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Wie? wenn während des Drucks der Verfasser starb ohne sein Werk vollendet zu haben? Wird der lauernde Nachdrucker ihm den Schaden erseßen? Kann der Verleger vorher wissen, ob auch ein übrigens gutes Buch Absah finden werde? Der Nachbrucker hingegen hat die Wahl unter allen Verlagsartikeln und wählt natürlich nur solche, deren Absatz schon unbezweifelt ist. Aber selbst der geringe Vortheil des wohlfeilen Preises der Nachdrücke wird verschwinden, so bald der Verleger den Nachdruck überhaupt nicht mehr zu scheuen hat. Ein Buchhändler, der mit Sicherheit darauf zählen darf, seinen guten Verlagsartikel in allen den Ländern abzuseßen, wo jezt erlaubter Nachdruck einen solchen Absaß unmöglich macht, der kann und wird künftig 2000 Exemplare drukken, wo er sonst nur 1000 gedruckt hätte. Geseßt nun, er habe diese tausend für 1000 Thaler verkaufen müssen, um Kosten und Gewinn zu decken; so wird er nunmehr die zweitausend vielleicht für 1500 Thaler verkaus fen können. Darum ist es eigentlich der Nachdruck, der die Bücher vertheuert statt sie wohlfeiler zu machen. Wenn der Kornhändler, der Getraide aufgeschüttet hat, die Würmer und Mäuse auf seinen Böden vertilgen könn te, so würden die Kornpreise niedriger stehen.

Es bleibt uns noch übrig, auf den allgemeinen Nachtheil aufmerksam zu machen, der aus dem Nachdruck entspringt. Wie manches gelehrte Werk muß im Pulte verschlossen bleiben, entweder weil kein Verleger, aus Furcht vor Nachdruck, den geforderten Preis dafür zah len kann, oder weil überhaupt der Unternehmungsgeist durch den Nachdruck gelähmt wird; weil der Buchhändler sich auf Lagesneuigkeiten beschränken muß und keine Kräfte übrig behält für ein Werk, das wohl erst nach Jahren sich verzinsen würde. Man sichere ihm hingegen den billigen Gewinn an allem, was er druckt, so beleben ihn Kraft und Muth, auch solche Werke: an's Licht zu fördern, die ihn mehr ehren als bereichern. Wenn jährlich

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auch nur Ein solches Werk ungedruckt bliebe, damit die Herren A. und B. ihre Bücher wohlfeiler kaufen können, so ist der Schade unerseßlich, denn wer kann berechnen, welche wohlthätige Folgen die Verbreitung eines einzi gen nüßlichen Werks, oft nur eines einzigen Gedanfens in solch einem Werke hervorzubringen vermag. Gedanken sind Lichtstrahlen und verbreiten sich mit der Schnelligkeit des Lichts.

Wird der Nachdruck allgemein erlaubt, so muß der Bücherverlag gänzlich aufhören, und dann entstehen Klas gen, wie die jenes spanischen Gelehrten, von dem schon 1773 die göttingischen Anzeigen berichten, daß er 54 Handschriften in seinem Pulte liegen habe, die, aus Mangel eines Verlegers, ungedruckt bleiben mußten. Ders selbe Fall würde und müßte in Leutschland mit dem Untergange des Verlagsrechts eintreten. Vollends verbess serte Auflagen würden, nie mehr erscheinen, denn welcher Verleger würde sie zu drucken wagen, wenn der Nachdruck schon Lausende von Exemplaren verbreitet hätte?

Manche Gattung des Handels und Gewerbes känn in manchen teutschen Ländern blühn und bestehn, während fie in andern in Verfall geräth; nicht so der Buchhandel, der in ganz Teutschland in einem solchen Zusammenhange steht, daß, einmal untergraben, kein einzelner teutscher Staat vermag ihn aufrecht zu erhalten. Mit ihm verdorren eine Menge anderer Nahrungszweige. Man erinnere sich, wie viele tausend Hände, vom Papiermacher bis zum Buchbinder, durch ihn beschäftigt werden; was er an Frachten, liefert wie ansehnlich er die Posteinkünfte vermehrt; wie er, meistens durch Tausch, die fremde Waare ins Land bringt, das baare Geld des Käufers aber im Lande zurück behält. Folglich ist schon in dieser, Hinsicht der Schuß des Buchhandels eine allgemeine teutsche Angelegenheit, die, für immer zu berichtigen, gewiß nicht Acten d. Congr. IV. Bd. 1. Heft..

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ausser den Grenzen des erhabenen Wirkungskreises des fegenbringenden Congresses liegt.

Aus Allem scheint unwiderleglich die Alternative hers vor zu gehen ist der Nachdruck unrechtmäßig, so werde er allgemein verboten, ist er aber rechtmäßig, so werde er allgemein erlaubt. Nur dieser Zustand quälender Ungewißheit, schwankender Begriffe höre endlich auf; damit im leztern Falle der Gelehrte, dem res angusta domi nicht erlaubt, blos für den Ruhm zu arbeiten, künftig einen andern Brod-Erwerb sich ausmitteln könne.

Die Ehrfurcht verbietet, noch einen Grund zu widers legen, den die Sophisten manchen Staaten unterschies ben, in welchen der Buchhandel nicht blüht, folglich dem Lande keinen Gewinn verschafft. Auf solche Weise wird kein Staat sich bereichern wollen, denn es wäre eben so viel, als den Handel mit contrebanden Waaren zum Schaden des Nachbars erlauben.

