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sich mit Letzterem zu einem Triumvirat mit patriotischen Zwecken zu vereinigen. Berthier, Mürat, Lannes und Marmont gewannen die Officiere ihrer Waffe. Der General des Direktoriums (Lefebvre) war auf Bonaparte's Seite. Der Rath der Alten liess sich zu dem Beschluss bringen, drei Consuln zu ernennen, und die Räthe zu vertagen. Der nämliche Beschluss wurde am folgenden Tag, wo die Sitzungen in St. Cloud stattfanden, da der Rath der Fünfhundert hatte wegen seines Widerstandes aufgelöst werden müssen, von dem zehnten Theil genehmigt (19. Brümaire.)1)

III.

Der Sieg der Militärgewalt, welche eine Consularregierung als Staatsform aufgestellt hatte, schuf eine politische Lage, die, weil der Coalitionskrieg noch nicht zu Ende war, gleich provisorisch nach Innen und Aussen war, doch nach Innen weniger lange, weil schon im Dezember mit den Commissionen die Verfassung durchberathen war und dieser Entwurf der Nation zur Genehmigung vorgelegt werden konnte, das erste Beispiel der Anerkennung der Volkssouveränetät, seit man von derselben zu reden angefangen hatte! Durch diese Organisirung einer Befragung der Nation war er der erste Neubegründer des französischen Staatslebens; sich selbst aber bereitete er den Vortheil, dass die Verfassung, deren Vorgängerinnen im Versuche stecken geblieben, die erste war, die von der Nation als ihr Werk adoptirt wurde.

Am 25. Dez. 1799 trat sie in Kraft. Bonaparte hätte, zum Vortheil der Finanzen, gern Frieden geschlossen gesehen. Wenn auch gewiss war, dass K. Paul nicht mehr an einem Kriege gegen Frankreich Theil nehmen werde, so hielt doch das englische Cabinet seine feindselige Politik aus Princip fest. So war zunächst der Krieg gegen das durch England unterstützte Oesterreich und die süddeutschen Staaten eine Nothwendigkeit. Von den drei Armeen, die die Republik auf die Beine zu bringen hatte, war im Centrum die Rheinarmee (Moreau) bestimmt, den Krieg in Deutschland (Kray) zu führen. Bei dem Zustande der italienischen Armee, der nach den Schlägen des vergangenen Jahres ganz trostlos geworden war, hing Alles für die Franzosen von ihrer dritten oder ReserveArmee (Berthier, eigentlich aber Bonaparte)2) ab. Ende April

1) 9. Nov.

2) Gegen das Princip der Constitution, welches dem ersten Consul verbot, selbst ins Feld zu ziehen.

Doergens, Aristoteles.

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setzten sich diese Armeen in Marsch, von den Verbündeten erwartet, die im Süden Deutschlands, auf der Linie von Tirol bis zum Main mit 109,000 Mann, in Italien (Melas) mit 130,000 den heranrückenden Franzosen den Kampf anboten. Als schon die Rhein. armee Siege über die Verbündeten erfochten, war es in Italien, wo Bonaparte nach einem mühseligen Marsche über den grossen St. Bernhard erst nach Mitte Mai anlangte, noch nicht zum Schlagen gekommen. Am 2. Juni zog Bonaparte in Mailand ein; am 14. errang er, nachdem er am Vormittag schon eine Schlacht verloren, und den Rückzug hatte antreten müssen, noch am Nachmittage, durch das Eintreffen Desaix', den Sieg über die Oesterreicher, welcher durch die Convention von Alessandria, Piemont, Genua, die Lombardei und die Legationen den Franzosen in die Hände gab. Um diese Zeit nahm die Rheinarmee, welche einen ganzen Monat unthätig geblieben, ihren Vormarsch wieder auf, bis Mitte Juli, wo der Waffenstillstand von Parsdorf abgeschlossen wurde. Die Republik hoffte Frieden zu erlangen. Das englische Cabinet hindert diese Aussicht. Das Wiener Ministerium, das Zeit zu neuen Rüstungen gewinnen wollte, und von dem sich die französische Regierung bis zu Anfang Octobers hinhalten liess, hatte inzwischen an Erzh. Johann das Commando übertragen. Diesen schlug Moreau, nachdem ihm Zeit gelassen, seine Armee zusammenzuziehen, bei Hohenlinden. Was verloren war konnte der neue österreichische Oberbefehlshaber, Erzh. Karl, nicht wieder gutmachen, und als die Franzosen bis auf zwanzig Stunden Wien nahe waren, fand das Wiener Cabinet den Entschluss, auch ohne England Frieden zu schliessen. Der Waffenstillstand zu Steyer (25. Dez.) und ein im Jan. zu Treviso geschlossener wurden die Basis xu Unterhandlungen wegen des Friedens, der im Februar zu Lüneville zu Stande kam.

