Page images
PDF
EPUB

Diese Thatsachen dienen nur zum Beweise des abgeschlossenen Vertrages.

Will eine Partei bezüglich eines für sie vermittelten Geschäftes das Tagebuch ein= sehen, so hat es der Mäkler zwar unbeschadet des Artikels 69 a) zu gestatten; doch darf die Einsichtnahme nur in solcher Weise gepflogen werden, daß die Partei blos von dem sie betreffenden Geschäfte Kenntniß erhalten kann.

Dritten Personen darf nur in Folge amtlicher Aufträge oder mit Zustimmung der Parteien die Einsicht des Tagebuches in der vorstehenden Weise gestattet oder ein Auszug aus demselben ertheilt werden.

Artikel 77.

Das ordnungsmäßig geführte Tagebuch, sowie die Schlußnoten eines Handelsmäklers liefern in der Regel den Beweis für den Abschluß des Geschäftes und dessen Inhalt.

Jedoch hat der Richter nach seinem durch die Erwägung aller Umstände geleiteten Ermessen zu entscheiden, ob dem Inhalte des Tagebuches und der Schlußnoten ein geringeres Gewicht beizulegen, ob die eidliche Bestärkung durch den Mäkler oder andere Beweise zu fordern, ob insbesondere die Weigerung einer Partei, die Schlußnote anzunehmen oder zu unterzeichnen, für Beurtheilung der Sache von Erheblichkeit sei.

Artikel 78.

Das Tagebuch eines Handelsmäklers, bei dessen Führung Unregelmäßigkeiten vorgefallen find, kann als Beweismittel nur insoweit berücksichtigt werden, als dieses nach der Art und Bedeutung der Unregelmäßigkeiten, sowie nach Lage der Sache als geeignet erscheint.

Artikel 79.

Im Laufe eines Rechtsstreites kann der Richter, selbst ohne Antrag einer Partei, die Vorlegung des Tagebuches verordnen, um dasselbe einzusehen und mit der Schlußnote, den Auszügen und anderen Beweismitteln zu vergleichen.

Die Vorschrift des Artikels 39 findet auch in Bezug auf die Vorlegung des Tagebuches Anwendung.

Artikel 80.

Der Handelsmäkler muß, sofern nicht die Parteien ihm dieses erlassen haben, oder der Ortsgebrauch mit Rücksicht auf die Gattung der Waare davon entbindet, von jeder durch seine Vermittlung nach Probe verkauften Waare die Probe, nachdem er dieselbe behufs der Wiedererkennung gezeichnet hat, so lange aufbewahren, bis die Waare ohne Einwendung gegen ihre Beschaffenheit angenommen oder das Geschäft in anderer Weise erledigt ist.

Artikel 81.

Jedes Verschulden des Handelsmäklers berechtigt die dadurch beschädigte Partei, Schadloshaltung von ihm zu fordern.

Artikel 82.

Der Handelsmäkler hat die Mäklergebühr (Sensarie) zu fordern, sobald das Geschäft geschlossen und, wenn es ein bedingtes war, unbedingt geworden und von ihm seiner Verpflichtung wegen Zustellung der Schlußnoten Genüge geschehen ist, unbeschadet anderweiter Bestimmung durch örtliche Verordnungen, Ortsgebrauch oder in Betreff der an Börsen geschlossenen Geschäfte durch Börsestatuten.

Diese Gebühr hat er auch dann anzusprechen, wenn die Vermittlung des Geschäftes soweit gediehen ist, daß er die Parteien einander bekannt gegeben hat, das Geschäft aber hierauf noch am nämlichen Tage von den Parteien unmittelbar geschlossen worden ist.

Ist aber das Geschäft nicht zum Abschlusse gekommen, oder nicht zu einem unbedingten geworden, so kann für die Unterhandlung keine Mäklergebühr gefordert werden.

Der Betrag der Mäklergebühr wird von der politischen Landesbehörde bestimmt, welche vorläufig wegen der Mäklergeschäfte an Börsen den Börsecommissär und die Börseleitung, wegen der anderen Mäklergeschäfte die Handels- und Gewerbekammer, in beiden Fällen aber, wenn ein Gremium der Handelsmäkler besteht, auch dieses zu vernehmen hat.

Artikel 83.

