Erwerbung des noch Karthago zugehörigen Sardiniens, da der Abfall der Miethstruppen

238 diese Insel ihnen in die Hände spielte, und als die Sarden sich

gegen die römische Fremdherrschaft erhoben, die Römer ihre 235 Unterwerfung erzwangen, und als gar die Karthager, nach Herstellung der Ruhe daheim, die Miethstruppen auf Sardinien nachträglich bändigen wollten, die Römer einfach sie auf den Wortlaut des Friedens von 240 (,, alle Inseln zwischen Italien und Sicilien werden geräumt") verwiesen, und sie um neue Tributsummen prellten, womit die Karthager sich die Gefahr eines neuen Krieges 231 abkauften. Gemeint sind vielmehr die Feldzüge gegen die Ligurer, sowie gegen die Bojer und Insubrer andererseits, gegen jene wegen angeblicher Unterstützung, die sie den rebellischen Sarden geleistet hätten, gegen die Bojer, weil sie die Eroberung des Senonenlandes zwischen Aesis und Rubico hindern wollten. Der Krieg mit den Ligurern verwandelte sich mittlerweile, weil Gallische Horden von der Rhone her 1) über die Alpen stiegen, und in Etrurien einbrachen wohl Grund zur Bestürtzung in Rom! in einen Krieg gegen die Gallier. Die Niederlage derselben nach einer 225 furchtbaren Schlacht entwaffnete zugleich auch die Boji. Daran

schloss sich der Feldzug gegen die Insubrer. Auch ihr Widerstand brach sich an der rücksichtslosen Ausdauer der Römer. Nach 222 drei Jahren eroberten sie Mediolanum und schlossen damit diese Kriege, welche sie zu dem Zwecke unternommen, um jederlei sonstige Unabhängigkeit in Norditalien, welche rückwärts Bündnisse planen, und die Ruhe des cisapenninischen Stammlandes in Aufregung zu erhalten vermöchten, zu vernichten. Keine andere Auctorität sollte in dem weiten Italien gelten, als die ihrige, ein politisch wegen seiner Bürgschaften unanfechtbarer Standpunkt! Zu allem dem aber, dass diese nach so entgegengesetzten Richtungen entfaltete Energie beispiellose Gefahren niederzuwerfen verstanden, kam hinzu, dass sie auch gegen die Illyrier gleichzeitig Krieg zu führen hatten, um aus dem Adriatischen Meer den Seeraub, welchen die Unterthanen der Königin dieses Reiches (Teuta) trieben, zu verbannen, der einzige Krieg, den Rom nicht blos für sein eigenes Interesse führen sollte. Es liess sich den Verrath gefallen, den einer der Oberbefehlshaber der Königin, Demetrius, übte, und lohnte ihn nach dem Frieden mit dem majorenn gewordenen Sohne 228 Teuta's mit Verwilligung von Landestheilen (u. a. der Insel Pharus). Die Städte Corcyra und Apollonia, die sich freiwillig

1) Die sogen. Gäsaten. Dieser Name ist appellativisch (vgl. Polyb. II, 22 Siả vờ modov orgarεve) und bedeutete soviel wie Miethvölker.

ihm unterworfen hatten, erklärte es für Freistädte. Grosser Enthusiasmus darüber bei den Griechen.

Gegen die Karthager (Wiederaufnahme der Politik).

Ein zweiter Krieg gegen die Illyrier, den Demetrius durch Fortsetzung der Räubereieu auf eigene Hand verursacht hatte, | hatte 219 mit der Flucht desselben kaum geendet, als im fernen Westen ein neuer Krieg mit Karthago sich ankündigte.

Die Ursache war auch hier wieder Rom, da es den Karthagern in Spanien, das sie inzwischen bis an den Ebro erobert hatten, und wo sie die Silbergruben von Neu-Carthago zum Vortheile ihres Staatsschatzes ausbeuteten, eine Grenze setzen, bis wohin sie vordringen dürften, und verbieten wollte, Saguntum zu nehmen. Die Eifersucht der Römer über das Aufblühen der karthagischen Macht war ebenso stark, wie auf karthagischer Seite der Durst nach Vergeltung und Vernichtung Rom's. Die Eile, die Hannibal's Partei in Karthago hatte, den Krieg durchzusetzen erklärte sich durch die Hoffnung, Rom noch mitten unter seiner Kriegsarbeit in Oberitalien überrumpeln zu können. Da dieser Krieg, der mit dem Angriff Hannibals auf Sagunt als erklärt angesehen werden konnte, wenn auch Rom durch seinen Gesandten die Ehre ha- 218 ben wollte, ihn im grossen Rathe (der oúyxλntos) der Karthager seinerseits zu erklären, eine Wiederholung des ersten war, so würde es genügen, wegen seiner Geschichte auf ausführliche Darstellungen zu verweisen. Allein es mögen doch einige Bemerkungen darüber noch am Platze sein! Da Rom es verstanden hatte, im ersten Kriege sich den Karthagern auf ihrem eigenen Elemente, zur See, ebenbürtig zu zeigen, so hoffte Karthago jetzt dies den Römern damit zu vergelten, dass es sie auf dem ihrigen bekriegte. Und wie die Geschichte des Krieges sich anliess, zeigte sich dieses Mal Karthago Rom überlegen, aber Dank der Führung seiner Truppen durch Hannibal! Wodurch erlahmten aber, nachdem Rom's consularische Heere am Ticinus, an der Trebia, am Trasimenischen See, bei Cannä besiegt worden waren, nach dem letztere Siege die Karthager? Doch wohl dadurch, dass die anderen Feldherrn, zunächst sein Bruder Hasdrubal, dem Hannibal weit nachstanden, wie des Ersteren Niederlagen in Spanien bei Bäcula, und in Italien bei Sena bezeugen. Ohne dass diese er- 207 warteten Truppen zu ihm stiessen, oder ohne Unterstützung von

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