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Total-Verhältniß des Festen zum Flüssigen auf der ganzen Erdoberfläche berühren.

Ich werde das beifolgende Buch in 3-4 Tagen, weil ich es sehr brauche, abholen oder abholen lassen, aber die Zahlen und Meinungen, um die ich Sie bitte „und die gewiß in Ihren älteren Papieren ruhen“, erbitt ich erst in einem Monat, d. h. nicht ad Calendas graecas!

Al. Humboldt. den 30 Juli 1853.

Am 1. August besucht' ich Humboldt, um ihn zu bitten, mir einige Zeit zum „Suchen“ zu gönnen, weil ich eben mit einer dringenden Arbeit beschäftigt war.

„Oh, antwortete er, beeilen Sie Sich nicht; mir ist seit vorgestern auch etwas in die Quere gekommen, was mir die betreffende Stelle des „Kosmos" aus den Augen rückt. Auch vermisse ich den Band von Beaumont, worin dessen Zahlen stehen; sobald ich ihn finde, sollen Sie ihn haben."

64.

(Erhalten 4. September 1853.)

Wenn es mich freut, den so lange gesuchten Band von Elie de Beaumont wiedergefunden zu haben, so bleibt mir doch, theurer Profeffor, wegen des Kosmos noch dasselbe Bedürfniß von Zahlen, die ich zum Kosmos brauche.

Ich habe bisher das Verhältniß des festen Landes zum Meere (die ganze Erdoberfläche = = 1 gesezt) also ange

nommen:

0,734 die Meere

0,266 die Continente,

also die Feste wenig mehr als ein Viertheil der Erdoberfläche, ohne die von Ross entdeckten Südpol-Länder in Anschlag zu bringen; man sagt gewöhnlich aber falsch 13.

Ich wünsche von Ihnen zu wissen, ohne Sie aufzufordern, neue Berechnungen über das Ganze zu machen, mir zu sagen, welches Verhältniß zwischen Fest und Flüssig Sie bisher, aber so als Fraction von 1,000, angenommen haben zu einer Zeit, wo Sie ebenfalls nicht das Südpolarland quadrirten.

Meine zweite ist nun folgende: Elie de Beaumont behauptet, mein obig angegebenes Verhältniß müsse seit der Entdeckung des großen Südpolarlandes sehr falsch sein. Um die Größe der Correction zu ergründen, bitte ich Sie (in der Supposition, daß die von Ross gefundenen ContinentalKüsten des Südpolarlandes bis zum Pol rund umher sich erstrecken), wie viel sich dadurch, wenn man die QuadratMeilen-Zahl in die der ganzen Erdoberfläche dividirt, das obige Quantum des Festen 0,266 verändert?

Ich glaube nicht sehr viel!

Auch wäre mir angenehm, wenn Sie folgende Angaben von E. de Beaumont mit Ihren älteren Angaben oder mit solchen, denen Sie Glauben schenken, vergleichen wollten.

Beaumont behauptet nämlich, daß das Continentale der heißen Zone nördlich und südlich vom Aequator gleich find.

Nördliches festes Land der heißen Zone 0,26;

Südliches festes Land der heißen Zone 0,24.

In der gemäßigten Zone sei das Continentale nördlich 0,53, also mehr als die Hälfte, südlich in der gemäßigten Zone 0,07, also weniger als 1/10 der ganzen Zone.

Ich bitte Sie inständigst mir schriftlich darüber nach Berlin zu antworten: ich hoffe zum 16—18 dieses Monats wieder ganz in Ihre Nähe zu kommen.

Freundschaftlichst

Potsdam,

im Augenblick der Abfahrt.

Ihr

Al. Humboldt.

Es ist weiter oben von einem großen artistischen Werke über Potsdam und die Königlichen Gärten daselbst die Rede gewesen, auch erwähnt worden, daß aus diesem Werke nichts wurde, weil, wie es hieß, dem Könige Friedrich Wilhelm IV die Kosten zu bedeütend seien. Gehört die sehr interessante Geschichte dieses von Lenné und mir aufgefaßten Unternehmens in meine Mémoires d'outre tombe, so muß ich hier doch noch ein Mal darauf zurückkommen, weil ein Brief Humboldt's vom Jahre 1853 darauf Bezug hat.

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Ich habe gesagt, daß der König den Maler und Dichter Kopisch mit Abfassung des historischen Theils dieses Werkes, der Geschichte von Potsdam, beauftragt habe. Lenné erzählte mir in der Folge, der König habe befohlen, daß Kopisch sein Pensum erledigen solle. War Kopisch mit der Darstellung eines Zeitabschnitts der Baugeschichte von Potsdam 2. fertig, so mußte er sein Manuscript dem Könige vorlesen, der alsdann den Recensenten machte. Ich ließ mir erzählen, der König sei ein gewissenhafter und strenger Kritiker und in Folge dessen Kopisch genöthigt, manchen Abschnitt von Grund aus neü zu bearbeiten.