Ist unter den Parteien nichts darüber vereinbart, wer die Mäklergebühr bezahlen soll, so ist dieselbe in Ermanglung örtlicher Verordnungen, eines Ortsgebrauches oder besonderer Bestimmungen im Börsestatute von jeder Partei zur Hälfte zu entrichten.

Artikel 84.

Hinsichtlich der Anstellung der Handelsmäkler gelten folgende Bestimmungen : I. Zur Erlangung einer Handelsmäklerstelle wird erfordert, daß der Bewerber 1. österreichischer Staatsbürger, 24 Jahre alt und von unbescholtenem Lebenswandel sei, und die freie Verwaltung seines Vermögens besize;

2. die Handelsmäklerprüfung mit gutem Erfolge bestanden habe.

[ocr errors]

II. Die Handelsmäklerprüfung ist zur Erlangung der Befähigung für die Stelle eines Handelsmäklers an einer bestehenden Börse vor der betreffenden Börseleitung, zur Erlangung der Befähigung für andere Handelsmäklerstellen vor der Handels- und Gewerbekammer abzulegen. Sie wird bei den Börseleitungen unter dem Vorsize des Börse= commissärs, bei den Handels- und Gewerbekammern unter dem Vorsize eines Rathes des am Size der Kammer befindlichen Handelsgerichtes, beziehungsweise des Gerichtshofes erster Instanz, und wo sich ein solcher nicht befindet, des Bezirksrichters vorgenommen.

III. Handelsmäkler, welche ihr Amt auch an einer Börse auszuüben berufen sind, werden durch die Börseleitung, andere Handelsmäkler aber für einen bestimmten Ort oder Bezirk durch die Handelskammer des Bezirkes nach Maßgabe des Bedarfes ernannt. Die Ernennung unterliegt der Bestätigung durch die politische Landesbehörde.

Behufs der Besetzung ist ein Concurs auszuschreiben und in der amtlichen Landeszeitung kundzumachen.

Wenn die Besetzung der Stelle an einer Börse erfolgen soll, hat die Bekanntmachung des Concurses auch durch Anschlag an der Börse zu geschehen.

Die Ausschreibung und Bekanntmachung des Concurses steht der Börseleitung, beziehungsweise der Handels- und Gewerbekammer zu, welche zur Ernennung berufen ist.

IV. Nach erfolgter Bestätigung der Ernennung hat der ernannte Handelsmäkler bei der politischen Landesbehörde den Amtseid zu leisten und erhält sohin das von der politischen Landesbehörde auszufertigende Bestellungsdecret, in welchem der Ort oder der Bezirk, für welche er bestellt ist, und innerhalb welcher er seinen Aufenthalt zu nehmen hat, und der Umfang seiner Bestellung (Artikel 68) anzugeben sind.

V. Die Betheilung mit dem Tagebuche erfolgt durch den Börsecommissär, bezie hungsweise in Ansehung der Mäkler, welche nicht für Börsen bestellt sind, durch die Gewerbsbehörde.

VI. Die Ernennung und Beeidigung eines Handelsmäklers wird in der amtlichen Landeszeitung kundgemacht, der Handelskammer und den Handelsgremien des Bezirkes, und wenn im Bezirke ein Gremium der Handelsmäkler besteht, auch diesem mitgetheilt.

Artikel 84 a).

Die Handelsmäkler können Gremien bilden, deren Bezirksabgränzung von der politischen Landesbehörde nach Einvernehmung der Handelskammer bestimmt wird.

Solche Gremien besorgen ihre Angelegenheiten nach eigenen, der Genehmigung der Ministerien der Finanzen und des Handels zu unterziehenden Statuten, in welchen die zwangsweise Eintreibung der erforderlichen Beiträge geregelt werden kann.

Artikel 84 b).

Die Ueberwachung der an Börsen ihr Amt ausübenden Handelsmäkler geschieht durch den Börsecommissär, die Ueberwachung der übrigen Handelsmäkler durch die Gewerbsbehörde.

Der Börsecommissär, beziehungsweise die Gewerbsbehörde, ist berechtigt, zum Behufe der Ueberwachung der Handelsmäkler in die Bücher derselben Einsicht zu nehmen.

Artikel 84 c).

