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und die Beamten volle Neutralität genießen und die Bureaus und Kassen Schußwachen erhalten sollen. Endlich wurde der Central-Commission die Aufgabe gestellt, ein Reglement für die Rheinschiffahrt zu entwerfen.

Rheinschiffahrts-Acte.

Die Commission löste nach sechsundzwanzigjähriger Arbeit diese Aufgabe 82 durch die Rheinschiffahrts-Acte vom 31. März 1831'), welche bis jezt durch neunzehn Zusagartikel ergänzt worden ist). Hiernach ist die Lage der Angelegenheit in allgemeinem Umrisse folgende. Die Schiffahrt auf dem Rheine ist bis in die See frei: Leck und Waal gelten als Fortsetzung des Rheins, wogegen jede Regierung bestimmte Freihäfen für den Verkehr mit den Niederlanden gewährt3). An Abgaben werden eine Schiffgebühr vom Schiffe*) und ein Zoll von der Ladung nach dem vereinbarten Tarife) und an den gestatteten Zollstätten, sechszehn bei Thal-, achtzehn bei Bergfahrt erhoben®); die Strom- und Schiffahrtspolizei einschließlich des Lootsenwesens ist nach gemeinsamen Grundsägen geregelt, bei Defraudationen und Contraventionen in Rheinschiffahrtsangelegenheiten wird nach gleichen Principien verfahren; die Organisation und die Befugnisse der Centralcommission, sowie die Zahl und Verhältnisse des nöthigen Beamtenpersonals sind näher bestimmt3). Schließlich wird die Rheinschiffahrts-Acte ausdrücklich für einen Vertrag erklärt, der nur mit allseitiger Bewilligung eine Abänderung erleiden kann.

Mosel. Lahn.

Durch besondere Artikel, die der wiener Congreßacte beigefügt sind, 83 wurde die Freiheit der Schiffahrt wie für den Rhein, so auch für den Neckar, Main, die Mosel, Maas und Schelde festgesezt, namentlich nicht nur jede weitere Erhöhung der bestehenden Abgaben für unzulässig erklärt, sondern

1) Wer diplomatische Formen studirt, den machen wir auf die Reihenfolge, in welcher die Bevollmächtigten der betheiligten Staaten aufgeführt sind, aufmerksam: sie verlegt die hierbei sonst üblichen Grundsäße.

2) Davon sind jedoch die Artikel III. V. und VII. burch Art. XVII. wieder aufgehoben worden..

3) Hierdurch hat der bekannte Streit über das jusqu'à la mer seine Erledigung gefunden.

4) Nach der Ladungsfähigkeit von 50 Centner niederl. (1 =50 Kilogramme) bis 5000 Centner und darüber in zwölf Stufen von 3 Sgr. bis 16 Thlr. steigend; dieser Saß st an jeder Zollstätte zu entrichten.

5) Der Zusagartikel XVI. enthält den neuesten vereinbarten Tarif, ergänzt durch die Verordnung vom 21. Juli 1851. G. S. 51, 520 Ueber die Organisation der Rheinzollgerichte: Verordnung vom 30. Juni 1834, G. S. 34, 136.

6) Besondere Begünstigungen der Schiffahrt: Art. 7. des Schiffahrtsvertrags mit den Niederlanden vom 3. Juni 1837. Vereinigung mit Baiern, Baden, Württemberg, Hessen-Darmstadt wegen gegenseitiger Abschaffung der Rhein- und Neckarzölle M. N. R. XIII. 435. Ueber das hierbei zur Anwendung kommende Princip der Reciprocität vergl. Cabinetsordre vom 28. December 1836. . . 36, 325.

7) Das Stimmenverhältniß ist folgendes: von den angenommenen 72 Stimmen hat der preußische Commissarius 24, der französische und niederländische je 12, der badensche 11, der hessische 6, der nassauische 3.

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auf ihre Verminderung Bedacht zu nehmen verbeißen. Das für Mosel und Maas zu vereinbarende Schiffahrtsreglement soll sich dem rheinischen möglichst anschließen. ')

Bereits der Auseinanderseßungsreceß mit Nassau vom 14/19. December 1816 gedenkt der Schiffbarmachung der Lahn, namentlich versprach die nassauische Regierung die Arbeiten zur Schiffbarmachung von Weilburg aufwärts bis zur preußischen Grenze zu derselben Zeit beginnen und auf ihre Kosten vollständig ausführen zu lassen, in der diese Arbeiten preußischerseits von Wetzlar an abwärts in Angriff genommen würden. Später hat sich hierbei auch die großherzoglich hessische Regierung betheiligt, so daß nunmehr die Lahn von ihrer Mündung an bis Gießen für Fahrzeuge von 100'. preußische Länge und 2'. Einsenkung schiffbar gemacht und unterhalten werden soll. Dies, so wie die Erhebung und Vertheilung der SchiffahrtsAbgaben regelt der unter den drei betheiligten Uferstaaten zu Coblenz geschlossene Vertrag vom 16. October 18442).

