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Beine zu bringen. Hier und zwei Tagemärsche unterhalb Tschungtam ist natürlicher Weise gar keine Gefahr, und mit einiger Anstrengung und gehöriger Vorsicht können meine Leüte das Krankwerden vermeiden; allein obschon ich Jeden beim Abgang nach Dardschiling warne, und Hr. Campbell dasselbe thut, wenn er ihn mir zurückschickt, so sind diese Leüte doch zu unbedachtsam, um auf diese Warnungen zu hören, sondern schlafen sorglos in den pestilenzialischen Höhlen von Siffim, an Orten, wo ich auch nicht einen Augenblick verweilen würde. Was mich selbst betrifft, so ist meine Aufgabe noch nicht zur Hälfte gelöst ich meine die Botanik, obschon ich vom frühen Morgen bis zum späten Abend, beim Sammeln und Trocknen thätig bin und fast auf nichts Anderes meine Zeit verwende.

Wir haben hier fast gar keinen Regen, wohl aber viele Nebel; und ich finde große Schwierigkeit, meine Pflanzen in Ordnung zu halten: glücklicher Weise sind sie klein. Ich habe noch keine Aussicht, vor September oder Oktober nach Dardschiling zurückzukommen, und vielleicht selbst dann noch nicht. Dennoch brauchen Sie wegen des Fiebers nicht in Sorgen zu sein, denn ich werde nicht unter 6000 Fuß Höhe hinabsteigen, und in der That bin ich während der lezten zwei Monate nicht unter 10,000 Fuß gewesen. Ich habe zwar hart gelebt, bin aber bisher gesund gewesen, und wüßte nicht eine einzige Stunde, in der ich mich einsam gefühlt hätte, wiewol ich keine Seele habe, mit der ich mich unterhalten könnte. Das Katalogisiren der Pflanzen und das Schreiben meines Tagebuches ist keine geringe Aufgabe und ich bin beständig bei der Arbeit. Lange ist es her, daß ich keinen Brief von Haus bekommen habe. Meine Entfernung

von Dardschiling ist bedeütend und meine Post ist von da oft zwanzig Tage unterwegs. Ich gedenke noch ein paar Tage hier zu bleiben, und dann mit aller Muße nach Tschungtam hinabzusteigen.

Anmerkungen.

J. D. Hooker.

1) (S. 118.) A. v. Humboldt hält die mittlere Höhe der Plateaux von Tübet unter 1800t, viel unter 10,800 Pariser Fuß. Ladak hat, nach wirklicher Messung, ja nur 1563t 9378 Par. F. Höhe, fast wie die Stadt Quito, kaum mehr.

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2) (S. 122.) Also,,a flat tableland" 2345t — 14,070 Par. F. Das ist genau die Messung, die Moorcroft dem See Manasa giebt. (Man sehe A. v. Humboldt's Karte: Chaines de montagnes de l'Asie centrale, 1843, und Berghaus' physikal. Atlas, Abth. III. Nr. 15.) Das südöstliche Tübet ist viel höher, als das nordwestliche gegen Ladak (1563t) hin. Ich schäßte die Höhe des Plateaus zwischen dem Tschumalari und Teschulumbu im Durchschnitt zu 2000+, und unmittelbar am nördlichen Fuße des Tschumalari, bei Sumdra, zu 2350t, was mit Hooker's wirklicher Messung, die in der Nachbarschaft augestellt ist, sehr nahe zusammenfällt (Berghaus' Atlas von Asia, Nr. 9, Karte von Assam, 1834). Man muß aber nicht übersehen, daß Tübet eine Ausfüllung angeschwollener Thalboden zwischen zwei Ketten ist. Der vortreffliche Hooker wird wohl Erkundigung haben einziehen können über die Raumerstreckung solcher,,table-lands" gegen Norden und Nordwest. Man kennt ihrer bis jezt: 1) zwischen Gartope, Shipke und Daba; 2) um die heiligen Seen; 3) um Ladak (Leh); 4) die Hochebene Deotsuh, von Vigne zu 1873 gemessen (Humboldt's Asie centrale, T. III, p. 319-326; dessen Ansichten der Natur, 3. Aufl. I. Bd. p. 102–108); und 5) das Plateau von Teschulumbu.