Handelsmäkler, welche die ihnen obliegenden Amtspflichten verlegen, werden mit Ordnungs- oder Disciplinarstrafen belegt, je nachdem sich die Pflichtverleßung als eine bloße Ordnungswidrigkeit, oder mit Rücksicht auf die Art und den Grad derselben, auf die allfällige Wiederholung und die erschwerenden Umstände als ein Dienstvergehen darstellt. I. Ordnungsstrafen sind:

1. Der Verweis;

2. Geldbußen von 10 bis 100 Gulden.

Kraft des Aufsichtsrechtes ist berufen, Ordnungsstrafen zu verhängen, der Börsecommissär bezüglich der an Börsen angestellten Handelsmäkler, die Gewerbsbehörde hinsichtlich der anderen Handelsmäkler.

Gegen die Verhängung einer Geldbuße kann von dem betheiligten Handelsmäkler binnen acht Tagen die Beschwerde bei der politischen Landesbehörde eingebracht werden. Ein weiterer Rechtszug findet nicht statt.

II. Disciplinarstrafen sind:

1. Geldbußen über 100 bis 1.000 Gulden;

2. Suspension vom Amte auf bestimmte Zeit;

3. Entsehung vom Amte.

Die Suspension vom Amte auf bestimmte Zeit kann verhängt werden, wenn der an einer Börse bestellte Handelsmäkler sich ein unanständiges oder ruhestörendes Benehmen an der Börse zu Schulden kommen läßt, welches seine Ausschließung vom Börsebesuche auf bestimmte Zeit nothwendig macht.

Auf die Entsehung vom Amte ist zu erkennen:

a) Wenn der Handelsmäkler wegen eines Verbrechens oder wegen der Uebertretungen des Diebstahls, der Veruntreuung, der Theilnehmung an demselben oder des Betruges verurtheilt, oder wenn gegen ihn wegen einer anderen strafbaren Handlung eine wenigstens sechsmonatliche Freiheitsstrafe verhängt wurde;

b) wenn er von einem Gefällsgerichte wegen Schleichhandels oder wegen schwerer Gefällsübertretung verurtheilt wurde;

e) wenn er in Concurs verfallen ist.

Außerdem kann auf die Entsetzung vom Amte auch noch erkannt werden:

d) wenn der Handelsmäkler in seinen Geschäften wissentlich einen falschen Umstand angibt, bestätigt oder in sein Buch einträgt oder dieses verfälscht;

e) wenn er ein Handelsgeschäft für eigene Rechnung macht oder an dem Nußen eines von ihm vermittelten Geschäftes auf irgend eine Weise theilnimmt, oder wenn er von einem Auftraggeber, den er nicht genannt hat, und von welchem er nicht mit voller Beruhigung angemessene Deckung erwarten konnte, sich diese Deckung zu verschaffen unterlassen hat;

wenn er Geschäfte für Personen besorgt, von deren Zahlungsunfähigkeit oder von deren Unfähigkeit, bindende Verpflichtungen einzugehen, er Kenntniß hat, oder wenn er verbotene oder solche Geschäfte vermittelt, rücksichtlich welcher der gegründete Verdacht vorliegt, daß die Partei sie nur zum Scheine oder zur Benachtheiligung von dritten Personen schließen wolle;

g) wenn wiederholte geringere Strafen ohne Wirkung geblieben sind.

Eine Disciplinarstrafe kann gegen einen Handelsmäkler nur nach vorausgegangener Disciplinaruntersuchung verhängt werden.

Die Disciplinaruntersuchung wird gegen die an einer Börse bestellten Handelsmäkler von der Börseleitung, gegen andere Handelsmäkler von der Gewerbsbehörde geführt, welche den Betheiligten mit seiner Vertheidigung zu hören und sohin mit dem Erkenntnisse vorzugehen haben. Die Börseleitung hat zu diesem Behufe am Anfange eines jeden Jahres für die Dauer desselben eine aus vier Mitgliedern bestehende Commission bleibend zu bestellen und zugleich die Ersaßmänner für diese Mitglieder und die Reihe ihres Eintrittes bleibend zu bestimmen. Der Börsecommissär ist der Vorsigende dieser Commission.

Gegen ein wider einen Handelsmäkler geschöpftes Disciplinarerkenntniß kann von dem Verurtheilten binnen acht Tagen die Beschwerde bei der politischen Landesbehörde angebracht werden.

Gegen die Entscheidung der politischen Landesbehörde ist in gleicher Frist die Ergreifung der Beschwerde hinsichtlich der an Börsen bestellten Mäkler an das Finanzministerium, hinsichtlich der anderen Mäkler an das Handelsministerium zulässig.