Mit Oesterreich hatte Bonaparte seine Absicht erreicht; auch mit England, womit die Frage noch offen blieb, musste er ins Reine kommen, der Truppen wegen, die noch in Aegypten waren, und demonstrirte, um es durch Einschüchterung zum Frieden zu nöthigen, mit Rüstungen zu einer Landung in England. Das Mittel führte zum Ziele. Am 1. October kamen Präliminarien zu Stande zur grossen Freude diesseits und jenseits des Canals. Bald darauf hatten Bonaparte's Unterhandlungen auch mit K. Paul zum Ziele geführt. Ein Vertrag mit Russland (11. Oct.), der diesem Reiche eine Stimme bei der Gestaltung Europa's garantirte, hatte

ihm die Freiheit gesichert, inzwischen neue Verfassungen der batavischen und der cisalpinischen Republik in einem seinen Absichten zusagenden Sinne zu geben, ohne die Absichten auf den Abschluss des Friedens mit England zu vereiteln. Denn das Cabinet sah sich von der öffentlichen Meinung gedrängt, einen Frieden wollen zu müssen, der Ende März zum Abschluss kam.

Im Innern war während dieser Zeit die Thätigkeit des ersten Consuls 1) mit Massregeln gegen die Opposition ausgefüllt, da die Erfahrungen, welche die Conventsregierung und das Direktorium gemacht hatten, antrieben, Aufständen vorzubeugen. In der Unmöglichkeit, solche zu wagen, versuchte die Opposition sich in Conspirationen, worauf u. A. der Auftritt in der Rüe Nicaise (24. Dez. 1800) ein Beweis war. Zweitens hatte ihn die Organisation des Staatswesens, bes. der Haushalt, ein Gesetzbuch u. s. w., in Verbindung damit die Vereinbarung eines Concordates mit dem Papste beschäftigt. Im Mai 1802 wurde seine Gewalt auf zehn Jahre, im 2. Aug. auf Lebenszeit verlängert.

Für eine neue dadurch nöthig erschienene Verfassung wurde dieses Mal nur die Genehmigung des Staatsraths verlangt. Sie enthielt Alles, was Bonaparte für nöthig erachtet hatte. Von dem bisherigen republicanischen Staatsleben war nur noch der Schein übrig, das Princip der Souveränetät des Volks sehr nahe von dem Rechte des ersten Consuls berührt, seinen Nachfolger zu ernennen. Die Anhänglichkeit des Heeres, und das Zutrauen der Nation, wovon er zahlreiche Beweise erhielt, bestärkten ihn auf dem angetretenen Wege. Die Rolle eines Monk hatte er verschmäht, die Rolle eines Washington ignorirt, die Rolle eines Cromwell übertróffen. Die Mission Heinrichs IV., was seinen Plan einer europäischen Conföderation betrifft, schien ihn zu beschäftigen.

Noch eine Etappe war übrig!

Genau ein Jahr war seit dem Abschluss des definitiven Friedens mit England verflossen, als wieder Wolken den politischen Horizont zu verdüstern anfingen. Die Ursache davon lag auf beiden Seiten, und zwar in der unvollständigen Erfüllung der Bedingung des Friedens.

Seitens Bonaparte's, womit Frankreich identisch genommen werden kann, waren Schritte gethan worden, die Englands Ehrgeiz, über den Status quo auf dem Continente zu wachen, reizten. Noch 1802 war die Vereinigung Piemonts, bis dahin dem Herzog von Aosta gehörig, mit Frankreich, ferner eine

1802

zweite hierdurch erleichterte Acquisition, die Annexion Parma's nämlich, endlich die Einmischung Bonaparte's in der Schweiz zu Gunsten der Centralisationspartei vorausgegangen. Diese Vorgänge hatten England (die torystische Regierung) erbittert; es selbst hatte währenddess auch seinerseits Anlass zur Erbitterung gegeben, vor Allem aber durch feindselige Artikel in englischen Blättern, und durch die Hospitalität gegen die bourbonischen Prinzen, was einer Demonstration seitens des englischen Cabinets ähnlich sah. Vergebens wies, was die Presse betraf, der Minister Hawkesbury auf den Unterschied in den Verhältnissen beider Länder hin. Als endlich England seinen Entschluss, Malta nicht zu räumen, verrieth, fand Bonaparte in diesem Umstand den Anlass, Anstalten für 1803 den Kriegsfall zu treffen (März). Der Bruch folgte aber erst, als der britische Gesandte in der Form eines Ultimatums unannehmbare Forderungen ausrichtete (26. April): Besitz Malta's auf zehn Jahre, und Lampedusa's, das von Neapel abzutreten sei, Abzug der Franzosen aus Holland, Stipulationen für den König von Sardinien und die Schweiz

Ueber den Rüstungen, welche der Absicht einer Landung in England dienten, sowie über Englands Gegenanstalten zur Vertheidigung verging das Jahr. Enorme Anstrengungen auf französischer Seite, die Bonaparte zweimal persönlich durch einen Besuch an der Küste anfeuerte.