Weser. Werra.

Für die Weser fam unterm 20. September 1823 zwischen den betheiligten Staaten Preußen, Hannover, Kurhessen, Braunschweig, Oldenburg, Lippe und Bremen die Weser-Schiffahrts-Acte zu Stande 3), welche durch die Schlußprotocolle d. d. Bremen, den 21. December 1825) und d. d. Nenndorf, den 16. August 1839 ergänzt, beziehungsweise modificirt worden ist 5). Hierdurch find die freie Schiffahrt auf der Weser hergestellt 6), die Strompolizei geregelt, die Zollstätten und Zollsäge bestimmt?), der Leinpfac gesichert und das Verfahren zur Sicherung der Gefälle nach gleichen Grundsägen geordnet worden).

1) Klübers Acten III. 245. Staatsrecht §. 581 ff. Art. 12. 15. des Handelsund Schiffahrtsvertrags mit Belgien vom 1. September 1844.

2) Bei den Berathungen der auf dem Wiener Congresse gebildeten Commission für die freie Schiffahrt der Ströme wurde die Lahn außer Betracht gelassen, weil sich die Arbeiten der Commission nur auf solche Ströme erstreckten, welche Länder trennten. Klübers Acten III. 227. Der Grund ist wohl nicht richtig; auch Flüsse, die verschiedene Länder durchströmen, ohne gerade die Grenze zu bilden, fallen unter die Artikel vom 24. März 1815, aber die Bedingung dabei ist, daß sie damals auf diesen Strecken auch schiffbar sein mußten, was bei der Lahn nicht der Fall war.

3) Mirus §§. 1030-1109.

4) Durch dieses wurde namentlich der Weserzoll auf drei Viertel seines zeitherigen Betrags von 315 Pf. für 300 Pfund bremisch auf 236% Pf. ermäßigt. Hiervon erhält Preußen 44% Pf.

5) Für den Lauf der Weser bis ins offene Meer und umgekehrt."

6) Es wird nur ein, Weserzoll" nach dem Bruttogewicht der Ladung erhoben. 7) Ucber den zur staatsrechtlichen Antiquität gewordenen Elsflether Zoll Klübers Acten III. 174. Staatsrecht § 566. not. c. Nauwerd II. 38. Auf ein specielles Rechtsverhältniß zwischen Minden und Bremen bezieht sich die mit letterem unterm 10. September 1823 zu §. 15. der Weser-Schiffahrts-Acte geschlossene Convention; die Sache scheint dadurch erledigt zu sein.

8) Der Zoll- und Handelsvertrag mit Kurhessen vom 25. August 1831 bestimmt Artikel 14. Ueber den Verkehr mittelst der Weser, und wegen der Erhebung des conventio

Ueber die Benußung des Floßrechtes auf der Werra und Schleuse ist mit der Regierung zu Meiningen unterm 14. Juli 1834 ein besonderes Abkommen getroffen worden, das sich im Amtsblatte der Regierung zu Erfurt für 1838 S. 342-346 abgedruckt findet.

Weichsel. Wartha.

Die beiden Verträge mit Rußland und Desterreich in Betreff des 85 Herzogthums Warschau vom 3. Mai 1815 erklären im Artikel 22. die Schiffahrt auf allen Strömen und Kanälen der Vorzeit (Jabres 1772), ja selbst auf allen künftig schiffbaren Strömen oder neu anzulegenden Kanälen für dergestalt frei, daß sie keinem Einwohner der polnischen Provinzen untersagt werden kann. Speciellere Bestimmungen enthalten hierüber die Handelsund Schiffahrtsverträge mit Rußland vom 19/7. December 1818, Artikel 2. und vom 11. März 27. Februar 1825, Artikel 5., sowie der Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Testerreich in Bezug auf die beiderseitigen ehemals zu Polen gehörigen Provinzen vom 22. März 1817, wonach namentlich die Weichsel und Wartha von den Schiffen der Bewohner Galliziens mit der Freiheit von jeder Schiffahrtsabgabe befahren werden dürfen ').