Einzelne Regierungen haben auch schon längst, nicht allein selbst den Nachdruck nicht geduldet, sondern ihn auch ausser ihrem Lande zu hemmen gesucht, so viel fie vermogten. Chur Hannover machte schon 1753 der Reichsstadt Frankfurt Vorstellungen dagegen, erklärte sich auch 1768 sehr ernstlich gegen den Geheimen- Rath zu Bamberg, wegen des berüchtigten Nachdruckers Göbhardt daselbst.

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Das königl. preußische Gesetzbuch verbietet gleichs falls den Nachdruck. Ja, schon Kaiser Carl VI. hat 1735 sogar den Ausländer dagegen geschüßt, als man zu Nürnberg ein von der Akademie der Wissenschaften zu Petersburg herausgegebenes Werk nachdruckte und der russische Gesandte sich deshalb beschwerte.

Selbst in diesem leßten Kriege haben die hohen Alliirten wissenschaftliche Anstalten, sogar in Feindes

Land, großmüthig beschirmt; darum darf nicht befürchtet werden, daß sie, nach einem so glorreichen Frieden, der jedem rechtmäßigen Eigenthümer das Seinige erstattet, nur die literarischen Freibeuter noch begünstigen würden. An vielen Orten wurden die Erziehungs Institute in Schuß genommen, gewiß nicht, damit, wenn jene Zöglinge einst zu Gelehrten gebildet worden, sie die Früchte dieser Erziehung mit den Nachdrückern mancher Staaten theilen sollten.

Die Abschaffung des Negerhandels ist zu einem Frie dens - Artikel erhoben worden. Menschen stehlen und vers kaufen mag auffallender seyn, doch im Grunde ist es nicht schändlicher als Menschen ihr Brod stehlen und es verkaufen.

Sollten daher nicht auch die Grundsäße der Moral sowohl als des Rechts jeden Staat verpflichten, den Nachdruck zu verbieten? ist nicht bloß unrechtliche Ges winnsucht dessen Quelle? oft auch Neid, Bosheit, Rach sucht, Schadenfreude? welcher Staat wird nicht gern so häßlichen Fastern vorbeugen? Theologisch und juristisch betrachtet, nennt Pütter den Nachdruck Diebstahl, und kein Nachdrucker hat gewagt, ihn deßhalb injuriarum zu belangen.

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Wenn nicht ohnehin gesunde Vernunft und rechtli ches Gefühl so laut gegen den Nachdruck sprächen, so wäre es leicht, die angeführten Gründe noch durch Autoritäten der berühmtesten Rechtsgelehrten, Philosophen und Theologen zu unterstüßen.

Kant, Fichte, Schlettwein, Feder, Linë guet u. s. w. haben ihn nicht günstiger beurtheilt. Der berühmte Sonnenfels in Wien hat, an der Spise der Studien- und Censur-Hof-Commission, einen Vors trag über den Nachdruck eingereicht, der dessen Unrechtlichkeit und Schädlichkeit unwidersprechlich beweist. Schont im 17ten Jahrhunderte haben die Juristen Fakultäten zu

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Leipzig und Wittenberg, die noch jest verehrten Rechtslehrer Böhmer, Gundling, Werner, und später viele Neue, den Nachdruck aus Rechtsgründen verdammt. Unter den Philosophen werde vorzüglich Kant erwähnt,. der nach Grundfäßen des Naturrechts den Nachdruck für unerlaubt erklärt. Daß er dennoch Vertheidiger findet, leitet Kant von dem Irrthum her, da ein persönliches Recht mit einem Sachenrecht verwechselt wird. Unter den vielen Theologen, die ihn für sündlich hielten, hat D. Luther sich folgendergestalt darüber ausgedrückt

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Was soll das seyn, meine liebe Druckerherrn, daß Einer dem Audern so öffentlich raubt und stiehlt das Seinige? Seyd. Ihr nun auch Straßenräuber und ,,Diebe worden? oder meint Ihr, daß Gott Euch segnen und ernähren wird durch solche böse Lücke und Stücke ?"

Auch er gründete fein Urtheil schon auf die, jedem Unbefangenen sich aufdringende, Betrachtung :

,, es ist ja ungleich Ding, daß wir Arbeit und Kosten ,,sollen darauf wenden, und Andere sollen den Ges , winnst und wir den Schaden haben."

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Um von neuern Theologen nur Einen anzuführen, möge noch vergönnt seyn, des berühmten Reinhard System der christlichen Moral zu nennen, in welchem unter verschiedenen Gattungen des Diebstahls, auch der Nachdruck die ihm gebührende Stelle gefunden.

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Eine Meinung, in welcher die Gelehrten aller Länder, aller Fakultäten, ja auch die verschiedensten Charaktere unter diesen Gelehrten, ein Luther und ein Voltaire so auffallend zusammentreffen, muß doch wohl die richtige seyn. Die frohe Hoffnung, das Gebäude, welches die Ehrwürdigen Friedens-Gesandten für Jahrhunderte aufführen, auch durch diesen Pfeiler (das Verbot des Büchernachdrucks) geziert und gestüßt zu sehen, füllt

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