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Jahrgang 1875.

Reichsgesehblatt

für die

im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder.

IX. Stück. Ausgegeben und versendet am 20. März 1875.

18.

Verordnung der Ministerien der Justiz und der Finanzen, dann des Obersten Rechnungshofes vom 26. Februar 1875,

wirksam für das Königreich Dalmatien,

mit der Instruction für die cassemäßige Behandlung des Waisèn-, Curanden- und Depofitenvermögens.

Zur Regelung der cassemäßigen Behandlung des Waisen-, Curanden- und Depositenvermögens bei den k. k. Steuerämtern in Dalmatien haben die Ministerien der Justiz und der Finanzen, dann der Oberste Rechnungshof die beiliegende Instruction, welche am 1. Juli 1875 in Wirksamkeit zu treten hat, zu erlassen befunden.

Glaser m. p.

Pretis m. p.

Instruction

über die

Mercandin m. p.

cassemäßige Behandlung des Waisen-, Curanden- und Depositenvermögens bei den k. k. Steuerämtern Dalmatiens.

Erster Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen.

§. 1.

Den Steuerämtern liegt die Uebernahme, Aufbewahrung und cassemäßige Verrechnung des ihnen von den Gerichten zugewiesenen Depositen-, Waisen- und Curandenvermögens ob.

§. 2.

Das Steueramt, welches sich am Size des Gerichtes befindet, ist zugleich dessen Depositenamt für das ihm zugewiesene Depositen-, Waisen- und Curandenvermögen. Es führt den Titel: „K. K. Steuer- und gerichtliches Depositenamt".

§. 3.

Das Steueramt ist in seiner Eigenschaft als gerichtliches Depositenamt dem Gerichte untergeordnet und hat dessen Aufträge zu vollziehen.

§. 4.

Besorgt das Steueramt die Depositengeschäfte mehrerer Gerichte, so müssen die hierauf Bezug nehmenden, in dieser Instruction vorgeschriebenen Journale, Bücher, Vormerkungen und Ausweise für jedes Gericht besonders geführt werden.

§. 5.

Das Steueramt, als gerichtliches Depositenamt, darf ohne schriftlichen Auftrag des ihm vorgesezten Gerichtes nichts in Empfang nehmen oder verausgaben.

§. 6.

Bei jedem Steueramte müssen die übernommenen und erlegten Vermögenschaften abgesondert von anderen Cassegegenständen in einer eigenen Caffe, oder wenigstens in einem eigenen Fache der Casse verwahrt werden.

Die Casse muß von Eisen, gegen Einbruch und Feuersgefahr nach der für die Steuerämter erlassenen Instruction wohl verwahrt und mit einer Doppelsperre versehen sein. Ein Schlüssel hat in den Händen des Vorstandes des Steueramtes, der zweite in jenen des controlirenden Beamten zu bleiben. Diese Schlüssel dürfen bei der Entfernung der Steuerbeamten aus dem Amtslocale in demselben nicht zur Verwahrung zurückgelassen werden.

§. 7.

Zur Hinterlegung bei den gerichtlichen Depositenämtern sind geeignet: Geld, öffentliche Obligationen, Sparcassebücher und andere in Geld umseßbare Privaturkunden, wie Actien und Lose, dann andere Privat-Schuldurkunden, endlich Gold und Silber, Pretiosen und Juwelen.

Wenn bei dem Gerichte feuersichere Locale und Behältnisse nicht bestehen, so sind auch alle wichtigen Urkunden (worunter Testamente u. dgl.) bei dem Depositenamte aufzubewahren.

§. 8.

Die zu bestimmten civilgerichtlichen Depositencassen, sowie die, einzelnen Pupillen oder Curanden besonders gehörigen öffentlichen und Privatschuldscheine, oder sonstige Werthurkunden (§. 7), dann Gold- und Silbermünzen, Pretiosen und Juwelen, sind in der Casse immer in besonderen Umschlägen zu verwahren, und auf den lehteren ist stets der Name desjenigen, für welchen der Erlag erfolgte, und der Conto des Hauptbuches (§. 35) anzumerken, welchem sie angehören.

Das übrige, für Pflegebefohlene eingegangene Geld, sowie auch die zur depositenämtlichen Gebarung gelangenden civilgerichtlichen, in Papiergeld oder Scheidemünze bestehenden Barschaften sind, insoferne sie von den Gerichten nicht zur abgesonderten Verwahrung eigens bezeichnet werden, gemeinschaftlich aufzubewahren.

Zweiter Abschnitt.

Gemeinschaftliche Bestimmungen über die Behandlung des Depositen-, Waisen- und Curandenvermögens. §. 9.

Wenn ein zur gerichtlichen Hinterlegung geeigneter Gegenstand erlegt wird, so hat das Gericht das Depositenamt zur Empfangnahme desselben anzuweisen und anzugeben, ob der erlegte Gegenstand als Waisen- oder Curandenvermögen, oder als ein gerichtliches Depositum zu übernehmen ist. Auf gleiche Weise müssen dem Depositenamte über alle Zahlungen, welche zu leisten sind, die erforderlichen schriftlichen Anweisungen ertheilt werden.