5. Chauffeen.

Den Chausseen, welche dem Güterverkehre zum Theil einen künstlichen 86 Ersaß für die natürlichen Wasserstraßen gewähren, hat Preußen bekanntlich eine große Aufmerksamkeit gewidmet: es versteht sich, daß sie, wie andere Wege, mit den Straßen angrenzender Länder in Verbindung gebracht sind, worüber die speciellen Einigungen die zunächst berufenen Provinzialbehörden getroffen haben. Nur über einzelne Fälle liegen besondere Staatsverträge vor 2). nellen Weserzolls wird zwischen der Königl. Preußischen und Kurfürstl. Hessischen Regierung Folgendes verabredet: a) In Hinsicht aller Waaren, welche auf der Weser sowohl stromab- als stromaufwärts durch die Gebiete beider contrahirenden Theile, es sei mit oder ohne Umladung, durchgeführt werden, verbleibt es lediglich bei der Erhebung des einer jeden Regierung zuständigen conventionellen Wasserzolls; b) Waaren, welche aus dem Gebiete des einen der contrahirenden Staaten in das Gebiet des andern mit der Bestimmung zum Verbleib im Lande eingeführt werden, bleiben von dem conventionellen Wasserzoll beider contrahirenden Staaten frei; c) dieselbe Befreiung tritt ein für Waaren, welche aus Ländern außerhalb des Zollvereins auf der Weser durch das Gebiet des einen contrahirenden Theils hindurch in das Gebiet des andern contrahirenden Theils eingeführt werden; d) eine gleiche Befreiung genießen endlich auch diejenigen Gegenstände, welche aus dem Gebiete eines der contrahirenden Staaten durch das Gebiet des andern hindurch mittelst der Weser nach dem Auslande geführt werden, wobei es e) sich von selbst versteht, daß sowohl für die auf diesem Wasserwege in das Gebiet des gemeinsamen Zollvereins zum Verbleib eingehenden Waaren die geseßlichen Eingangs-Abgaben, als beim weiteren Landtransport in den geeigneten Fällen die geseßlichen Ausgangs- und Durchgangs-Abgaben zu erheben sind.

1) Ueber diese Verträge oben 69.

2) Im Art. 4. des Vertrags mit Hannover über die Emsschiffahrt vom 13. März | 17. Mai 1843 hat sich Preußen verpflichtet, eine Chaussee von Greven nach Münster anzulegen und zu unterhalten. Ein allgemeines Versprechen über Unterhaltung und Verbesserung der zwischen beiden Staaten bestehenden Verbindungswege enthält der Artikel 3 des Vertrags mit den Niederlanden vom 3. Juni 1837. Ein Vertrag vom 27. Juni 1841 wegen Herstellung einer Chauffee zwischen Berlin und Hamburg wird erwähnt Postblatt 50, 263.

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Die unter den Zollvereinsstaaten wegen Höhe der Chaussee- und Wegegelder getroffene Festseßung ist schon oben 59. erwähnt worden.

6. Eisenbahnen.

Unter den Communicationsmitteln und Wegen sind in neuerer Zeit die Eisenbahnen in erste Linie getreten: des Brief- und Personenverkehrs haben. sie sich bereits bemächtigt und auch für den Gütertransport steigt mit jedem Tage ihre Bedeutung. Der Eifer und das Vertrauen, welches die Speculation der finanziellen Seite dieser Anlagen zuwandte, hat dahin geführt, daß in den preußischen wie andern deutschen Staaten die Bahnen schnell eine bedeutende Ausdehnung erhielten. Und wenn auch die Speculation sich gegenwärtig minder lebhaft an dergleichen Unternehmungen betheiligt, so ist doch ihre Wichtigkeit in der Anerkenntniß der öffentlichen Meinung und der Staatsregierungen keineswegs verringert worden.

Es liegt in der Natur der Sache, daß das Bedürfniß bald aufforderte, die Binnenlinien der Eisenbahnen mit den gleichen Unternehmungen des Auslandes zu verbinden, so daß die Schienenwege, den Strömen nicht unähnlich, verschiedene Staatsgebiete durchschneiden. Und während namentlich das preußische Gouvernement bis zu den lezten Jahren sich nicht unmittelbar an cem Baue von Eisenbahnen betheiligte, sondern diese der Privatindustrie unter staatlicher Aufsicht überlassen hatte, wurde nunmehr eine unmittelbare Betheiligung der Staatsregierungen nothwendig, um durch Staatsverträge derartige Unternehmungen zu sichern. Größer noch wird diese Betheiligung, wo eine Verpflichtung zum Selbstbaue oder aber eine Garantie der Eisenbahnactien hinzutritt.