Sein Augenmerk kannte im Innern nur noch ein Ziel, dessen Erfüllung seinen Beziehungen nach Aussen Dienste leisten sollte. Als Republik erschien Frankreich den monarchischen Cabinetten immer noch als Provisorium. Damit musste nach seinem Dafürhalten ein Ende gemacht werden. War Frankreich wieder auch eine Monarchie der Titel, wie es bereits eine Monarchie der Befugnisse war, dann dachte er zu zeigen, wenn die Cabinette, bes. die Tories in England, in ihrer feindseligen Politik fortfahren sollten, dass die Unterdrückung Frankreichs, als Fortsetzung der in Polen begonnenen Politik, ihre Absicht sei. Bei dieser Lage werde die Bekriegung dieser Cabinette eine Pflicht der Selbsterhaltung und das Ziel einer Mission sein, an die er Berufung werde einlegen müssen.

Darum wurde die sympathische Stimmung für Bonaparte, 1804 welche im Januar des folgenden Jahres das Gerücht von einer Verschwörung, die ihre Werkzeuge in Paris habe, geweckt hatte, durch Fouché in der Richtung geleitet, dass der Staatsrath durch

den Senat veranlasst wurde, zu discutiren, ob Erbregierung einer gewählten Regierung vorzuziehen, ob jetzt die rechte Zeit dazu, und wie sie einzuführen sei. Eine Botschaft Bonaparte's an den Senat leitete die Sache ein. Als vom Tribunat trotz Carnots Widerrede der Antrag auf Errichtung des erblichen Kaiserthums gestellt, und von der Senatscommission derselbe, freilich nicht ohne Vorbehalte für sich und im Interesse des öffentlichen Wohles, wiederholt wurde, da drängten schon Adressen und Aufforderungen von Ausserhalb dieser Körperschaften einander. Unter diesem Drängen entstand das Senatsconsult, wodurch am 18. Mai Bonaparte als Erbkaiser der Franzosen proclamirt wurde unter dem Namen Napoleon. Mit feiner Berechnung dauerte der Name Republik noch fort; aber ihre Insignien verschwanden, auch der Kalender, an dessen Stelle der alte wieder hervorgezogen wurde. Wunderbar, dass die Volksabstimmung, die Tags darauf angeordnet wurde, nicht von der Stimmung beeinträchtigt wurde, die der Ende Mai's beginnende Process gegen die Verschworenen (Georges u. A.) erzeugte, eine Stimmung, die aus Grauen wegen des Endes, das es einerseits mit dem Herzog von Enghien, und andererseits mit dem Gen. Pichegrü genommen, 1) und aus Befremden über die Suspension der Jury gemischt war! Kritisch genug waren die Tage für den Kaiser; denn die Garnison musste da sie nicht mehr zuverlässig schien, in den Casernen consignirt werden.

IV.

Das Kaiserthum wurde alsbald von Preussen, Spanien, Oesterreich anerkannt, von letzterem auf dem Tauschwege, indem Franz II. die Anerkennung als Erbkaiser von Oesterreich erhielt, worauf er als Franz I. das französische Erbkaiserthum anerkannte (10. Aug.).")

1) Ersterer, zu Ettenheim im badischen Oberlande, wo bei den englischen Umtrieben auf ihn gerechnet worden, aufgehoben (15. März), war in Vincennes erschossen, Pichegrü im Gefängnisse am 6. April Morgens todt im Bette gefunden worden.

2) Die Abdication als deutscher Kaiser erfolgte erst später (1806). Uebrigens hatte schon K. Joseph II. in Erwägung gezogen, dass es im Interesse Oesterreichs besser wäre, wenn er auf den Glanz der deutschen Kaiserkrone verzichten würde. So berichtet d. kurfürstl. sächs. Gesandte Petzold in Wien am 12. Febr. 1785 an seinen Hof: „Der Kaiser hält überhaupt nicht den Besitz der kaiserlichen Krone für so wichtig. Er glaubt vielmehr, dass er dadurch in der Ausübung der Privilegien des österreichischen Hauses, und derjenigen Absichten, die er sonst als ein mächtiger Regent entwerfen könnte, gestört und aufgehalten werde."

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