§. 10.

Ueber alle Erläge, welche von dem Depositenamte sogleich in Empfang zu nehmen. find, entweder, weil die Parteien um deren Annahme bei Gericht das Ansuchen gestellt haben (§. 11), oder weil mit Geld oder mit anderen Werthgegenständen beschwerte Packete bei Gericht eingetroffen sind (§. 25), hat jedes Gericht ein eigenes Erlagsbuch nach dem Formulare I zu führen, in welches alle auf solche Erläge sich beziehenden Empfangsaufträge an das Depositenamt einzutragen sind, und worin das lettere unter Fertigung sowohl des Steuereinnehmers, als des Controlors, den Empfang des Erlages unter Beisehung seines Journal-Artikels zu bestätigen hat.

Von dem Erlagsbuche hat das Gericht mit Schluß jeden Monats binnen der nächsten acht Tage gleichzeitig mit dem Journale (§. 33) eine Amtsabschrift an das RechnungsDepartement des Oberlandesgerichtes unmittelbar einzusenden, oder eine Fehlanzeige zu erstatten.

§. 11.

Parteien, welche bei dem Gerichte um den Auftrag an das Depositenamt zur Annahme eines Erlages oder zu einer Erfolglassung ansuchen wollen, haben bei den Gerichtshöfen erster Instanz in der Regel ein schriftliches Gesuch anzubringen. Bei den Bezirksgerichten steht ihnen frei, ein schriftliches Gesuch zu überreichen, oder die Aufnahme eines Prototolles darüber zu verlangen.

§. 12.

Das schriftliche Erlagsgesuch muß mit zwei Rubriken, oder wenn dieß nothwendig erscheint, mit zwei Parien desselben dem Gerichtsvorstande übergeben werden.

Wird das Erlagsgesuch mündlich angebracht, so hat der Gerichtsvorstand ein Protokoll aufzunehmen, und für den Fall der Zulässigkeit des Erlages zwei Rubriken anfertigen zu lassen, welche die für das schriftliche Erlagsgesuch vorgeschriebenen wesentlichen Angaben enthalten müssen.

§. 13.

Das Erlagsgesuch, mit welchem der Erleger die zum Erlage bestimmten Gegenstände beizubringen hat, muß den Namen, Stand und Wohnort des Erlegers, die genaue Bezeichnung des zu erlegenden Gegenstandes und den Zweck enthalten, zu welchem der Erlag gemacht wird.

In demselben soll auch angegeben werden, ob der Erlag in eine neue Masse, oder in welche der bereits bestehenden Massen er gehört.

§. 14.

Die Bezeichnung des zu erlegenden Gegenstandes hat in folgender Art zu geschehen: Bei der Barschaft ist anzugeben, ob der Erlag in Gold, Silber oder Scheidemünze oder in Papiergeld gemacht wird; von ersteren ist eine Münzliste zu verfassen, von lehteren sind die einzelnen Gattungen zu specificiren.

Bei öffentlichen Obligationen ist die Gattung und der Zinsfuß, die Nummer, die Serie, das Datum, der Name, auf welchen sie etwa lauten, der Betrag, bei den auf Ueberbringer lautenden Obligationen die Anzahl der dabei befindlichen Coupons, mit Angabe des Verfallstages des ersten derselben und der Talon anzuführen.

Bei Privaturkunden sind die Eigenschaft der Urkunde, das Datum, die Namen der Aussteller, der Betrag, der Zinsfuß und überhaupt jene Umstände, welche zur genauen Bezeichnung der Urkunde und zur Unterscheidung von anderen ähnlicher Art dienen können, anzugeben.

Gehören zu denselben Beilagen, so sind lehtere ihrer Zahl und ihrer Beschaffenheit nach auf gleichmäßige Art mit möglichster Kürze zu bezeichnen.

Pretiosen und Juwelen, goldene und silberne Gegenstände, endlich Münzen, welche in der österreichisch-ungarischen Monarchie nicht geseßlich gangbar sind, sind nach Zahl, Art, Form und wesentlichen Kennzeichen zu beschreiben und ihrem Werthe nach anzugeben.

§. 15.

Eine schriftliche Erlagsanzeige ist auch dann erforderlich, wenn Gerichtspersonen kraft ihres Amtes einen Erlag zu machen haben.

§. 16.

Ueber jedes Erlagsgesuch ist, sowie über jedes andere Geschäftsstück, von dem Gerichte nach vorläufiger Eintragung desselben in das Einreichungsprotokoll sogleich, und zwar am nämlichen Tage, an welchem das Erlagsgesuch eingelangt ist, ein Beschluß zu fassen.