3) (S. 123.) Nach A. v. Humboldt's Angaben über die mittlere Höhe der Schneelinie im Himálaya (in Asie centrale T. III. p. 326) beträgt der Unterschied zwischen dem nördlichen und südlichen Abfall 3420 Par. Fuß; nach Hooker's früherem Briefe 4691 Par. F. (Ansichten der Natur, Bd. I. p. 126). Die jeßigen Angaben von Hooker, im Briefe aus Tungu, geben den Unterschied, auffallend gering, nur zu 933 Par. Fuß an! Muthmaßlich ist hier zufälliger Schneefall mit der Linie des ewigen Schnees verwechselt worden, über die nur allgemeine Erfahrungen an verschiedenen Punkten und zu verschiedenen Jahreszeiten entscheiden können. Sehr denkbar ist es, daß meteorologische gleichzeitige

Prozesse nördlich und südlich von Gebirgskämmen sehr verschieden wirken.

4) (S. 124.) Die Vergleichung mit der Seekrankheit ist sehr richtig nach Aller Erfahrungen in den Andes-Ketten. Man leidet gar nicht an der Respiration, aber man speiet! Wundern muß man sich aber, daß Hooker dieses Übel schon bei 15,000 Feet (14,070 Par. F.) fühlt; A. v. Humboldt empfand es in den Andes von Quito x. erst bei 18,000 Par. F. Höhe.

Potsdam, den 16 Dezbr. 1849.

Zusaz.

Berghaus.

In dem Augenblick, wo die vorstehenden Nachrichten durch die Presse gehen sollen, geht aus Calcutta eine wichtige Arbeit ein, welche die genauere Bestimmung der Schneegränze im Himálaya zum Gegenstande und den Ingenieur-Lieutenant Robert Strachey zum Verfasser hat, der im J. 1848, bei Gelegenheit der Gränz - Regulirung zwischen dem Indo - britischen Reiche und dem „Reich der Mitte“, bis zu den heiligen Seen von Tübet vorgedrungen ist.

Wer die Fortschritte der Erdkunde nur einigermaßen aufmerksam verfolgt hat, wird sich erinnern, daß seit dem Jahre 1816, wo die ersten Nachrichten von den, durch englische Offiziere vorgenommenen, Messungen der Riesenhöhe des Himálaya nach Eüropa gelangten, A. v. Humboldt auf den großen Unterschied aufmerksam gemacht hat, welcher in der Höhe der Linie des ewigen Schnees obwaltet, je nachdem der südliche, oder indische, und der nördliche, oder tübetische, Abfall des Himálaya in Betrachtung kommt. Die obige Note (3) enthält über diese relative Höhe die Bestimmungen, welche A. v. Humboldt neüerdings angenommen hat. Hiernach ist die Schneegränze am nördlichen Abfall um 3420 P. Fuß (d. i. ungefähr die Höhe unseres Brocken) höher, als am südlichen Abfall.

Indem der Lieut. Strachey die Beobachtungen seiner Vorgänger: Webb, Colebrooke, Hodgson, Moorcroft, A. Gerard und Jacquemont, auf deren Arbeiten sich A. v. Humboldt bei Bestimmung jener Zahl stüßte, kritisch beschaut und beleüchtet, findet er, nach seinen eigenen Messungen, die, wohl bemerkt, auf demselben Schauplay des Himálaya angestellt worden sind, welche jene Männer wählten, daß: „Hr. v. Humboldt vollkommen Recht hatte, als er die relative Höhe der entgegengesetzten Abfälle dieser Ketten (des Himálaya) behauptete“; daß aber, nach eben denselben Messungen, der Unterschied zu 2815 P. Fuß anzunehmen sei, da die Schneegränze, am Südabfall, 14,513 Par. Fuß, und am Nordabfall 17,358 P. Fuß über der Meeresfläche stehe. Doch fügt Strachey hinzu: „Die Schneelinie steige an den Bergen Alex. v. Humboldt's Briefwechsel. III.

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auf der Nordseite des Sutledsch sogar bis über 19,000 englische Fuß empor“; eine Größe, die, auf Pariser Maaß zurückgeführt, 17,830 Fuß giebt, und hiernach stellt sich die relative Höhe auf 3317 Par. Fuß, was von A. v. Humboldt's Resultat noch nicht um volle hundert Fuß abweicht. Als Mittelwerth dürften 3370 Par. Fuß anzunehmen sein.