III. Gegen Handelsmäkler ist die Suspension vom Amte als mittlerweilige Vorkehrung zu verhängen:

1. Wenn die Fortseßung der Amtsführung des Handelsmäklers während einer Disciplinaruntersuchung oder eines Strafverfahrens bedenklich erscheint;

2. wenn sich, falls eine Caution für ihn bestellt ist, eine bedeutende Schmälerung seiner Caution ergibt;

3. wenn er zeitweise unfähig ist, bezüglich seines Vermögens eine giltige Verpflichtung einzugehen.

Die Suspension vom Amte als mittlerweilige Vorkehrung wird gegen die an einer Börse bestellten Handelsmäkler, von der nach II dieses Paragraphes eingesezten Disciplinarcommission gegen andere Handelsmäkler von der Gewerbsbehörde verhängt. Gegen eine solche Verfügung kann von dem Betheiligten binnen acht Tagen die Beschwerde bei der politischen Landesbehörde eingebracht werden. Ein weiterer Rechtszug findet nicht statt.

IV. Wenn ein Dienstvergehen eines Handelsmäklers sich zugleich als eine nach dem allgemeinen Strafgeseze zu ahndende Handlung darstellt, so darf, solange die Untersuchung bei dem Strafgerichte anhängig ist, das Disciplinarverfahren wegen derselben Handlung, unbeschadet der Suspension als mittlerweiligen Vorkehrung, nicht stattfinden.

Die Strafgerichte sind verpflichtet, in allen Fällen, in welchen ein Strafverfahren gegen einen Handelsmäkler als Beschuldigten eingeleitet wird, hievon, wenn er an einer Börse bestellt ist, der Börseleitung, sonst der Gewerbsbehörde Mittheilung zu machen, und sie nach Beendigung des Strafverfahrens auch von dem Ergebnisse in Kenntniß zu sehen. Ein von den Strafgerichten geschöpftes freisprechendes Urtheil hindert nicht die Durchführung des Disciplinarverfahrens.

V. Die als Ordnungs- oder als Disciplinarstrafen gegen Handelsmäkler verhängten Geldbußen fließen in den Armenfond der Gemeinde, in welcher die Ordnungswidrigkeit oder das Dienstvergehen begangen wurde.

§. 2.

Die Wirksamkeit dieses Gesezes beginnt am ersten Tage des zweiten Kalendermonates, welcher auf dessen Kundmachung folgt, und es treten zugleich die Bestimmungen der bestehenden Geseze, namentlich der §§. 26 bis 29 des Einführungsgesezes zum Handelsgeseßbuche vom 17. December 1862 (R. G. Bl. Nr. 1 ex 1863), soweit sie Gegenstände betreffen, die durch das gegenwärtige Geseß geregelt sind, außer Kraft.

Mit dem Vollzuge desselben sind die Minister der Justiz, des Handels und der Finanzen beauftragt, welche die hiezu erforderlichen, ihren Wirkungskreis betreffenden Verordnungen zu erlassen haben.

[blocks in formation]

Verordnung der Ministerien der Finanzen, des Handels und der Justiz vom 19. April 1875,

betreffend die Bestimmung einer Frist für die Börsen in Wien, Trieft und Prag zur Aenderung ihrer Einrichtungen im Sinne des Geseķes vom 1. April 1875 über die Organifirung der Börsen.

In Gemäßheit des §. 20 des Gesetzes vom 1. April 1875 (R. G. Bl. Nr. 67), über die Organisirung der Börsen, wird der Wiener Geldbörse, der Wiener Waarenbörse, der Frucht- und Mehlbörse in Wien, der Handelsbörse in Triest und der Waaren- und . Effectenbörse in Prag behufs der, den Bestimmungen des bezogenen Gesezes entsprechenden Aenderung ihrer Einrichtungen eine Frist bis Ende des Jahres 1875 gegeben.

Vom 1. Jänner 1876 an treten die Bestimmungen der Geseze vom 11. Juli 1854 (R. G. Bl. Nr. 200) und vom 26. Februar 1860 (R. G. Bl. Nr. 58) sammt Nachtragsbestimmungen, soweit sie die durch das Gesetz vom 1. April 1875 über die Organisirung der Börsen geregelten Gegenstände betreffen, außer Kraft.

Glaser m. p.

Chlumecky m. p.

Pretis m. p.

« PreviousContinue »