Findet das Gericht den Erlag nicht für zulässig, so sind die Gründe der Abweisung der Partei sogleich mit schriftlichem Bescheide bekannt zu geben.

Wird der Erlag zulässig befunden, so ist der gerichtliche Verwahrungsauftrag auf dem Erlagsgesuche und den Parien oder Rubriken desselben auszufertigen und in das Erlagsbuch (§. 10) einzutragen.

Das mit dem Verwahrungsauftrage versehene Erlagsgesuch sammt den Parien oder Rubriken desselben wird sodann mit dem Erlagsbuche an das Depositenamt übersendet und der Erleger gleichzeitig angewiesen, sich dahin zu begeben.

§. 17.

In jedem Auftrage an das Depositenamt zur Annahme oder Ausfolgung eines Vermögens müssen der Name der Behörde oder der Partei, von welcher ein Erlag geschehen, oder an welche eine Ausfolgung stattfinden soll, die Angabe, für wessen Rechnung der Empfang oder die Ausgabe zu geschehen habe, dann die Veranlassung, der Gegenstand und der Zweck des Erlages oder der Ausfolgung, endlich die Bedingungen, unter welchen die Ausfolgung stattzufinden hat, mit möglichster Bestimmtheit enthalten sein.

Nach den Umständen sind daher bei Gold- und Silbermünzen die Münzsorten und die Zahl der Stücke, bei Staatspapieren die Gattung derselben, die Nummern, der Tag der

Ausstellung, der Name, auf welchen sie lauten, der Zinsfuß, der Betrag des Capitals und die Anzahl der Interessencoupons, bei Privatschuldscheinen der Name des Schuldners und Gläubigers, der Zinsfuß und der Betrag des Capitales, bei anderen Urkunden wenigstens der Name des Ausstellers, und Jahr und Tag der Ausfertigung anzugeben.

Pretiosen und Juwelen, goldene und silberne Gegenstände, endlich Münzen, welche in der österreichisch-ungarischen Monarchie nicht gesetzlich gangbar sind, sind nach Zahl, Art, Form und wesentlichen Kennzeichen zu beschreiben, und, wenn ihr Werth nicht schon aus früheren Verhandlungen bekannt ist, bei dem Erlage durch beeidigte Sachverständige, wo möglich in Gegenwart des Erlegers, schäßen zu lassen.

§. 18.

Das Gericht ist verpflichtet, bei allen Erledigungen, welche die vollständige Kenntniß des Standes der Masse voraussehen, sich dieselbe durch Einsicht der Bücher zu verschaffen, oder sich nöthigen Falles einen Bericht darüber vorlegen zu lassen.

Sollte das Depositenamt hinsichtlich der Erfüllung eines erhaltenen Auftrages ein Bedenken finden, oder eine Unrichtigkeit wahrnehmen, so hat es mit dem Vollzuge inne zu halten und dem Gerichte die Anzeige darüber zu erstatten. Insbesondere ist es verpflichtet, mit der Erfolglassung inne zu halten und dem Gerichte die Anzeige zu machen, wenn sich die Person des Eigenthümers des auszufolgenden Gegenstandes mittlerweile geändert hat, oder der lehtere mit einem Pfandrechte oder Verbote belegt erscheint, das Gericht aber in der Erfolglassungsbewilligung von diesen Umständen keine Erwähnung gemacht hat.

§. 19.

Für alle an das Depositenamt gelangenden Aufträge hat dasselbe eine eigene Vormerkung zu führen, um sich den Vollzug derselben gegenwärtig zu halten.

§. 20.

Bei allen Uebernahmen und Erfolglassungen haben der Vorsteher des Steueramtes und der Controlor gegenwärtig zu sein.

§. 21.

Jeder Erlag ist in Gegenwart der Partei unter genauer Prüfung und Vergleichung mit dem Inhalte des gerichtlichen Auftrages zu übernehmen und unverzüglich in die Casse zu hinterlegen.

§. 22.

Ueber einen jeden gerichtlich angenommenen Erlag ist der Empfang auf dem an den Erleger sogleich hinauszugebenden Exemplare des gerichtlichen Verwahrungsauftrages zu bestätigen, sodann die mit einer gleichen Empfangsbestätigung zu versehende schriftliche Original-Erlagsanzeige oder das Original-Erlagsprotokoll dem Gerichte im kurzen Wege zurückzustellen und das dritte Exemplar des Verwahrungsauftrages von dem Depositenamte zu seiner Bedeckung zurückzubehalten.

Jede Empfangsbestätigung muß die erforderlichen Angaben über die Beschaffenheit des Erlages (§. 17) enthalten, von den beiden Oberbeamten des Steueramtes unterzeichnet und mit dem Amtssiegel desselben versehen sein.

Die Empfangsbestätigungen in dem Erlagsbuche (§. 10), die schriftlichen Anzeigen und die Zustellungsbestätigungen der Steuerämter bedürfen der Beidrückung des Amtssiegels nicht.

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