Kopisch starb eines plöglichen Todes. Ich hatte immer gehört, zum Theil von Kovisch selbst, daß seine Arbeit langsam vorrücke. Bei seinem Tode wurde mir gesagt, er habe die Geschichte von Potsdam unvollendet hinterlassen. Damals lebte F. Possart in Potsdam, eben nicht in glänzenden Verhältnissen. Ich dachte bei mir selber, der würde der rechte Mann sein, das unvollendete Manuscript zu Ende zu bringen. Ich schrieb deshalb an Humboldt. Seine Antwort war diese:

65.

(Erhalten 13. Februar 1853)

Ueber denselben Gegenstand, theuerster Profeffor, hatte

mir schon, gleich nach dem Tode des talentvollen Kopisch,

der arme Statistiker F. Possart geschrieben. Ich habe aber, nicht blos von Hrn. v. Olfers, sondern noch gestern aus dem eigenen Munde des Königs gehört, daß das Manuscript ganz druckfertig und vollendet sei, und daß Er es, wie es da liege, bald wolle herausgeben lassen; es solle nichts zugesezt werden. Es kann daher zur Vollendung des Werkes nichts in Vorschlag gebracht werden.

Freundschaftlichst

Sonnabend.

Jhr

Al. Humboldt.

Das Buch erschien dann auch bald im Druck. Ich habe nur den ersten Abschnitt durchgesehen, und mich über die historische Kunstfertigkeit gefreut, mit der Kopisch den Wohnplah fast aller in Tacitus' Germania genannten Völker auf der Insel Potsdam zusammengedrängt hat! Es gibt in der ganzen deütschen Literatur wol kein Buch von so mäßigem Umfange wie dieses, für das ein höheres Honorar entrichtet worden ist. Kopisch bezog ein jährliches Einkommen von 800 Thlrn. und er hatte in einem der Königlichen Gebaüde von Sanssouci eine freie Wohnung, die auch auf einen Miethswerth von 200 Thlr. anzuschlagen war; außerdem war er im Genuß anderer königlicher Beneficien, wie Feüerungsmaterial, u. d. m. Die Abfassung der Geschichte von Potsdam x. hat ihn von 1842 bis 1852 beschäftigt.

66.

(Aus dem Jahre 1854,

ohne Angabe des Monats und Tages.)

Ich bin Ihnen, verehrter Freund, sehr böse und dem Ober- Präsidenten Flottwell, Ihrem vortrefflichen Gönner, gram, daß Sie durch ihn von der Betrachtung des ganzen Tellus ab, und der eines Flecks auf demselben zugelenkt worden sind. Monographien wie die, welche Sie jezt unter der Feder und in der Presse haben, find zwar sehr dan

kenswerth, und ich bewundere abermals Jhr Talent, mit dem Sie allgemein Physisch-Geographisches in die Specialitäten der Heil. Röm. Reichs-Streusandbüchse zu verweben wissen; allein lieber wäre es mir doch gewesen, wenn Sie nicht die märkische Rosinante bestiegen hätten, sondern nach wie vor Ihrem Bucephalus treu geblieben wären, auf dem Sie so lange Jahre in der großen Arena der Gesammt-Erdkunde so glänzende Erfolge errungen haben. Ich beschwöre Sie, theuerster Professor, beeilen Sie sich, aus der Mark herauszukommen, damit Sie im Stande find, Ihr vortreffliches Jahrbuch wieder aufzunehmen, das von der Zeitschrift der Berliner geographischen Gesellschaft nie wird ersezt werden. Hören Sie auf meine Bitten! Ich werde Ihnen die historischen Notizen über Ringenwalde, die Sie von mir verlangen, in die Feder dictiren, das nächste Mal, wenn Sie mich mit Ihrem Besuch erfreuen. Erinnern Sie mich gütigst daran! Mein Gedächtniß für Jüngstvergangenes, ich gestehe es Ihnen, fängt an, sich abzuschwächen.

Mit alter freundschaftlicher Anhanglichkeit

Mittwochs.

Ihr

Al. Humboldt.

Humboldt spricht in diesem Briefe von meinem „Handbuche der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Laufig“, mit dessen Bearbeitung ich damals beschäftigt war. Die Geschichte des Ritterguts Ringenwalde, welches Alexander von Humboldt von seiner Mutter ererbte, ist, nach seinen Dictaten, im III Bande dieses Werks, S. 449, erzählt; von Tegel, dem Erbgute Wilhelm's von Humboldt, ist Bd. I, S. 475-476 die Rede.

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