Von den zwei Ursachen, welche A. v. Humboldt für die Erscheinung angegeben hat, nämlich: Strahlung großer Bergebenen und Trockenheit der tübetanischen Luft, nimmt der genaue Strachey nur die legte an, aber mit Unrecht, wie sich aus den Messungen ergiebt, welche A. v. Humboldt, und nach ihm Boussingault, auf den großen Gebirgsebenen der Andes von Südamerika angestellt haben. Es gebricht hier der Raum, auf eine ausführliche Analyse der vortrefflichen Arbeit Strachey's einzugehen, fie muß einem anderen Orte vorbehalten bleiben.

Potsdam, den 27. Decbr. 1849.

Berghaus.

Den jezigen Wiederabdruck des vorstehenden Auffages benuße ich, um ein Paar Lesefrüchte anzuhängen, welche ebenfalls den Himálaya betreffen, und die ich im Sommer 1850 aus der Londoner Zeitschrift Athenaeum gesammelt habe. [Anmerkung vom April 1862.]

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Auf dem Plateau von Tübet, dessen mittlere Höhe um die heiligen Seen 15,500 engl. Fuß (2424t — 14544 Par. Fuß) über der Meeresfläche beträgt, hat Lieut. Henry Strachey (ein Bruder von Robert Strachey) dieselbe Reihe von Versteinerungen entdeckt, welche Major Coutley und Dr. Falconer in Sub-Himálaya gefunden haben. Das Tafelland besteht hauptsächlich aus Geschieben (boulder-drift) in horizontalen Straten; indeß die hoch aufgerichtete Stellung der Tertiär-Schichten den Beweis liefert, daß die große Masse des Himalaya von posttertiärer Erhebung ist. Das Plateau ist von Baumwuchs entblößt, und hat nur eine spärliche Vegetation auf einem sehr kleinen Theil seiner Oberfläche; und da es kein Wasser giebt, so ist es fast ganz unbewohnt, mit Ausnahme einiger Nomadenstämme, deren Dorfschaften in

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den tiefen Schluchten stehen. Fische (von einer noch zu bestimmenden Species) giebt es in dem See Rákas Tál und den Bergströmen des Plateaus. Die Schluchten, welche die Ebene durchfurchen, sind außerordentlich tief eingeschnitten ; so hat das Sutlej-Thal eine Tiefe von 3000 engl. Fuß (470t 2820 Par. Fuß) unter dem allgemeinen Niveau des Plateaubodens, und seine Ränder sind irriger Weise für Berge gehalten werden, von Moorcroft nämlich, der auf seiner ersten Reise nach Tübet von dem Dasein der Ebene nichts gewahr wurde. Merkmale von der Thätigkeit der Flüsse hat Lieut. H. Strachey nur bis zu einer Höhe von 200 Fuß (31t = 187 Par. F.) über dem gegenwärtigen Wasserpaß bemerkt, woraus er mit Recht schließt, daß sie auf die Bildung dieser gewaltigen Spalten gar keinen, oder doch nur einen untergeordneten Einfluß ausgeübt haben. Die Glätscher tragen zwar Spuren früherer Ausdehnung, aber diese Ausdehnung kann auch nur sehr unbedeütend gewesen sein. (Athenaeum, 1850, Aug. 17, No. 1190, p. 880.)

Im Sommer 1850 war eine Nepalesische Gesandtschaft in London. Einer der Abgesandten, Lall Sing mit Namen, wohnte der Schlußßigung der geographischen Gesellschaft bei und gab einige interessante Aufschlüsse über die nördliche Gränze von Nepal, seines Vaterlandes, denen zufolge diese Gränzlinie auf allen unfern Karten, den gewöhnlichen wie den besten, unrichtig angegeben ist, indem sie beträchtlich gegen Norden geschoben werden muß. Die Linie verläßt die Gränze (wie site jezt eingetragen ist) beim Gosangthan, von welchem Punkte gegen Westen hin beide Abhänge der Hauptkette des Himálaya zu Nepal gehören. Dann laüft die

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