Die Gegenstände, welche beim Abschlusse derartiger Staatsverträge in Betracht kommen, find theils eigentlich technische, theils sind sie juristischer oder polizeilicher Natur, theils betreffen sie die Wahrung der fiskalischen Interessen oder die Feststellung staatshoheitlicher Fragen, namentlich also die Richtung der Bahnlinie und den Anschluß der Seitenbahnen, die Art und Weise des Baues, die Spurweite1); das Erpropriationsverfahren, den Betrieb, die Bahn-, Paß- und Fremdenpolizei, den Gerichtsstand, die Oberaufsicht, die Sicherung des Postregales und der Zölle, die Benuzung der Transportmittel seitens der Staatsregierungen, insbesondere zu militairischen Zwecken.

Deutsche Eisenbahnen.

Ueber folgende Eisenbahnen liegen besondere Staatsverträge vor: 1) die Eisenbahn von Magdeburg über Oschersleben nach Braunschweig, Hannover und Minden wurde mit Hannover und Braunschweig durch den

1) Dieselbe beträgt durchgängig 4 Fuß 81⁄2 Zoll englischen Maßes im Lichten der Schienen.

2) Ueber die Paßkarten weiter unten. Zu den beachtenswerthen Bestimmungen gehört auch, daß gegenseitig die Nichtgestattung von Hazardspielen auf den Bahnhöfen oder in den Bahngebäuden stipulirt ist; das Spieletablissement auf dem Bahnhofe bei Köthen mag hierzu die nächste äußere Veranlassung gegeben haben.

Vertrag vom 10. April 1841 verabredet. Durch einen Vertrag von demselben Tage übernahm Braunschweig den Bau von Oschersleben nach Wolfenbüttel; es ward ihm zu diesem Behufe auf diesseitigem Gebiete eine servitus publica constituirt. Für den Bau der Strecke HannoverMinden traten Kurhessen und Schaumburg-Lippe durch den Vertrag vom 4. December 1845/2. Februar 1846 als Betheiligte hinzu. 2) Durch den mit dem Königreiche Sachsen am 24. Juli 30. September 1843 geschlossenen Vertrag wurde der Bau der Breslau-Dresdener Bahn im Anschlusse an die LeipzigDresdener und in Verbindung mit der Niederschlesisch - Märkischen gesichert. 3) Als Verbindungsbahn zwischen der Leipzig-Halle-Cöthen-Magdeburgischen und der Cöln - Mindener Bahn wurde mit Kurhessen, S. Weimar und Sachsen-Coburg-Gotha die Halle-Casseler Linie durch den Vertrag vom 20. December 1841/24. Januar 1842 verabredet. Ein besonderer Vertrag mit den legtgenannten beiden Staaten betrifft den Bau der Strecke von Halle bis zur kurhessichen Grenze (Gerstungen) '). 4) Die beiden Verträge vom

8. November 1841/18. Februar 1842 mit Dänemark, Mecklenburg-Schwerin, Hamburg und Lübeck ordnen die Herstellung der Berlin-Hamburger Bahn und ihr Verhältniß zur Hamburg-Bergedorfer. 5) Zur directen Verbindung zwischen Berlin und Dresden unter Vermeidung des Umwegs über Halle und Leipzig ist die Verbindungs-Bahn zwischen Jüterbog (Berlin-Anhalt) und Röderau (Leipzig-Dresden) bestimmt; ihre Ausführung wurde durch den Vertrag mit Sachsen vom 6. März/7. Mai 1848 stipulirt. 6) Durch den Staatsvertrag mit Baiern vom 30. März/12. Juni 1850 hat sich die preußische Regierung verpflichtet, im Anschlusse an die pfälzische Ludwigsbahn von der bairischen Grenze nach der französischen zu eine Eisenbahn auf Staatskosten zu bauen 2).

Eisenbahnverbindung mit Belgien und Frankreich.

Die Verbindung der preußischen Eisenbahnen mit den Linien angren- 89 zender nichtdeutscher Staaten, namentlich Belgiens und Frankreichs, hat zunächst um die Eingangszölle zu sichern ohne den Verkehr zu stören, besondere Verabredungen veranlaßt, deren Resultate das Reglement über den internationalen Eisenbahndienst zwischen Preußen, Frankreich und Belgien d. d. Brüssel, den 8. October 1848 enthält.

7. Telegraphen.

Durch die Eisenbahnen ist die Anwendung eines andern Communications- 90 mittels wesentlich befördert worden, das für Mittheilungen den Unterschied der Entfernung auf ein Minimum reducirt, wir meinen den electro-magnetischen Telegraphen. Binnen wenig Jahren hat sich ein interessantes physikalisches Erperiment zu einer hochwichtigen Anstalt für den Verkehr ausge

1) Die betreffenden Regierungen betheiligten sich an dem Unternehmen selbst mit zwei Millionen Thaler.

2) Der Art. 10. des Vertrags mit den Niederlanden enthält das gegenseitige Versprechen über die Beförderung einer dereinstigen die Grenze überschreitenden Eisenbahn.

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